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Loge der Lust

Loge der Lust

Titel: Loge der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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nicht eingestehen. Sie umschloss den Griff mit beiden Händen, stemmte einen Fuß gegen die Wand und zog kräftig. Das Schloss gab ein Geräusch von sich, die Tür glitt nach außen auf und Teena fiel rückwärts gegen das Geländer.
    Mühsam unterdrückte sie einen Aufschrei. Sie hielt die Luft an, bis der Schmerz nachließ, und trat wütend gegen den Beutel, den sie vor Schreck losgelassen hatte.
    „Zum Glück ist er nicht vom Balkon gefallen. Du hast also Glück im Unglück“, redete sie sich ein, aber das war nur ein schwacher Trost.
    Plötzlich hörte sie jemanden vor dem Eingang. Schuhe klackerten. Ein Schlüsselbund rasselte, dann wurde ein Schlüssel ins Schloss gesteckt. Die Wohnungstür öffnete sich. Roz schlüpfte herein und eilte ins Badezimmer.
    Teena fuhr der Schreck in die Glieder. Im ersten Moment war sie nicht in der Lage, sich zu bewegen. Sie beobachtete, wie Rosalin in den Wäschekorb griff, der zwischen WC und Wanne stand, und einige Kleidungsstücke herausfischte. Jeden Augenblick würde sie sich umdrehen und die Einbrecherin auf frischer Tat ertappen.
    Beweg dich, Christeena! Los, beweg dich doch!
    Endlich fiel die Lähmung von Teena ab. Sie versuchte, die Balkontür so leise wie möglich zu schließen. Doch trotz aller Bemühungen knarrten die Scharniere, kurz bevor sie die Tür zuschieben konnte.
    Rosalin drehte sich um.
    Entsetzt machte Teena einen Schritt zur Seite. Sie stellte sich mit dem Rücken an die Wand gleich neben der Tür. Ihr Puls raste. Sie hatte feuchte Hände. Unzählige Gedanken schwirrten durch ihren Kopf. Es war alles vorbei! Wie sollte sie Rosalin den Einbruch nur erklären? Sie tappte von einem Desaster ins nächste.
    In diesem Moment fiel ihr Blick auf den Klarsichtbeutel, der immer noch mitten auf dem Balkon lag. Aber es war zu spät, um ihn aufzuheben. Selbst wenn Rosalin Teena vom Bad aus nicht gesehen hatte, würde ihr wahrscheinlich der Beutel auffallen. Sie würde auf den Balkon treten und Teena bemerken.
    Während Teena sich enger an die Wand drückte, sah sie aus dem Augenwinkel, wie Roz‘ Hand den Griff der Balkontür umfasste.
    „Nanu, ich hatte dich doch verriegelt.“

9.
    Teenas Herz blieb fast stehen. Verriegelt? Rosalin hatte doch gesagt, das Schloss sei defekt.
    Erleichtert atmete Teena auf, als Roz die Balkontür schloss. Doch plötzlich ging die Tür wieder auf, und Teena biss die Zähne so fest aufeinander, dass ihr Kiefer wehtat. Einige Male schloss und öffnete Rosalin die Tür, drehte den Griff, um zu prüfen, ob der Bolzen des Schlosses nicht doch noch einhakte.
    Irgendwann seufzte sie und gab auf. „Er hatte den Riegel doch repariert, wenn auch nur notdürftig. Wie kann es sein, dass er jetzt schon wieder kaputt ist?“
    Teena drückte sich enger an die Wand. Die Dornen der Rosenranken stachen in ihre Waden, aber sie hielt den Schmerz aus. Also hatten die Vermieter die Reparatur tatsächlich durchgeführt. Wieso nach Monaten ausgerechnet jetzt?
    Ruckartig zog Roz die Tür zu, zwei-, dreimal, aber Gewalt half offensichtlich auch nicht. Der Bolzen rührte sich nicht. „Tolle Arbeit, Mister Killer-blue-Eyes! Nun muss ich doch wieder den Desmonds hinterherlaufen.“
    Teena stand stocksteif auf dem Balkon. Sie lauschte Rosalins klackenden Schritten, als diese ihr Appartement verließ. In Teena jedoch hallten Roz‘ Worte wieder.
    „… Mister Killer-blue-Eyes …“
    „… Desmonds hinterherlaufen …“
    Die Eigentümer hatten die Tür folglich nicht repariert. Wer war es dann gewesen? In Teenas Vorstellung erschienen die eisblauen Augen des Maskierten, die durch die schwarze Balaklava und das Kerzenlicht strahlten wie Eiskristalle in der Wintersonne. Konnte Rosalin etwas mit dem „smooth criminal“ zu tun haben? Teena widerstrebte der Gedanke, fast so, als wollte sie den sanften Ganoven für sich beanspruchen. Dabei wusste sie nicht einmal, wer er war, und würde ihn vermutlich auch niemals wiedersehen.
    Puzzleteile. Dies war ein weiteres. Noch half es Teena nicht. Aber sie ahnte, dass sie schon bald ein verschwommenes Bild vor sich haben würde. Und eines Tages würde dieses Bild klar werden, sodass sie das Rätsel von Gardenrye lösen konnte.
    Nachdem Rosalin gegangen war, wartete Teena noch einige Sekunden. Dann hielt sie es nicht mehr an ihrem Platz aus. Sie hob den Plastikbeutel auf und rieb sich die Waden.
    „Mistige Dornen!“, murrte sie.
    Eilig betrat sie das Wohnzimmer. Es gab keine Zeit mehr zu verlieren. Rosalin erwartete sie

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