Loge der Lust
Mein Kopf würde rollen.“
„Die Verantwortlichen hätten dich nicht geschasst. Sie brauchen dich!“
„Brannigan hat mich doch eh auf dem Kieker, seit er mich 2000 bei dieser dummen Parkplatzsex-Geschichte erwischt hat. Das weißt du.“
„Das ist schon sehr lange her. Du musst dich eben zusammenreißen.“
„Wirst du mich melden, Lewis, nach allem, was wir zusammen erlebt haben?“
Stille.
„Nein.“
„Danke, du bist ein wahrer Freund.“
Teenas Herz raste. Sie lief auf Zehenspitzen in ihr Büro und ließ die Tür geöffnet, damit deren Bewegung sie nicht bei Matthew verriet. Ihr Atem ging rasch. So stand sie mitten in der ehemaligen Abstellkammer und hörte, wie Matthew den Korridor entlangeilte, ihre Tür passierte und zu Monica ging, um sie nach frischem Kaffee zu fragen.
Matthew Hallow war also derjenige gewesen, der sich damals mit Rosalin auf dem Parkplatz amüsiert hatte. Es war sein Name, den man aus der Presse herausgehalten hatte. Sie waren beide Mitglieder der Loge der Lust. Einige Puzzlestücke ergaben nun doch ein Bild.
Teena setzte sich und fuhr ihren Computer hoch.
Aber warum dann das Theater mit dem Earl of Cunninghall und der Lady in Pink? Vielleicht hatte Matthew den Siegelring ausgezogen, damit er nicht mit der Loge in Verbindung gebracht wurde, gegen die schließlich ermittelt wurde. Es konnte aber auch sein, dass es Ärger innerhalb der geheimen Verbindung gegeben hatte. Die „Gardenrye Fox Hunters“ hatten sich aufgelöst – möglicherweise stand der Loge dasselbe Schicksal bevor, da die Mitglieder identisch waren. Falls es so war, musste Teena die Ursache für den Streit herausfinden.
Rosalin!, schoss es Teena durch den Kopf.
„Heute Abend bist du fällig! Auch wenn ich die komplette Küste nach dir absuchen muss. Diesmal lasse ich mich nicht abwimmeln und auch nicht mit fadenscheinigen Antworten abspeisen.“
Teena nahm einen großen Schluck aus der Eisteeflasche. „Sprechen wir Klartext, Roz!“
Sie war aufgewühlt und kampflustig und konnte sich kaum darauf konzentrieren, ihren Bericht über den Einsatz in der letzten Nacht zu schreiben. Während sie noch tippte, bemerkte sie, dass Joshua, Lewis und Monica über den Parkplatz zu ihren Wagen gingen. Matthew würde an diesem Wochenende den Bereitschaftsdienst übernehmen. Nach seinem Gespräch mit Lewis, das sie soeben belauscht hatte, traute Teena ihm sogar zu, dass er die Berichte an sich nehmen oder gar vernichten würde, anstatt sie in die Aktenmappe zu heften. Wie verschlagen war er wirklich?
Aber hatte sie das Recht, ihn zu verurteilen?
„Bestimmt nicht.“ Teena speicherte ihren Report ab, druckte ihn aus und fuhr den Computer herunter. „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Sie hatte keine reine Weste. Nicht nur, dass sie eigenmächtig ermittelt hatte, sie verschwieg die Ergebnisse auch noch vor ihren Kollegen. Zudem war sie bei Rosalin eingebrochen und hatte die Shampooflasche gestohlen, die somit als Beweismittel vor Gericht nicht zulässig war. Auf diese Weise hatte sie einen Teil des Falls „Lady in Pink“ vermasselt. Aber den hatte Matthew nun ohnehin geschlossen.
„Warum freust du dich eigentlich nicht?“, fragte sich Teena. Sie war all ihre Probleme los. Wenn Sly nichts verriet, wovon sie ausging, würde niemand von ihrem Fehltritt erfahren. Sie konnte dazu übergehen, Verkehrsunterricht in der hiesigen Grundschule zu geben, Fischerlizenzen zu überprüfen und so zu tun, als wäre nichts geschehen.
„Nein, das kannst du nicht!“ Schwungvoll stand Teena auf. Sie wusste zu viel. Sie steckte selbst zu tief drin. Mit jeder Faser ihres Körpers gierte sie nach Antworten. Da war nicht nur die Neugier, sondern auch eine durchdringende Lust, die, einmal entzündet, nun in ihr loderte. Ihr fielen die Ereigniskarte und der Auftrag des Maskierten ein.
Das Spiel war noch nicht zu Ende. Nicht für Teena.
Als sie Matthew den Ausdruck aushändigte und sich von ihm verabschiedete, fragte sie sich, ob ihr wirklich die Lösung des Falls am Herzen lag oder ob sie einfach nur mehr über die Loge der Lust erfahren wollte.
„Bis Montag.“ Teena rang sich ein Lächeln ab.
Er hob die Hand zum Abschiedsgruß. „Ruh dich aus. Du hattest einen sehr anstrengenden Dienstbeginn in Gardenrye.“
Sie nickte und eilte aus dem Revier. Die Turmuhr der Kirche schlug zwölf, als sie in die Shell Road brauste. Teena nahm zwei, drei Stufen auf einmal und hastete in das zweite Obergeschoss.
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