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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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sechs Tagen bin ich im Dienst. Bei der OFA erst und dann bei der SOKO.« Er seufze.
     »Wie wir alle. Dieser Fall hat es in sich. Er hat mich gepackt. Meine Frau kennt das schon, wenn ich über Tage in einer SOKO
     bin, geht sie mit den Kindern zu ihren Eltern, die wohnen nur zwei Straßen weiter, haben ein großes Haus mit Garten und freuen
     sich.«
    »Da hättest du auch hingehen können oder nach Hause, ausschlafen«, warf ich ein.
    »Hätte ich, Conny, aber es lässt mich nicht los, und ich wollte wissen, ob ihr wirklich glaubt, dass der Vater der Mörder
     ist. Ich weiß, die DNS – aber ich kann es nicht glauben.«
    »Wieso?« Robert sah ihn angespannt an.
    »Keine Ahnung, ein Gefühl. Seit Montag versuche ich, Kluge zu erreichen. Er ist nicht da. Er ist nicht zu Hause, nicht auf
     dem Handy erreichbar, und die Firma weiß auch nicht, wo er ist. Er hat sich Montag krankgemeldet, was er selten tut, sagt
     die Firma. Seit dreißig Jahren arbeitet er zuverlässig, und nun ist er verschwunden?«
    »Das könnte darauf hindeuten, dass er der Täter ist. Er spürt, dass wir ihm auf den Fersen sind«, sagte ich leise.
    »Woher sollte er das am Montag schon wissen? Heute ist Mittwoch, Conny. Und heute haben wir die DNS erst verglichen.«
    Ich schluckte, nahm das Whiskyglas, drehte es in meinen Händen, schluckte wieder. Maria hatte die richtige Fährte gefunden,
     den entscheidenden Hinweis auf den Täter. Ich hatte den Täter gewarnt, so dass er Zeit hatte, sich abzusetzen. Das war großer
     Punktabzug auf meiner Seite.
    |164| »Das ist Blödsinn, Leute.« Martin ließ sich schwer auf das Sofa neben mir fallen. Er sah sehr müde aus. »Wir haben nur durch
     Zufall herausgefunden, dass die Opfer- und die Täter-DNS verwandt sind. Verglichen wird die in so einem Fall nämlich nicht.
     Über die Restriktionsmuster und die Längenfragmente bestimmt man die Familienzugehörigkeit, zum Beispiel bei Vaterschaftstests.
     Diese Analysen machen wir gar nicht bei den DNS-Untersuchungen. Wir legen Fragmente fest, vergleichen sie mit anderen, aber
     das ist sehr viel grober. Im Grunde haben wir erst mal ein Muster und vergleichen das mit anderen Tätermustern und nicht mit
     denen der Opfer. Maria hat es getan und sah die Ähnlichkeit. Ein Zufall.«
    »Und?«, fragte Robert skeptisch.
    »Wie ›und‹? Das kann er doch nicht ahnen und deshalb abhauen. Bis die genauen Analysen da sind, dauert es Wochen. Also hätte
     er Zeit, wenn er damit spielt. Er hat genug DNS-Spuren bei jeder Leiche hinterlassen. Entweder glaubt er nicht, dass wir Proben
     nehmen, oder er weiß es nicht – was blödsinnig wäre –, oder es ist ihm nicht bewusst, dass wir die Verwandtschaft feststellen
     können. Was ebenso blödsinnig ist, wenn man das Unterschichtenfernsehen und die Presse verfolgt. Jeder Hinz und Kunz lässt
     doch heutzutage einen Vaterschaftstest machen. Es ergibt keinen Sinn, dass er gerade jetzt verschwunden ist. Wie soll er ahnen,
     dass wir ihm auf der Spur sind? Ihr habt doch nach dem Tod seiner Tochter mit ihm gesprochen.«
    »Richtig, aber das ist schon zwei Wochen her. Da war er nicht verdächtig, weil der Tathergang mit dem von Mueskens übereinstimmte
     und wir nicht von einer Familiensache ausgegangen sind.« Thorsten nahm das Whiskyglas, roch kurz daran und trank. »Gewöhnlich
     werden Familienangehörige bei ungeklärten Mordfällen genau überprüft. Aber diesmal war der Bezug zu dem anderen Fall ja sehr
     deutlich. Dann stimmten auch noch die Täter-DNS und der Modus Operandi überein – da war der Vater raus aus unserem Fokus.
     Wer rechnet denn damit, dass ein Täter mehrere Leute nach einem |165| Schema umbringt und dann auch noch seine Tochter nach dem gleichen Muster? Niemand.«
    »Wir haben das Motiv noch nicht, Thorsten.«
    »Nein. Was sagst du, Conny? Psychologisch? Würde ein Vater seine Tochter so ermorden wie ein anderes Opfer?«
    »Möglich, wenn man das Motiv kennt«, brachte ich hervor und kämpfte mit mir.
    »Und wenn die Tochter in die Opferrolle passt, wie auch immer?«, fragte Robert. Er wirkte auf mich seltsam distanziert.
    »Das kann ich nicht beurteilen«, gab ich zu.
    »Trotzdem. Warum sollte er jetzt fliehen, gerade jetzt? Seit Jahren verteilt er seine DNS an Tatorten. Und jetzt verpisst
     er sich, obwohl er nicht wissen kann, was wir wissen.« Thorsten schnaubte, nahm noch einen Schluck Whisky.
    »Nein, das kann er nicht wissen, wenn es ihm nicht jemand gesagt hat«, murmelte Robert.
    Ich

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