Lohse, Eckart
in den frühen
Morgenstunden des 7. Juli, eines Samstags, zu einer
keineswegs einmütigen Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung der
Wehrpflicht. Sowohl die SPD als auch der Gesamtdeutsche Block und ein Drittel
der FDP stimmten dagegen. Von Anfang an können CDU und CSU also die Wehrpflichtarmee
Bundeswehr als ihr Geschöpf betrachten.
Den Aufbau der Bundeswehr
exekutierte dann allerdings nicht mehr Theodor Blank. Das besorgte jener
CSU-Politiker, der schon länger auf Blanks Posten schielte und nichts ausließ,
den Amtsinhaber zu zermürben. Franz Josef Strauß wollte unbedingt
Verteidigungsminister werden, was ihm 1956 gelang.
Noch kurz vor dem Ausbruch des Koreakrieges hatte er wütend gegen die
Wiederbewaffnung Front gemacht und gesagt: »Wir sind nicht bereit, mit unserem
Blute die Grenze zu verteidigen, die die Dummheit der anderen geschaffen hat.«
Doch zeigt er sich ähnlich beweglich wie der einzige andere
Verteidigungsminister, den die CSU je gestellt hat, ein gutes halbes
Jahrhundert später. Strauß baut nämlich in sechs Jahren zehn der zugesagten
zwölf Divisionen auf. Was die Strukturen der Bundeswehr angeht, so haben die
beiden CSU-Minister bisher den größten Einfluss gehabt. Und noch eine hübsche,
kleine Parallele. Die Männer, die sie aus dem Verteidigungsministerium drängen,
landen in demselben Ressort. Blank wird nach einer kleinen Unterbrechung seiner
Ministertätigkeit Bundesarbeitsminister - wie im Jahr 2009 der
CDU-Politiker Franz Josef Jung.
»Eine Nase,
aber keinen Plan«
Von Karl-Theodor zu Guttenbergs
Fanfarenstoß in Hamburg bis zum Gegenangriff seines Parteivorsitzenden dauert
es nicht einmal zwei Wochen. Horst Seehofer meldet sich zu Wort und macht
unmissverständlich deutlich, was er vom Vorstoß des CSU-Jungstars hält: nichts.
Es bleibe bei den eben erst gesetzlich festgelegten sechs Monaten Wehrpflicht.
Und weiter: »Ich lege größten Wert auf Verlässlichkeit und Vertrauen in
politische Entscheidungen. Wir können nicht alle paar Monate unsere politischen
Entscheidungen verändern. Das gilt für die Wehrpflicht genauso wie für die
anderen Bereiche.« Die grundsätzliche Äußerung klingt aus Seehofers Mund
reichlich komisch, angesichts der zahllosen Haken, die er in seinem politischen
Leben schon geschlagen hat - und schlagen wird. Um ein Beispiel zu nennen: Nur
wenige Monate später wird er die von seiner Partei mit beschlossene Rente mit
67 in Frage stellen. Doch abgesehen davon, scheint sein Veto gegen den Vorstoß
Guttenbergs zwingend. Die CSU sieht sich ebenso wie die CDU seit Jahrzehnten
als Schutzherrin der Wehrpflicht.
Seehofers Gegenschlag ist genau
terminiert. Der CSU-Vorsitzende meldet sich an jenem Wochenende zu Wort, da
das Bundeskabinett sich zur Sparklausur trifft. Die zweitägige Zusammenkunft
beginnt am Sonntag, dem 6. Juni. Guttenberg hatte bereits in Hamburg auf das
Treffen hingewiesen. Schon vor Seehofers Einspruch hat er Signale des
Widerstands von führenden Leuten der eigenen Partei erhalten. Bayerns
Innenminister Joachim Hermann begleitet die Klausur mit den Worten, eine
Spardiskussion dürfe kein Anlass sein, die Wehrpflicht in Frage zu stellen.
Thomas Silberhorn, ein junger CSU-Bundestagsabgeordneter, der als
Nachwuchstalent gilt wie einst Guttenberg, fordert ebenfalls ein Festhalten an
der Wehrpflicht. Entsprechende Begleitmusik kommt vom Vorsitzenden der CSU-Fraktion
im bayerischen Landtag, Georg Schmid. Auch CDU-Landesgrößen gehen auf
Guttenberg los. Der neue baden-württembergische Ministerpräsident
Stefan Mappus wünscht sich, dass nicht jeder Minister vor einer solchen
Klausur »etwas absondert, das dann tagelang herumwabert«.
Die Gegenwehr aus der CSU-Führung
kommt nicht nur aus inhaltlichen Gründen, sondern viel mehr noch, weil der
Vorstoß Guttenbergs nicht mit dem Parteivorsitzenden abgesprochen ist.
Seehofer hat jahrzehntelange Erfahrung mit politischen Machtkämpfen und weiß
sofort, dass es Guttenberg nicht nur um eine Bundeswehrreform geht. Der
Shootingstar aus Oberfranken testet seine Macht. Es ist ein offenes Geheimnis,
dass viele in der Partei in ihm den Nachfolger Seehofers im CSU-Vorsitz sehen.
Nur wann Guttenberg es werde, sei noch ungewiss, heißt es in der kleinen
Unionspartei.
Guttenberg hat sich die Sache gut
überlegt und lässt sich durch ersten Widerstand von seinem Vorhaben nicht
abbringen. Im Gegenteil. Er nutzt die Sparklausur für den ganz großen
Aufschlag mitten in der Regierung. Er tritt mit
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