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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Gefolge reichte!
    »Gott zunächst, danach mir seid willkommen«, sagte John Millers Frau und reichte den beiden die Becher.
    Victor tat nicht einmal so, als würde er trinken. Diane erwiderte den Blick von Johns Frau über den Becherrand hinweg. Zu seinem Erstaunen sah John, dass Diane eine Träne über die Wange lief.
    »Wo sind meine Kinder, Müllerin?«, flüsterte sie.
    »Sie sind fort«, blaffte John. »Wir haben den Wald verlassen, weil wir begnadigt wurden. Wir haben die beiden nicht mitgenommen.«
    »Ihr habt sie einfach zurückgelassen?«
    »Da haben wir was gemeinsam, Mylady, nicht wahr?«
    Victor schnaubte und griff nach seinem Schwert. Diane schüttelte heftig den Kopf.
    »Sie sind nicht bei uns, und ich weiß nicht, wo sie sind«, knurrte John. »Wir haben sie laufen lassen, das ist alles. Ihr wisst selbst am besten, warum sie nicht in ihr Elternhaus zurückgekehrt sind.«
    Diane starrte Johns Frau an. »Hast du Kinder, Müllerin?«
    »Das geht Euch nichts an, Mylady!«, schnappte John.
    Victor zerrte sein Schwert halb heraus. »Nicht so vorlaut, Angelsachse, sonst …«
    »Was sonst, Normanne-der-ihr-so-gerne-ein-Lord-wärt?« John winkte verächtlich ab. »Ich bin ein freier Mann. Wenn Ihr mich erschlagt, ist es Mord, und Ihr werdet dafür baumeln. Wenn Ihr uns beide erschlagt, damit es keine Zeugen gibt, werdet Ihr auch baumeln. Weil jeder Vogel hier in der Gegend weiß, dass Ihr hier bei John Miller wart. Ihr seid so auffällig mit Euren teuren Gewändern und Eurer Dienerschaft, dass selbst die blinden Bettler von Euch wissen.«
    Victor ließ das Schwert in die Scheide gleiten. »Schade, dass wir uns nicht im Wald begegnet sind.«
    »Wirklich schade«, bekräftigte John Miller. »Denn dann wärt Ihr schon längst an einen Baum gefesselt mit nichts am Leib außer Eurer Unterhose und die Ameisen würden Eure nackten Beine hinaufkrabbeln.«
    Victors ebenmäßiges Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er schwieg.
    »Ich habe einen Sohn, Mylady«, sagte Johns Frau.
    »Wenn er von Gesetzlosen entführt worden und dann verschwunden wäre, würdet Ihr Euch nicht auch sorgen?«
    »Ich würde es gar nicht so weit kommen lassen, dass er allein unterwegs wäre und von Gesetzlosen entführt würde, Mylady.«
    Diane presste die Lippen zusammen.
    »Komm, Liebste!«, sagte Victor rau. »Sie werden uns nichts sagen. Du kennst diese Menschen doch – du warst lang genug mit einem von ihnen verheiratet.«
    »Meine Kinder, John Miller«, wisperte Diane. »Was habt Ihr mit ihnen gemacht?«
    Dianes Hartnäckigkeit nötigte John widerwillige Bewunderung ab. Die Sorge dieser Frau schien trotz allem ehrlich. John hatte aus den Worten von Edith und Robert und später durch König Richard von Dianes Zukunftsplänen erfahren. Vielleicht bereute sie inzwischen, was sie ihnen hatte antun wollen. Aber wer sich gottlos verhielt, musste die Rechnung dafür zahlen, und Dianes Zahltag war heute. Dennoch fiel es ihm schwer, sich abzuwenden.
    »Sie waren in unserer Obhut, ich habe sie wohlbehalten daraus entlassen und mehr weiß ich nicht. Geht mit Gott, Mylady!«
    Er sah zu, wie sich die Pferde den steilen Abhang hinaufmühten. Seine Frau trat zu ihm, zog ihm die Hand unter der Achsel hervor und betrachtete seine Verletzung.
    »Meine Güte!«, sagte sie. »Selbst ein Esel ist nicht dämlich genug, sich selbst so hart zu treten.«
    John zuckte mit den Schultern. »Es wäre Johnnys Aufgabe, das Mühlrad in Gang zu bringen. Dieser verfluchte Faulpelz! Lässt uns hier mit der Arbeit allein!«
    Seine Frau schwieg. John fiel wieder die Träne auf Dianes Wange ein und plötzlich hatte er einen Kloß im Hals, denn er musste an seinen eigenen Sohn denken. »Dieser verfluchte Faulpelz!«, flüsterte er, aber diesmal klangen seine Worte liebevoll.

2
    V ictor ritt mit Unbehagen neben Diane her. Irgendwie musste er etwas nicht mitbekommen haben. Den einen Tag war Diane noch voller Pläne gewesen und hatte einem aus Nottingham herbeigeholten Baumeister erklärt, welche Umbauten an der Burg sie wünsche – den anderen Tag war sie auf einmal still und melancholisch. Nach einer Woche düsteren Grübelns hatte sie Victor im Bett wachgerüttelt und ihm erklärt, dass sie die Kinder aus der Gewalt der Gesetzlosen befreien wolle.
    »Jetzt gleich?«, hatte Victor gestöhnt, noch nicht ganz Herr seiner Sinne.
    »Nein, morgen Früh, du Idiot!«, hatte Diane hervorgestoßen und war aus dem Bett geklettert. Victor war wie vor den Kopf geschlagen gewesen. Diane

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