Lohse, Eckart
CSU so wichtigen Bezirksvorsitz unterstützt. Die Wehrpflichtdebatte ist
der erste große Test auf die Belastbarkeit des Gespanns Guttenberg-Friedrich,
bei dem klar ist, wer dominiert. Das Netz hält. Sogar der vom CSU-Vorsitzenden
herausgegebene »Bayernkurier« erwähnt Friedrichs Unterstützung für Guttenberg,
noch bevor die kritischen Stimmen und Horst Seehofers »Ja zur Wehrpflicht«
zitiert werden.Gleich darauf schärfen sowohl die Bundeskanzlerin
als auch der Verteidigungsminister ihre Positionen öffentlich nach. Merkel
bestätigt den Prüfauftrag an Guttenberg »ohne Denkverbote«. Alle Überlegungen
seien an der Sicherheit Deutschlands und seinen Bündnisverpflichtungen
auszurichten. Dann kommt der entscheidende Satz: »Ich bin im Übrigen eine Anhängerin
der Wehrpflicht, die der Bundeswehr und der Bundesrepublik Deutschland
gutgetan hat.«
So genau, wie Angela Merkel ihre
Interviews vor deren Veröffentlichung bearbeitet und bearbeiten lässt, ist
auszuschließen, dass das letzte Wort ein Zufall ist. Die Wehrpflicht »hat« der
Bundesrepublik gutgetan, sagt die Kanzlerin. So spricht nicht, wer wild
entschlossen ist, mit der Wehrpflicht in eine große sicherheitspolitische
Zukunft aufzubrechen. Guttenberg darf zuversichtlich sein, Merkel an seiner
Seite zu haben. Doch auch er hat seine Lektion schnell gelernt. Die
finanziellen Notwendigkeiten dürften »auf keinen Fall der Grund für Reformen
sein«, dreht der Minister sein bisheriges Argumentationsmuster um. Die
Wehrpflicht habe sich über 50 Jahre bestens bewährt, weshalb er jetzt so mit
sich ringe. Es dürfe »natürlich nicht das fatale Bild entstehen, dass die Wehrpflicht
nur wegen eines Sparwochenendes fällt«. Was die Begründungszusammenhänge
angeht, so ist die Hamburger Rede Guttenbergs schon nach wenigen Wochen
Vergangenheit.
Anfang Juni 2010 kann also auch
eine breite Öffentlichkeit annehmen, dass es dieses Mal ernst ist mit der
Diskussion über die Wehrpflicht. Junge Männer im wehrtauglichen Alter dürfen
sich berechtigte Hoffnung machen, noch leichter als bisher um die Pflichtmonate
in Uniform oder auch um den Zivildienst herumzukommen. Allerdings schwindet
auch die letzte Hoffnung eines (ohnehin nur noch kleinen) Teils der Mütter in
Deutschland, dass eine höhere Instanz ihren Jungs das Bettenmachen beibringt.
Der Bund scheint sich endgültig aus der Erziehung der jungen Männer
zurückziehen zu wollen. Und was denkt die vor derartigen Neuerungen stehende
Bevölkerung? Anfang Juni lässt das Meinungsforschungsinstitut Forsa tausend
Personen befragen. Nur eine knappe Mehrheit von 51 Prozent
spricht sich für die Abschaffung der Wehrpflicht aus, 45 Prozent
sind dagegen, vier Prozent unentschieden. Unter den Anhängern der
Unionsparteien ist eine Mehrheit von 57 Prozent
für die Beibehaltung der Wehrpflicht, allerdings ist dieser Wert bei der FDP
auch nur drei Punkte geringer. Auch hier gibt es keine Mehrheit für das Ende
des Zwangsdienstes mit der Waffe. Selbst ein gutes Drittel der Grünen-Anhänger
würde lieber an der Wehrpflicht festhalten. Doch wahrscheinlich bedeutet das
nicht, dass die Menschen sich schwertun, in einer polarisierenden Debatte eine
Meinung zu finden, sondern deutet vielmehr auf das viel zitierte »freundliche
Desinteresse« hin. Wie Guttenberg von jetzt an noch oft erklären wird, macht es
ja ohnehin längst keine Schwierigkeit mehr, den Dienst fürs Vaterland zu umgehen.
Horst Seehofer erkennt schnell,
dass er sein krachendes erstes Nein nicht durchhalten kann. Als am 22. Juni in
München der Parteivorstand zusammentritt, sagt der Vorsitzende der CSU zwar,
die Wehrpflicht sei für seine Partei eine »Identitätsfrage«. Doch legt er sich
nicht auf eine Antwort auf diese »Identitätsfrage« fest. Vielmehr kündigt er
an, eine Entscheidung werde auf dem Parteitag Ende Oktober fallen. Doch die
vorsichtige Öffnung der Vorsitzenden der beiden Unionsparteien bedeutet
mitnichten, dass Guttenberg seinen Blitzkrieg schon gewonnen hat. Namhafte
CDU-Politiker melden sich in den kommenden Wochen zu Wort und werben für ein
Festhalten an der Wehrpflicht. So etwa die Ministerpräsidenten von
Niedersachsen, Sachsen, Thüringen und des Saarlandes, David McAllister,
Stanislaw Tillich, Christine Lieberknecht und Peter Müller. Später kommt Peter
Harry Carstensen, der schleswig-holsteinische Regierungschef hinzu. Auch bekannte
CDU-Parlamentarier wie Wolfgang Bosbach melden sich entsprechend zu Wort.
Die Union fühlt sich
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