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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Stimme überschlug sich. »Wer von euch versteht meine Sprache? Bringt mich zu Sultan Saladin! Ich habe die wertvollste Geisel für ihn, die er sich vorstellen kann.«
    Der Sergeant beriet sich mit den oberhalb der Böschung wartenden Männern, dann trieb auch er sein Pferd herunter. Anders als seine Soldaten stieg er ab und trat zu Sire Guy und Edith. Richard blieb ein paar Schritte abseits, den Kopf gesenkt, das Gesicht ausdruckslos; nur ein paar kurze Seitenblicke verrieten, wie gern er Edith im Handstreich befreit und dann mit Guy de Gisbourne abgerechnet hätte.
    Das Gesicht des Sergeanten war dunkel und schmal und wurde von einem gestutzten Bart umrahmt. Man konnte sehen, dass er ein erfahrener Kämpfer war – sein Helm, sein Panzerhemd, die metallenen Armspangen glänzten, aber sie waren abgetragen und vielfach gebraucht. Der Schwertgriff, der aus der Scheide ragte, war einfach und das Leder dunkel von Abnutzung. Nichts an ihm war neu oder kostbar. Er war ein Soldat durch und durch. Hundert von seinem Schlag hätten gewiss ein ganzes Königreich erobern können.
    »Sprichst du auch eine kultivierte Sprache?«, fragte der Sarazene zu Ediths Überraschung auf Latein. Die Klinge an Ediths Hals ignorierte er, als wollte er sagen: Einen Schwächling, der eine Frau bedroht, verachte ich.
    »Was hat er gesagt?«, zischte Guy. Edith spürte, wie ein Schweißtropfen Sire Guys über ihre Wange lief.
    Richard öffnete den Mund, aber Edith kam ihm zuvor. »Ich kann übersetzen«, antwortete sie, ebenfalls auf Latein.
    »Was hat das hier zu bedeuten?«, fragte der Sergeant.
    Edith zögerte. Sire Guy verstand kein Latein. Sie konnte also alles sagen, was sie wollte. Sie konnte Richards Namen verschweigen. Aber welchen Wert hätten sie drei dann für die Soldaten? Sie wären namenlose Christen, mutmaßlich Deserteure aus Kerak, vielleicht Flüchtlinge, vielleicht Lügner … im Zweifelsfall wäre es am besten, sie zu töten. Ihr Überleben hing davon ab, dass die Männer glaubten, das Geschick habe ihnen den König von England in die Hände gespielt – jenen Mann, der den bevorstehenden Kreuzzug betrieb und sie bedrohte wie kein anderer. Doch Edith brachte es nicht über sich, Richard auszuliefern.
    Richard erlöste sie aus diesem Zwiespalt. »Ich bin König Richard von England«, sagte er in makellosem Latein. »Überzeugt Euch selbst – es sind meine Waffen, die die junge Frau dort trägt.« Und Sir Guy befahl er auf Normannisch: »Lasst sie los, Guy, Ihr habt mich doch den Sarazenen in die Hände gespielt. Ihr braucht Euch nicht länger hinter dem Rock eines jungen Mädchens zu verstecken, das mehr Mut hat als zehn von Eurer Sorte.«
    Guy knurrte, aber er gab Edith frei. Sie stolperte nach vorn. Richard sah sie an und versuchte ein halbes Lächeln und ein halbes Schulterzucken. Edith hatte trotz der Hitze kalte Hände und Füße. Als Guy sie losgelassen hatte, wäre sie beinahe auf die Knie gesunken.
    Der Sergeant hielt einen Moment inne und nahm dann Edith Schwert und Schild ab. Er entfernte die Lederhaut und betrachtete die goldenen Löwen auf dem Schild. Die Schwertklinge hielt er in die Sonne und studierte die Inschrift. Er legte beides auf den Boden.
    Schließlich trat er dicht vor Richard hin und musterte ihn ausgiebig. »Der König von England«, sagte er zuletzt, »heißt Henri Plantagenet und ist ein alter, dicker Mann, den das Glück verlassen hat.«
    »Das hättest du meinen Vater besser mal nicht hören lassen, mein Freund«, erwiderte Richard. »König Henri ist seit dem Sommer tot. Es lebe der neue König! Und das bin ich.«
    Der Sarazene legte den Kopf schief. »Gib mir einen Beweis!«, sagte er. »Ich sehe nur einen Mann ohne Waffen, den ein anderer Mann mithilfe eines Weiberrocks in Schach hält. Und einen Schild und ein Schwert, die jeder herstellen könnte.«
    »Welchen Vorteil hätte ich davon, mich als König auszugeben?«
    »Sagen wir es so: Wärest du nicht der König, welchen Wert hätte dein Leben für uns?«
    »Bring mich zu deinem Herrn, zu Sultan Saladin! Ihm werde ich den Beweis liefern.«
    »Zum Teufel!«, schnappte Guy. »Was soll das Gerede? Ich verlange, dass diese Heiden uns zum Sultan bringen!«
    »Das hat der König auch gerade angeregt«, sagte Edith über die Schulter. »Wenn Ihr Latein statt Peitschenschwingen gelernt hättet, dann könntet Ihr jetzt der Unterhaltung folgen.«
    »Wenn Ihr gelernt hättet, wie sich ein Mädchen benimmt, stündet Ihr nicht hier in der Wüste

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