Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
Vom Netzwerk:
dem Ausschuss ist Guttenberg
eines völlig klargeworden. Er kann sein Vorgehen gegen die beiden Spitzenleute
nicht mit den Berichten zur Bombennacht bei Kundus begründen, die er erst am 25. November
auf Nachfrage bekommen hat. Mehrfach erläutert er im Ausschuss, dass es nicht
ums Inhaltliche, sondern um das Prinzipielle gegangen sei: »Wie dargestellt,
war es gerade nicht der Inhalt der neuen Dokumente, der den Grund für die Trennung
gab - eine vernünftige Überprüfung hätte ja auch nicht innerhalb weniger
Stunden am 25.11. erfolgen können; das wäre gar
nicht möglich gewesen -, sondern die Erkenntnis, dass Dokumente und Berichte
vor meiner ersten öffentlichen Erklärung mir gegenüber weder erwähnt noch mir
vorgelegt worden waren.«
    Doch auch für seine Neubewertung
des Verhaltens von Klein gibt es nicht das eine, starke und auf Anhieb einleuchtende
Argument. Daher behilft der Minister sich mit sechs Einzelargumenten. Die
ersten beiden zielen darauf, dass die ihm bis zu seiner ersten Festlegung am 6. November
vorgelegten Dokumente nicht annähernd so deutliche Aussagen über zivile Opfer
der Bombardierung bei Kundus enthalten hätten wie diejenigen, die ihm seit dem 25. November
vorgelegen hätten. Drittens habe er nicht gewusst, dass die Bewertung des
Luftschlags im Ministerium und in der Bundeswehr keineswegs so übereinstimmend
gewesen sei, wie zunächst behauptet. So hätten hochrangige Militärs auch die Überzeugung
vertreten, man hätte auf den Luftschlag verzichten können. Dafür habe -
viertens - auch die in Anlagen des Feldjägerberichts zu findende Einschätzung
gesprochen, dass die Tanklaster eventuell hätten ausgeschlachtet werden sollen
und damit eine geringere Gefährdung bestanden hätte. Fünftens habe ihn die dem
Feldjägerbericht vom Einsatzführungsstab vorangestellte Bemerkung stutzig
gemacht, dieser könnte ohne fachliche Kommentierung in einer juristischen
Untersuchung »negative Implikationen« haben. Darin erkennt Guttenberg
offenbar den Versuch Schneiderhans, den Bericht unter der Decke zu halten, um
Oberst Klein zu schützen. Sechstens schließlich macht ihn die Aussage im
Feldjägerbericht stutzig, dass vor und nach der Bombardierung nicht adäquat
gehandelt worden sei, obwohl klar gewesen sei, dass es zahlreiche Tote und
Verletzte gegeben habe. Guttenberg kommt zu dem Schluss, dass er am 6. November,
»was die Angemessenheit des Luft-Boden-Einsatzes betrifft, eine Fehleinschätzung
abgegeben« habe. Und - ohne Pathos geht es bei ihm nicht: »Für diese
Fehleinschätzung trage ich die politische Verantwortung.«
    Im Verlauf der Vernehmung ändern
sich die Argumente des Ministers trotz zahlloser Nachfragen nicht. Die
Berichterstattung über Guttenbergs Auftritt ist gemessen an der einstigen
Aufregung über die Kundus-Affäre überschaubar und für den Minister durchaus
günstig, mindestens unproblematisch. Auch seither sind keine neuen Argumente
hinzugekommen. Dennoch hat Guttenbergs Umgang mit Kleins Bombardierungsbefehl
vor dem Hintergrund seiner neuen Kriegsrhetorik enorme Bedeutung. Er hat
innerhalb des ersten halben Jahres als Verteidigungsminister gleich drei Kraft-
und Machtproben bestanden: Erst hat er mit einem einzigen Interview die bisher
gültige Bezeichnung des Kampfs der Bundeswehr in Afghanistan als
Stabilisierungseinsatz weggewischt, ohne dass es Widerspruch gegeben hätte.
Vier Wochen später hat er die führenden Mitarbeiter seiner drei Vorgänger mit
zweifelhaften Gründen aus dem Amt gejagt - ebenfalls ohne ernsthaften
Widerspruch. Schließlich hat er eine 180-Grad-Wende bei der Bewertung des
größten militärischen Schlages der Bundeswehr seit ihrem Bestehen ohne
erkennbaren Schaden überstanden. Spätestens jetzt weiß auch die
Bundeskanzlerin, dass an ihrem Kabinettstisch ein außergewöhnliches machtpolitisches
Talent sitzt.
     
    Das Ende der
Wehrpflicht
     
    Paukenschlag in
Hamburg
     
    Es ist der 26. Mai 2010. Karl-Theodor
zu Guttenberg ist nach Hamburg zur Führungsakademie der Bundeswehr gekommen,
wo die Kommandeure der Streitkräftebasis tagen. Er will eine Grundsatzrede
halten. Meistens sind solche Ankündigungen überzogen, doch diese trifft zu.
Was Guttenberg bereithält, ist eine Sensation: der Anfang vom Ende der Wehrpflicht.
    Der Minister hält die wichtigste
Rede seines ersten Amtsjahres. Er belässt es nicht bei einer Attacke auf die
sicherheitspolitischen Überzeugungen von CSU und CDU, indem er die Wehrpflicht
in Frage stellt. Er

Weitere Kostenlose Bücher