Loewinnenherz
morgen, bis in alle Ewigkeit. Er zwingt mich immer wieder dazu, mit ihm zu schlafen. Und wenn ich mich wehre, verprügelt er mich. Er hat eine perfide Art, mich zu schlagen, an Stellen, die besonders wehtun, und wo |77| man es hinterher am wenigsten sehen kann. Am Hinterkopf zum Beispiel. Und keiner in meiner Familie bekommt etwas mit. „Wenn du etwas erzählst, dann sage ich, dass du es wolltest.“ Wenn er in mein Zimmer kommt, wende ich den Kopf ab und halte meinen Körper hin. In Gedanken bin ich weit weg.
Während all dieser Zeit gehe ich zur Arbeit, als wäre nichts geschehen. Als ich Udo das letzte Mal sehe, ist er betrunken.
„Du wirst unglücklich werden, Şengül“, sagt er finster zu mir. Er hat keine Ahnung, wie unglücklich ich bereits bin.
Hochzeit auf Türkisch
Gegen Anfang August, es sind nur noch zwei Wochen bis zu unserer Reise in die Türkei, bleiben meine Tage aus. Ein entsetzlicher Gedanke durchfährt mich: Was, wenn ich schwanger bin? Das darf nicht sein. Was würden meine Eltern sagen, wenn sie das erfahren würden? Auf gar keinen Fall darf es bekannt werden.
Gleichzeitig stellen sich wieder meine alten Beschwerden ein: Rasende Schmerzen in der Blase und in der Niere. Blut im Urin. Hohes Fieber. Als es mir so richtig schlecht geht, lege ich mich in das Schlafzimmer meiner Schwägerin. Ich will nicht in meinem eigenen Zimmer bleiben, zu groß ist die Angst, Refik könnte mich in der Nacht wieder misshandeln. Ich wünsche mir die liebevolle Zuwendung meiner Schwägerin Gülay, eine junge Frau wie ich, die Einzige in diesem Haushalt, der ich vertraue. Aber auch ihr erzähle ich nichts von dem, was mich so quält. Zu groß ist meine Angst, meine Eltern könnten alles erfahren.
Als mein Fieber auf vierzig Grad steigt, rufen meine Eltern den Notarzt. Es ist eine Ärztin, und in Gegenwart meiner Mutter, meiner Schwägerin und Refiks fragt sie mich nach meinen Beschwerden. Ich beschreibe meine Symptome. Mein Ehemann gibt mir einmal mehr mit seinem starren Blick zu verstehen, dass ich ja nicht verraten darf, was er mit mir tut. Ich habe solche Angst vor ihm.
|78| Die Ärztin hört mir aufmerksam zu. Und dann stellte sie eine Frage, die mich vollkommen schockiert: „Sind Sie schwanger?“ Ich erstarre vor Schreck. Alle sehen mich an. Was soll ich sagen? Dass meine Tage ausgeblieben sind? Gleichzeitig überkommt mich ein solches Grauen bei dem Gedanken, ich könnte von ihm schwanger sein, dass mir schlecht wird.
Der Ärztin bleibt meine Verwirrung nicht verborgen. Sie bittet alle anderen, den Raum zu verlassen. Als wir allein sind, kann ich der Ärztin die Wahrheit offenbaren. Dass meine Tage ausgeblieben sind, und dass ich nicht weiß, ob ich schwanger bin, aber meine Eltern auf keinen Fall etwas erfahren dürften.
„Wie dem auch sei“, sagt die Ärztin, „Sie haben viel zu hohes Fieber und müssen sofort ins Krankenhaus. Sollten sie tatsächlich schwanger sein, dann kann das sehr gefährlich für Sie und das Kind werden.“
Im Krankenhaus werde ich mit Infusionen, Antibiotika und Schmerzmitteln behandelt. Das ist nichts Neues für mich, ich kenne all das seit meiner Kindheit. Es werden verschiedene Untersuchungen gemacht. Am schlimmsten sind immer die Katheder, die mir noch zusätzlich Schmerzen verursachen. Am zweiten Tag meines Aufenthalts im Krankenhaus erfahre ich das Unausweichliche: Ich bin tatsächlich schwanger. Augenblicklich breche ich in Tränen aus.
„Ich will kein Kind!“, schreie ich hysterisch, „und diese Schmerzen kann ich nicht mehr ertragen.“
Der Arzt, der mir die Nachricht eröffnet, weiß nicht so recht, was er tun soll. Er hört sich meine unzusammenhängenden, gestammelten Sätze an und begreift schließlich, dass meine Familie von der Schwangerschaft nichts erfahren soll. Dass ich das Kind nicht möchte, ist offensichtlich. Und so spricht er besonnen und beruhigend auf mich ein.
„Sie sollten zur Schwangerschaftsberatung gehen“, sagt er.
Ich bin so überrascht, dass ich augenblicklich verstumme und meine Tränen für einen Augenblick versiegen. Was ist eine Schwangerschaftsberatung? Ich habe diesen Ausdruck noch nie |79| gehört. Werden da Schwangerschaften beraten? Welchen Sinn soll das machen? Ich habe nicht die geringste Ahnung, dass der Arzt mir eine Möglichkeit aufzeigen will, die ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, sondern frage mich, ob eine Schwangerschaftsberatung so etwas wie ein Informationsservice, eine Art Beiprogramm für schwangere
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