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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Sommer sich alle Mühe gab, eine glänzende Abschiedsvorstellung zu geben.
    Und Johnny Greenleaf, der sich mit ebenso viel Ungestüm wie falschen Hoffnungen aufgemacht hatte, um ihr zu helfen … Johnny saß immer noch als Gefangener im Turm. Ediths Bitten, ihn freizulassen, hatte niemand erhört. Victor d’Aspel hatte sogar ungläubig gelacht, als sie sich überwunden und ihn gebeten hatte, ein Wort für den Jungen einzulegen. Ob Johnny gehängt wurde oder im Gefängnis verrottete oder ob man ihm zum Verhungern an den Turm hängte, war Victor einerlei. Für ihn gehörte Johnny Greenleaf nur im weitesten Sinne zur menschlichen Spezies; seine Pferde oder seine Falken oder seine Jagdhunde bedeuteten ihm mehr als das Leben eines Gesetzlosen.
    Der Grund für Victors monströs schlechte Laune war dieser: Königin Aliénor hatte im letzten Augenblick vor der Abreise zurück nach Kyme gefragt, ob ihre Verwandte Diane de Rochefoucauld ihr nicht noch ein paar Wochen Gesellschaft leisten wollte, bevor die Königin nach Frankreich zurückreiste. Am Ende der Bitte einer Königin stand in der Regel kein Frage-, sondern ein Ausrufezeichen; und so hatte sich Victor wutschnaubend allein auf den Weg gemacht, seine »Gefangenen« im Schlepptau. Dass er Diane tatsächlich vermisste und gehofft hatte, auf Kyme wieder mit ihr zusammen zu sein, hätte ihn beinahe sympathisch machen können – wären da nicht sein ruppiges Benehmen und sein offener Hass gegenüber Edith und Robert gewesen.
    Victors Verärgerung erreichte an einem Morgen seinen Höhepunkt, an dem der Himmel schon kurz nach der Dämmerung so blau war wie ein Bergsee und man wusste, dass man vermutlich einen der schönsten Tage des Jahres vor sich hatte. Als er die Handvoll Waffenknechte, die ihre Reisegruppe begleiteten, aus ihrem Zelt scheuchte, stellte er fest, dass diese die Nacht nicht allein verbracht hatten. Eines der Schankmädchen aus der Straßenherberge, in der sie am Vortag haltgemacht hatten, hatte sich offenbar in einen der Soldaten verguckt und war ihm gefolgt. Edith erkannte, dass Victors Wut weniger dem Umstand zuzusprechen war, dass die Soldaten ungefragt eine fremde Person ins Lager gelassen und damit die Sicherheit der Gruppe kompromittiert hatten. Es war viel einfacher: Victor raste vor Eifersucht, weil er eine weitere Nacht allein in seinem Zelt hatte verbringen müssen. Es folgten Ohrfeigen für den Sergeanten der Waffenknechte, ein brutaler Hieb in den Bauch des Soldaten, der die Zuneigung des Schankmädchens errungen hatte, und Fußtritte und Schläge mit der Reitgerte für das Mädchen, das kreischend und mit halb zugeknöpftem Kleid die Straße hinunter floh. Danach stieg Victor auf sein Pferd, befahl seinem Knappen barsch, die Gruppe aufbruchfertig zu machen, und sprengte davon. Seine Wut musste offenbar mit einem scharfen Ritt bekämpft werden, damit er seine Beherrschung wiederfand.
    Sie waren schon eine Weile unterwegs, als Victor endlich zurückkehrte. Edith kannte die Straße, auf der sie sich bewegten, obwohl sie sie auf dem Hinweg nach London nicht benutzt hatten. Sie war der Umweg um den Barnsdale Forest herum und führte durch die schütteren Ausläufer des Waldes, beschattet von Birken, Hainbuchen und Erlen. Ein nicht allzu breiter Fluss, den die Straße in einer flachen Furt kreuzte, war womöglich der Pickburn. Victor näherte sich langsam und mit hängendem Kopf. Hatte er die Wut aus sich herausgeschwitzt? Dann war er auf Rufweite heran und zügelte sein Pferd. Edith sah voller Unglauben, dass jemand hinter ihm auf dem Pferd saß – jemand, der ein langes Messer trug und es Victor, ohne zu zittern, an die Kehle hielt. Der Knappe starrte mit offenem Mund; der Sergeant brummte einen Fluch und griff nach seinem Haumesser.
    »Keiner rührt sich«, quiekte Victor und musste sich räuspern, damit er mit normaler Stimme wiederholen konnte: »Keiner rührt sich, sonst schneidet mir der Mistkerl die Gurgel durch.«
    »Sonst schneid ich ihm die Gurgel durch«, bestätigte eine helle Stimme. Die Gestalt auf Victors Pferd bewegte sich und entpuppte sich als schmal gebauter Halbwüchsiger, der sich hinter dem athletischen Victor ohne Weiteres verstecken konnte. »Werft die Waffen weg!«
    »Tut, was er sagt!«, rief Victor.
    Edith fing Roberts Blick auf. Robert stotterte vor Aufregung. »Das ist doch einer von … das ist doch einer von den Leuten von …«
    »… John Miller«, sagte die raue Stimme des Gesetzlosen. Er stand plötzlich

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