Lohse, Eckart
Familienunternehmen, in dem er Verantwortung übernehmen soll.
Dass sein Vater weiter im Wesentlichen als Musiker tätig sein wird, ist
offensichtlich. Deshalb habe er beschlossen, dass eine Tätigkeit für den
familiären Betrieb und irgendwann als Schlossherr mit der Arbeit eines
Berufssoldaten, der von Standort zu Standort versetzt wird, nicht zu
vereinbaren sei. So verlässt der zukünftige Verteidigungsminister als
Unteroffizier die Bundeswehr. Nach einer Wehrübung wird er später Stabsunteroffizier
der Reserve.
Studienjahre:
Bayreuth, München und ein bisschen New York
Die Söhne aus Adelsfamilien haben
sich bei der Auswahl ihrer Studienfächer meist auf wenige Fächer konzentriert.
Jura gehört dazu, Land- und Forstwirtschaft, im Falle der Guttenbergs
vielleicht noch katholische Theologie - doch das scheint eher ein Studienfach
für die Frauen zu sein. Enoch zu Guttenberg ist als Musiker die Ausnahme.
Irgendwann steht im Hause Guttenberg auch die Frage an, ob die Söhne ihre musikalischen
Aktivitäten - Karl-Theodor spielt gut Klavier - mit Blick auf eine spätere
berufliche Zukunft als Musiker verstärken sollen. Schaut mich an, habe der
Vater gesagt, wollt ihr so ein Leben führen? Der Bruder und er hätten dann
einmütig entschieden, so ein verrücktes Leben mit Sicherheit nicht führen zu
wollen, erinnert sich Guttenberg. Nach seiner eigenen Erfahrung damit, wie
schwer es ist, sich gegen den Vater mit dem Studien- und Berufswunsch
durchzusetzen, lässt Enoch zu Guttenberg dem Sohn freie Hand.
Wenn es um Karl-Theodor zu
Guttenbergs Neigung geht, kommen Literatur und Geschichte in Betracht, aber das
sind brotlose Künste. Er sieht auch ein Studium der Rechtswissenschaften als
Möglichkeit, bespricht sich mit Lehrern, einigen älteren Verwandten und
Bekannten. Die raten zum Jura-Studium. Mit Blick auf den Familienbetrieb könne
man da auch noch ein betriebswirtschaftliches Studium oder einen Master of
Business Administration dranhängen. Guttenberg beginnt sein Studium 1993 in
Bayreuth. Im achten Semester bekommt er einen Freischuss, also die Möglichkeit,
sein erstes Staatsexamen so abzulegen, dass es bei einem Scheitern oder einem
schlechten Ergebnis nicht gewertet wird - der Student kann dann eine zweite
Prüfung machen, als ob es die erste wäre. Guttenberg wechselt an die
Universität München, bleibt aber in Bayreuth eingeschrieben. In der
Landeshauptstadt studiert er parallel noch einige Semester
Politikwissenschaften, macht aber keinen Abschluss in dem Fach. Der Wechsel
nach München hat auch damit zu tun, dass Guttenberg sich mehr im
Familienunternehmen engagiert, das dort seinen Sitz hat. Das Studium schließt
er 1999 mit einem Prädikatsexamen in Bayreuth
ab.
Ein zweites Staatsexamen, dem ein
Referendariat vorausgeht, legt er nicht ab. Guttenberg ist deshalb kein
Volljurist, besitzt also nicht die Befähigung zum Richteramt, kraft deren man
als Richter, Staatsanwalt oder Rechtsanwalt arbeiten kann. Zwei Praktika in
Anwaltskanzleien, die er Mitte der neunziger Jahre absolviert, machen ihm nach
eigenem Bekunden klar, dass eine Arbeit als Jurist im engeren Sinne nicht
seine Zukunft sein soll. Ein Praktikum absolviert er in Frankfurt am Main in
der Sozietät Peltzer & Riesenkampff, das andere, in seinen Augen
wichtigere, in New York in der großen Kanzlei Mayer, Brown and Platt. Die
Firma, die heute Mayer Brown heißt, unterhält in New York ihre zweitgrößte
US-Filiale und beschäftigt mehr als 200 Anwälte.
Guttenberg gefällt an der Arbeit für Mayer Brown, dass er als Praktikant voll
eingesetzt wird, an Fällen mitarbeiten kann. Doch Lust an dem Anwaltsberuf
entwickelt er nicht. Im Gegenteil: Die Vorstellung, ein Leben lang als Anwalt
allein die Interessen anderer zu vertreten, sich ganz an die Gedankenwelt
anderer anpassen zu müssen, behagt ihm nicht. Guttenberg kehrt nach München
zurück.
Er entschließt sich, eine
Doktorarbeit zu schreiben, in Bayreuth bei Professor Peter Häberle, den er als
seinen Lehrer schätzt und den er bis heute gelegentlich um Rat fragt. Doch
abschließen kann er seine Doktorarbeit über Jahre nicht. Zwischenzeitlich wird
er Vollzeitpolitiker, zieht 2002 in den
Bundestag ein. Promoviert wird er erst 2007, mit 35 Jahren und
schon nach seinem abermaligen Einzug ins Parlament. Die Arbeit wird mit »summa
cum laude« bewertet, also der höchstmöglichen Benotung. Sie trägt den Titel
»Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in
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