Loge der Lust
ist die Loge der Lust?“, fragte Teena geradeheraus.
Rosalin schnappte nach Luft. „Solche Fragen darfst du nicht stellen.“
„Wer hält mich davon ab?“ Selbstbewusst straffte Teena die Schultern. „Ich verlasse deine Wohnung erst, wenn ich zufriedenstellende Erklärungen von dir erhalten habe.“
Roz nahm einen kräftigen Schluck Schampus. „Was weißt du?“
„Das ist jetzt uninteressant. Erzähl mir alles, von Anfang an.“
„Ausgeschlossen!“ Sie leerte das Glas, stellte es ab und griff Teenas Kelch. Doch bevor sie trinken konnte, sprang Teena auf. Sie riss Roz das Glas aus der Hand und goss den Champagner in den Blumentopf des Ficus.
„Bist du verrückt geworden?“
„Du musst nüchtern bleiben.“ Teena baute sich vor ihr auf. „Welche Rolle spielt William Sore?“
„Will?“
„Oh, wie vertraut das klingt.“
„Nein, nein, du verstehst das falsch. Ich kenne ihn kaum.“ Rosalin versuchte aufzustehen, aber Teena drückte sie zurück auf das Sofa.
„Ihr seid beide seit Jahren Mitglieder der Loge. Erzähl mir nicht, ihr würdet euch nur flüchtig kennen.“ Teena erkannte sich selbst nicht wieder. Ihre Worte klangen hart, und sie blieb beharrlich. Immerhin ging es nicht mehr um einen Fall der Polizei von Gardenrye, sondern um ihre Zukunft. Sie hatte das Gefühl, ein Sog ginge von der Loge aus, der sie hineinzog. War das der Strudel der Begierde? Der Maskierte hatte sie ins Visier genommen. Rosalin spielte ein falsches Spiel. „Ich will nicht länger euer Spielball sein. Verstehst du das?“
Rosalin lächelte zaghaft und nahm Teenas Hand. „Es ist nicht so, wie es scheint.“
„Dann sag mir die Wahrheit“, drängte Teena. „Klär mich auf.“
„Das kann ich nicht.“
Teena riss ihre Hand fort. „Hat Matthew Hallow etwas mit deiner Verschlossenheit zu tun?“
„Wie kommst du darauf?“ Roz wurde blass.
„Ihr seid alte Bekannte“, sagte Teena und spielte auf die Parkplatzgeschichte aus dem Jahr 2000 an. Sie überlegte, ob es klug war, den Siegelring zu erwähnen, aber entschied, nicht sofort alle Karten auf den Tisch zu legen.
„Er ist Polizeichef, seit 30 Jahren verheiratet und ein Vorbild für die Einwohner von Gardenrye. Was, glaubst du, hat jemand in seiner Position mit einer Loge zu schaffen?“ Es lag Spott in ihrer Stimme.
„Was hat jemand wie er mit dir zu tun?“, wollte Teena wissen und fixierte sie.
Roz wich ihrem Blick aus. „Das liegt lang zurück.“
„Aber keine 30 Jahre.“ Da Rosalin offensichtlich keine Lust verspürte zu erläutern, was damals vorgefallen war, hakte Teena nach. „Er war auch schon lang verheiratet, als ihr erwischt …“
„Schluss mit dem Verhör!“ Energisch stand sie auf. „Bist du als Polizistin oder als Freundin hier?“
„Freunde, sind wir das wirklich?“ Teena spürte einen Stich im Herzen.
„Das dachte ich bis heute zumindest. Im Moment bin ich mir nicht mehr sicher.“
„Eine Freundin würde mich nicht hinters Licht führen. Sie würde mich warnen und mich aufklären.“
„Ich wollte immer nur dein Bestes. Ich mag dich sehr gerne, das musst du mir glauben.“
Rosalin wollte Teenas Arm berühren, aber diese wich zurück. „Wenn dir wirklich etwas an mir liegt, dann erzählst du mir jetzt, wie Ethan Woodridge ins Bild passt.“
„Der Earl of Cunninghall?“, entfuhr es Roz laut.
Teena nickte.
Sie lächelte gequält. „Reden wir über Matthew, ja?“
„Nein, wir sprechen über den Earl.“
Rosalin unterbrach sie. „Lass ihn aus dem Spiel.“
„Ich gebe dir ein Stichwort: pinkfarbene Perücke.“
„Bitte!“, flehte Roz.
„Du hast Ethan Woodridge ausgeraubt.“
„Nein.“
„Du warst in jener Nacht auf Sores Dinnerparty.“
„Das stimmt nicht.“
„Lüg mich nicht an. Ich weiß es!“
„So war das nicht.“
„Wie war es dann?“
Schweigen.
„Ich will die ganze Wahrheit, und zwar auf der Stelle!“
„Aber nicht von mir“, schrie Rosalin, sprang auf und schritt forsch zur Balkontür. Sie stand neben der Schaufensterpuppe, mit dem Rücken zu Teena, und hielt die Arme um den Körper geschlungen, als wäre ihr kalt. Nachdenklich schaute sie nach draußen. Es war ein sonniger, warmer Tag. Die Möwen kreisten ausgelassen über der Kleinstadt.
Es war ungewohnt, Rosalin so durcheinander zu sehen. Teena genoss das Gefühl nicht einmal, Roz in die Enge zu treiben. Sie hatte vielmehr gehofft, dass sie sich ihr freiwillig öffnen würde. In einer echten Freundschaft ging es nicht um
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