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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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nicht. Wenn er es in seine eigene Hand nahm, war er nicht besser als diejenigen, die gestern in den Straßen Londons gewütet hatten. Mit erbittertem Schwung setzte er seine Unterschrift unter eine Urkunde.
    »Da«, sagte er und reichte sie dem Schreiber, der darauf gewartet hatte. »Das ist die letzte Erlaubnis für einen der Zwangsgetauften, in den Schoß seines Glaubens zurückzukehren. Es werden ihm dadurch keine Nachteile entstehen.« Der König blickte auf, als Guilhelm de Longchamp mit sorgenvoller Miene hereintrat. »Bischof Baldwin bittet um Audienz, Euer Gnaden«, sagte der Kanzler.
    »Wer?«
    »Baldwin von Exeter, Euer Gnaden. Der Erzbischof von Canterbury.«
    »Soll reinkommen.«
    »Erwartet kein freundliches Gespräch, Euer Gnaden.«
    Richard runzelte die Stirn.
    Baldwin trat so ungestüm herein, dass die Mitra auf seinem Kopf wackelte. Er war ein kleiner, fülliger Mann mit dicken Lippen, die ihm ein missgünstiges Aussehen verliehen. Der Bischof verbeugte sich so kurz, dass man hätte meinen können, er wäre nur gestolpert.
    »Das kann nicht Euer Ernst sein, Euer Gnaden!«, keuchte er.
    Richard, von der Warnung seines Kanzlers beunruhigt, sagte schärfer als beabsichtigt: »Alles, was ich tue, tue ich im Ernst, ehrwürdiger Vater!«
    »Ihr habt die Taufe der Juden, die gestern die Wahrheit des christlichen Glaubens für sich entdeckt haben, wieder rückgängig gemacht!«
    Ich möchte wissen, woher die kleine Eiterpustel das weiß , dachte Richard. Ich habe doch die letzte Urkunde eben erst unterzeichnet. Er nahm sich vor, alle Schreiber aus der Regierungszeit seines Vaters gegen eigene Leute auszutauschen.
    Laut sagte er: »Sprechen wir von den Juden, die geschlagen und getreten vor ihren Häusern lagen und die christliche Wahrheit für sich entdeckten, weil ihre Wohltäter damit drohten, ihre Frauen, Söhne und Töchter vor ihren Augen lebendig zu verbrennen?«
    »Getauft ist getauft«, sagte der Bischof unbeeindruckt.
    »Nein«, sagte Richard und wunderte sich selbst, dass er nicht brüllte. »Freigesprochen ist freigesprochen. Und zwar von mir, dem König von England. Ist das klar, Bischof Baldwin? Von mir, dem König von England!« Er stellte fest, dass er nun doch gebrüllt hatte.
    Guilhelm de Longchamp räusperte sich.
    »Und die Männer, die Eure Soldaten gestern gefangen haben?«
    »Werden noch heute Abend hängen!«, sagte Richard mit Nachdruck.
    »Sie haben das Werk des Herrn getan, Euer Gnaden!«
    »Ich wäre zu gern dabei, wenn Ihr diese Worte einst vor dem Herrn wiederholt.«
    Der Bischof zitterte vor Wut, während er nach Worten rang. Richard spürte den Druck von Guilhelm de Longchamps Hand, der wie zufällig neben seinen Stuhl getreten war. Langsam beruhigte er sich.
    »Wenn Ihr ein gutes Werk tun wollt, ehrwürdiger Vater, dann besucht die Juden, die meine Männer vor den frommen Christen retten konnten, im Hospiz. Es sind Kinder dabei, ehrwürdiger Vater.«
    »Wenn der König nicht der Diener Gottes ist«, stieß der Bischof mühsam hervor, »dann ist er der Diener des Teufels.«
    »Das wäre dann alles, ehrwürdiger Vater«, sagte Richard kühl.
    Der Bischof stapfte hinaus.
    »Her mit den Todesurteilen!«, sagte Richard heiser. »Wenn ich sie nicht sofort unterzeichne, erschlage ich Bischof Baldwin mit einem Gänsekiel.«
    Der Schreiber legte ihm die Papiere vor. Richard starrte nachdenklich darauf. »Es ist meine Schuld«, sagte er. »Ich hätte mich dem Druck nicht beugen und stattdessen die Juden in die Halle bitten sollen. Dann hätten alle gesehen, dass sie unter meinem Schutz stehen. Aber so …«
    »Ihr habt getan, was Ihr tun musstet.«
    »Aber nicht das, was richtig gewesen wäre. Ich hatte die Krone noch keine Stunde auf dem Kopf und habe schon einen Fehler gemacht, der so viele Menschen das Leben gekostet hat!«
    »Wenn Könige keine Fehler machen würden, wären sie keine Menschen«, sagte der Kanzler. »Ihr werdet noch viele Fehler machen, und es werden noch viele Menschen sterben, weil Ihr Befehle gebt oder nicht gebt. Niemand hat behauptet, es sei einfach zu herrschen.«
    »Ich beginne zu bedauern, dass ich meinem Vater nicht öfter zugehört habe, anstatt ihn zu bekämpfen.«
    »Ja, das hat er auch stets bedauert, Euer Gnaden.«
    Richard sah zu dem älteren Mann auf. Guilhelm zuckte mit den Schultern und lächelte. Richard fasste nach der Hand auf seiner Schulter und drückte sie. »Ich bin froh, dass ich Euch habe, Guilhelm.«
    »Das wird sich ändern, wenn ich

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