Loge der Lust
Einladung nicht leichtfertig ausgesprochen habe. So einfach wird man in unseren elitären Kreis nämlich nicht aufgenommen. Loge der Lust – das ist die Bedeutung des Siegels.“ Dann verschwand er.
Erstaunt blieb Teena am Fenster stehen. Sie versuchte ihn in der Finsternis auszumachen, aber selbst der Mondschein half nicht. Der Unbekannte war genauso plötzlich verschwunden, wie er aufgetaucht war.
„Loge der Lust“, murmelte sie. Konnte sich so ein Prostituiertenring nennen? Es klang gar nicht nach einer Verbrecherbande.
Sie entdeckte einige Bücher in einem Regal, schaltete das Licht an und las laut die Titel: „'Lehrbuch für den Polizeidienst', ‚Die moderne Kriminaltechnik', ‚Richtlinien für die Erstellung psychologischer Gutachten', ‚Die forensische Toxikologie', ‚Dem Täter auf der Spur', ‚Die Neuerungen in der Kriminalbiologie‘ … Joshua ist Polizist durch und durch.“
Glücklicherweise fand sie, wonach sie gesucht hatte. Das Lexikon stammte zwar aus dem Jahr 1975, aber der Begriff „Loge“ war dennoch darin zu finden. „Eine Gemeinschaft, die sich gegenüber der Öffentlichkeit abgrenzt und Mitglieder nur nach bestimmten Kriterien aufnimmt. Diese sind verpflichtet, über interne Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren.“
Das hörte sich nicht nach einer Bande an, auch nicht nach kriminellen Machenschaften. Geheimniskrämerei war kein Vergehen, sondern konnte den Lustgewinn erhöhen. Teena glaubte immer weniger an Matthews Theorie. Hatte ihn sein Informant vielleicht belogen? Existierte er überhaupt?
Sie schob das Lexikon zurück zwischen die anderen Bücher, schaltete das Licht aus und legte sich hin. Vor Anbruch des Tages würde sie nichts in Erfahrung bringen. Sie brauchte dringend Schlaf. In der Hoffnung, dass die Teambesprechung auf dem Revier weitere Puzzlestücke liefern würde, schlummerte sie ein.
Der nächste Morgen war grausam. Joshua weigerte sich, mit ihr zu sprechen. Sie musste den kalten, abgestandenen Kräutertee trinken und ihre alten Sachen überstreifen. Zudem war sie so müde, dass sie im Stehen hätte einschlafen können.
Joshua fuhr sie zu ihrem Appartement, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Wenigstens konnte sie frische Kleidung anziehen. Allerdings würde das ihren Zustand auch nicht verbessern. Kaum war sie aus Joshs Wagen gestiegen, brauste er davon.
„Esel“, rief Teena ihm hinterher. Ihr Discovery stand zwar am Straßenrand, weil Josh sie vor dem Einsatz mit seinem Austin Mini in der Shell Road abgeholt hatte, aber er hätte sie an diesem Morgen ruhig auch zum Revier fahren können.
Fluchend schleppte sie sich die Treppenstufen hoch, schloss die Tür auf und betrat ihre Wohnung. Als Erstes musste sie dringend die Zähne putzen. Sie ging eigentlich nie ohne geputzte Zähne ins Bett, doch nach dem Missverständnis der letzten Nacht hatte sie Josh nicht mehr um eine Zahnbürste bitten wollen.
Teena entkleidete sich und ging ins Bad. Gähnend betrachtete sie ihre Augenringe im Spiegel. Da fiel ihr Blick auf eine Karte, die aussah, als würde sie einem Monopoly-Spiel entstammen. Sie stand auf der Ablage, gegen eine Cremedose gelehnt, und war so groß wie eine Visitenkarte. Die Beschichtung reflektierte das Licht der Deckenleuchte.
Teena las laut, was in weißen Buchstaben auf burgunderfarbenem Grund geschrieben stand: „Ereigniskarte“.
War das die Aufgabe, von der der Maskierte gesprochen hatte?
13.
„Er ist bei mir eingebrochen!“, schrie sie aufbrausend. „Er oder irgendwer anders.“
Sie konnte es nicht fassen. Jemand war letzte Nacht in ihre Wohnung eingedrungen und hatte Teena eine Nachricht hinterlassen. Sie war froh, bei Joshua übernachtet zu haben. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sie zu Hause geschlafen hätte! Wie konnte sie sich jemals wieder sicher in den eigenen vier Wänden fühlen?
Wütend riss sie die Spielkarte von der Ablage. Dabei stieß sie gegen das Zahnputzglas, das ins Waschbecken fiel und zersplitterte.
„So viel zum Thema Zähneputzen heute Morgen.“ Nun musste sie erst eine neue Zahnbürste kaufen, denn ihre war voller Glassplitter. „Auch das noch.“
Teena seufzte und drehte die Ereigniskarte um. „Verführe den Earl of Cunninghall und ziehe das große Los.“
Tatsächlich, eine Botschaft des Maskierten.
Die Karte war, wie von ihr vermutet, in Anlehnung an Monopoly verfasst. Er hatte sie extra drucken lassen. War er sich so sicher gewesen, dass Teena seine Offerte annehmen würde, oder
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