Lohse, Eckart
schreibt Wiehert dem Minister noch am Erscheinungstag
des Artikels, dem 30. November, einen Brief, der vom
Beginn an völlig unmissverständlich ist: »Sehr geehrter Herr Bundesminister,
im heutigen >Spiegel< werden über General Schneiderhan und mich Lügen
verbreitet.« Noch bevor Wiehert auf die Inhalte dieser Lügen zu sprechen kommt,
geht es ihm um die genannte Quelle, das »Umfeld«. Der vor die Tür gesetzte
Staatssekretär glaubt davon kein Wort: »Dabei bin ich sicher, dass auch dies
eine Lüge ist, jedenfalls wenn es sich auf Frau Bastek oder Herrn Moritz beziehen
sollte, die ich aus Ihrem Umfeld kenne.« Da Wiehert die Büroleiterin und den
ohnehin beim Gespräch im Ministerbüro nicht anwesenden Pressesprecher Moritz
ausschließt, er zudem behauptet, dass der Adjutant nicht teilgenommen habe, ist
die Stoßrichtung der Formulierung eindeutig: Wiehert verdächtigt den Minister,
selbst einem Journalisten aus dem höchst vertraulichen Gespräch berichtet zu
haben.
Eine Bitte Wicherts, die
Darstellung im »Spiegel« solle noch während der allmontaglichen Zusammenkunft
der Bundespressekonferenz richtiggestellt werden, wird von Büroleiterin Bastek
zurückgewiesen. Stattdessen, so stellt es Wiehert dar, habe sie angekündigt,
der Minister werde ihn anrufen. Im weiteren Verlauf des Briefes schlägt Wiehert
»in Abstimmung mit General Schneiderhan« die Veröffentlichung einer Pressemitteilung
des Verteidigungsministeriums vor, in der klargestellt werde, dass er und der
Generalinspekteur keineswegs die Existenz weiterer Berichte bestritten, sondern
diese vielmehr dem Minister genannt hätten, den Feldjägerbericht eingeschlossen.
Ein »glasklares Dementi« sei erforderlich, da es sich um »letztlich
ehrenrührige Vorwürfe« handele.
Nicht nur die geforderte
Richtigstellung, auch der angekündigte Anruf Guttenbergs bleibt aus.
Stattdessen verfasst der Minister unter dem Datum vom 2. Dezember einen handschriftlichen
Brief. Die Zeilen ließen den uneingeweihten Leser nicht auf den Gedanken
kommen, dass zwischen Absender und Adressat das herrscht, was Guttenberg mit
Bezug auf Afghanistan einmal als »kriegsähnliche Zustände« beschrieben hatte.
»Sehr geehrter, lieber Herr Dr.
Wiehert«, beginnt Guttenberg: »Offenbar gibt es interessierte Kreise, die mit
Setzen von vermeintlichen Zitaten und gezielten Unwahrheiten Unfrieden, ja
Zwietracht säen wollen.« Die einzige im weiteren Verlauf auch nur ansatzweise
auf einen Konflikt hindeutende Formulierung ist die von »unbestrittenen
Informationspannen«, für die Wiehert die Verantwortung übernommen habe. Sogar
das wendet Guttenberg noch zum Guten, indem er beteuert, er weise überall
darauf hin, »dass ich nicht ansatzweise davon ausgehe, dass man Ihnen hierfür
Böswilligkeit unterstellen könnte«. Es geht noch weiter: »Ebenso wenig unerwähnt
bleiben Ihre hohen Verdienste und das von mir uneingeschränkt als sehr
angenehm empfundene menschliche Miteinander sowie der Wunsch, sich auch
künftig fachlich austauschen zu können.« Dass Guttenberg sehr wohl bewusst ist,
wie unerfreulich, ja rufschädigend der Artikel im »Spiegel« für seine beiden
Mitarbeiter ist, macht sein letzter Satz klar: »Diese Zeilen machen Artikel
nicht ungeschehen, mir war es gleichwohl ein Bedürfnis, Ihnen diesbezüglich zu
schreiben.« Hatte Wiehert seinen Brief distanziert mit der Formulierung
»Hochachtungsvoll Peter Wiehert« beendet, so schließt Guttenberg »mit
herzlichen Grüßen«.
Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein
impulsiver Mensch, der sich schnell in eine Situation hineinsteigern kann. Das
war am 25. November fraglos der Fall. Ein
Gerhard Schröder oder ein Joschka Fischer konnten ebenfalls hochemotional
reagieren, wenn ihnen im eigenen Hause etwas nicht passte. Als es der
außenpolitische Berater des einstigen Bundeskanzlers, Michael Steiner, mit
seinem selbstherrlichen Gebaren allzu weit trieb, zögerte auch Schröder nicht,
ihn an die Luft zu setzen. Allerdings verband er das nicht mit öffentlichen
Schuldzuweisungen, wie Guttenberg es im Falle Schneiderhans und Wicherts tat.
Andererseits ist Guttenberg ein außergewöhnlich höflicher, auch freundlicher
Mensch mit exzellenten Umgangsformen. Insofern ist der im genannten
Briefverkehr dokumentierte Umgang mit Wiehert keineswegs widersprüchlich.
Der gefeuerte Staatssekretär gibt
sich allerdings mit der Antwort des Ministers nicht zufrieden. Am 11. Dezember
wendet er sich abermals schriftlich an ihn und wiederholt,
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