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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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entkommen? Hatte ich ihm eine Fluchtmöglichkeit gelassen oder ihn versehentlich lebendig begraben? Schließlich war der Burgverwalter davon überzeugt, dass ich mir außer einem Sonnenbrand nichts geholt hatte, und steckte mich wieder ins Verlies.«
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Robert verstand. »Wollt Ihr damit sagen, dass Papa …« Sein Herz begann so wild zu schlagen, dass er den Satz nicht beenden konnte.
    »… die Flucht gelungen ist, genau«, sagte Attayak Ali. »Alhamdulillah!«
    Robert versuchte vergeblich, die Tränen zurückzuhalten. Er wollte zugleich schluchzen und jubeln. Lord Wilfrid war am Leben! Alles, was er und Edith getan hatten, war richtig gewesen! Und sein Vater war sogar aus dem Verlies entkommen, mit einem Trick, der ebenso viel Kaltblütigkeit wie Geduld erforderte – und einen Helfer, der genauso kaltblütig und zäh war. »Aber … aber warum seid Ihr nicht …«
    »Oh, es hatte gute Gründe, dass ich im Kerker blieb.« Attayak Ali klopfte auf den gemauerten Zisternenrand. »Es hat hiermit zu tun. Außerdem hat mir Euer Vater sein Versprechen gegeben, dass er mich befreien würde, sobald sich die erste Gelegenheit bot. Wir ahnten beide, dass Sultan Saladin die Burg angreifen würde. Das Chaos des ersten Angriffs würde die beste Gelegenheit darstellen!« Der Alte strahlte und deutete mit dem Daumen über die Schultern. Schon seit einiger Zeit hatte Robert den anschwellenden Lärm von außerhalb der Burg wahrgenommen. Es hörte sich an, als schrien zehntausend Kehlen Verwünschungen zur Festung herauf. Die Antworten waren vereinzelt und kläglich. Dumpf pochten die Kriegstrommeln, immer wieder unterbrochen durch das Schmettern von Hörnern.
    Attayak Ali zwinkerte Robert zu. »Es sieht ganz so aus, als brauchten wir nicht mehr lange auf unsere Gelegenheit zu warten.«
    »Aber wie soll mein Vater ganz allein …«
    »Ganz allein? Ya allah! Er ist nicht allein! Ich habe ihm gezeigt, wie er zu meinem Volk findet. Dort erwarten ihn mehr Kämpfer, als er braucht.«
    »Euer … Volk!?«
    »Ah, Robert de Kyme, ich bin ein unhöflicher Mann, ich habe mich Euch noch gar nicht richtig vorgestellt.« Der Alte warf sich in die Brust. »Ich bin Attayak Ali Aouda, sheik der Arab vom Wadi Rum.« Er zuckte mit den Schultern. »In Eurer Sprache würde man mich wohl ›König‹ nennen. Ihr könnt den Mund wieder zumachen, Robert de Kyme, der Wind weht Sand hinein.«
    Robert blinzelte fassungslos. Attayak Ali grinste wie ein Junge, dem ein ganz besonderer Streich gelungen ist. »Und deshalb werden wir demnächst von hier verschwinden und Humphrey de Toron kann sich und sein Räubernest ganz allein gegen Sultan Saladins Heer verteidigen.«
    Robert posaunte seinen ersten Gedanken heraus. »Aber Ihr habt Humphrey die Treue geschworen. Und ich auch!«
    »Kann mich nicht erinnern, dass wir das getan hätten«, sagte Attayak Ali selbstzufrieden. »Die anderen haben ihm die Treue geschworen. Ich habe ihm nur die Hand gegeben. Das ist kein Treueschwur, sondern ein Versprechen unter Gleichrangigen. Humphrey weiß genau, wer ich bin – sonst würde er ja nicht so viel Wert darauf legen, mich als Gefangenen zu behalten.«
    »Aber ein Versprechen …«
    Attayak Ali lachte. »Dass Ihr es nicht wisst, ist verzeihlich, Robert de Kyme. Humphrey aber ist hier geboren und aufgewachsen, deshalb geschieht ihm doppelt Recht. Robert, Sohn meines Freundes Wilfrid und Gefährte auf meiner baldigen Flucht: Al-Arab kennen nur drei Schwüre: das Glaubensbekenntnis gegenüber Allah und seinem Propheten, den Treueeid gegenüber dem sheik und den Freundschaftsschwur gegenüber einem Bruder. Humphrey ist weder mein sheik noch mein Bruder, und dass er keinesfalls göttlich ist, daran besteht wohl kaum ein Zweifel.«
    »Das heißt, im Rahmen dessen könnt Ihr lügen, so viel Ihr wollt?«
    » Al-Arab zu sein, heißt, dem Paradies so nahe zu sein wie kein anderer lebender Mensch.« Attayak Ali grinste von einem Ohr bis zum anderen.
    »Und alle, die mit Euch Geschäfte machen, wissen das?«
    »Natürlich nicht, sonst würden sie ja keine mit uns machen.«

22
    K ein anderer hätte das zuwege gebracht als mein Vater, der sheik und der mir! «, sagte Said voller Stolz. »Gott ist groß, aber es braucht auch große Männer, um die Schuhe von Helden auszufüllen.«
    Wilfrid wand sich vor Verlegenheit. Johnny hingegen verstand plötzlich.
    »Ihr wollt nicht auf die Suche nach Edith und Robert gehen, weil genau jetzt Gelegenheit ist,

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