Loewenstern
nicht röter werden können, und die Augen drohten, aus den Höhlen zu springen. – Pardon, Herrschaften! Aber Löwenstern lebt in Rasik, so wahr ich hier stehe! Wir haben Löwensterns vor drei Wochen besucht! Haben wir sie besucht oder nicht, Notburga?
Ich sagte gleich: wir bleiben aber nicht lange! entgegnete sie. – Wie er aussah! Sitzt nur noch am Schreibtisch, kommt Tag und Nacht nicht aus dem Zimmer! Was sagte Minchen? Das sei gar nicht mehr ihr Hermann!
Was weiß denn Minchen? schnaubte Üxküll, aber er
existiert!
das ist der Punkt, und es gibt ihn nur
ein
Mal!
Er drohte zu bersten. Seine Frau begütigte mit angestrengtem Lächeln: Ach, Bernd, das weiß man doch gar nicht mehr so genau. Heute ist
alles
möglich.
In der Tat, sagte Schiferli, Spaltungsirresein kommt vor. Im Kanton Schwyz gibt es ein Dorf, wo es endemisch ist. Tritt immer mit Inzucht zusammen auf. Bruder mit Schwester, Kusin mit Kusine ersten Grades, Onkel mit Nichte und so weiter. – Und an Chamisso gewandt, fuhr er fort: War das nun der berühmte animalische Magnetismus?
Ist er berühmt? antwortete Chamisso.
Hokuspokus, knarrte Schiferli. – Wo haben Sie Medizin studiert?
Ich studiere Freundschaft, sagte Chamisso. – Aber unter meinen Freunden gibt es auch Ärzte, Koreff zum Beispiel.
Ein Scharlatan, entschied Schiferli. – Ich werfe keinem Juden vor, daß er mir etwas vormachen will. Ich nehme mich selbst bei der Nase, wenn ich auf ihn hereinfalle.
Unser Freund Chamisso, sagte Otto von Kotzebue, der unbemerktwieder eingetreten war, ist nun einmal ein Forscher von Gottes Gnaden. Er sammelt
alles
. Was haben wir unter seiner Passion zu leiden gehabt! Die
Rurik
ist nicht nur ein Kriegsschiff, sie ist ein
kleines
Kriegsschiff, habe ich ihm gleich anfangs gesagt,
nicht
für Passagiere eingerichtet, schon gar nicht solche, die an jeder Küste die ganze Flora abräumen, am liebsten die Fauna noch dazu. War die
Rurik
ein Museum? Sie hatte einen Auftrag!
Juliane von Krusenstern repostierte wie ein Mann: Chamisso hat
Naturgeschichte geschrieben
, Otto, ganze neue Pflanzenfamilien sind nach ihm benannt! Was hättest du Seiner Majestät präsentieren können, wenn Chamisso nicht an Orten gesammelt hätte, wo noch keiner gewesen ist? Das
bleibt!
Ein Astronom sammelt Sterne, ein Seemann Inseln, fuhr ihr Gatte, der Admiral, lächelnd fort, und endlich hat Freund Kotzebue einmal eine Insel nach mir benannt, auf der man sich nicht gleich totfriert! Ein Atoll! Palmen, rosa Strände! Ein traumhaftes Altenteil. Nur ein wenig weit weg.
Ich hätte gern einen
Ozean
nach Ihnen benannt,
oncle
, lächelte Kotzebue grimmig, ohne Sie hätte ich nie erfahren, was Seefahrt heißt.
Für die Frau bedeutet sie Sorge, Einsamkeit und Entbehrung, meldete sich Juliane von Krusenstern abermals. – Das wollen wir nicht vergessen.
Man lernt sie nicht aus, sagte ihr Gatte, aber sie ist ein Rüttelsieb sondergleichen. Die Spreu fällt durch.
Spreu
fliegt weg
, sagte von Üxküll, man hört, daß Sie kein
Land
mann sind, Weltumsegler.
Herr von Keyserling räusperte sich und sagte: Was wir gesehen haben, war
kein
korrekter Selbstmord.
Mußt du davon reden, Fritz? fragte seine Frau.
Ich habe die Praktiken der Japanesen studiert, fuhr er fort. – Was die Frau getan hat, war typisch männlich. So tötet sich keine Japanesin. Die wickelt einen Dolch in ein Seidentuch und stößt ihn sich von vorn durch die Kehle –
Daß du schweigst, du Greuel! Fritz! schrie seine Gattin.
Darum war das hier gar keine Frau, sprach ihr Gatte unerbittlich zu Ende.
Auf den ersten Blick glaubte ich, sie sei schwanger, meldete sich Schiferli zurück. – Sie probiere den Kaiserschnitt. Aber den sollte man dem Arzt überlassen. Es gibt nicht viele, die sich trauen.
Wie ich Sie kenne, gehören Sie dazu, sagte Kotzebue.
Mit dem Messer kommt man meist zu spät, sagte der Arzt. – Und der Blutverlust ist prohibitiv. Das heißt, man opfert die Mutter. Die von Cäsar soll den Schnitt überlebt haben. Würde mich wundern, mit der Technik der Antike. Sicherlich eine Legende.
Gut, daß Kitty Sie nicht hört, sagte Juliane von Krusenstern, das hätte jetzt noch gefehlt.
Doch in diesem Augenblick trat sie ein, am Arm des Zaren, und beide wirkten überaus angeregt. Er geleitete sie zum Sofa und nahm selbst darauf Platz; der Thron war wieder besetzt.
Ein Spaziergang durch Ihren Rosenhag, Otto, wandte sich Zar an den Gastgeber, wie das verjüngt! Einmal in dieses Paradies der Düfte getaucht
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