Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
Vom Netzwerk:
jagen oder fischen. Und natürlich ist Karl-Theodor auch Ministrant.
    Der Lebensmittelpunkt der Familie
ist also wieder nicht das fränkische Schloss, sondern der oberbayerische Ferienort
am Eingang des Inntals. Die zweieinhalb Jahre in Guttenberg während der
Grundschulzeit bleiben die einzige Zeit, in der er dauerhaft im Schloss wohnt.
Aufgewachsen ist er aber in Oberbayern. Das hört man dem Politiker Guttenberg
immer noch an. Zwar spricht er ein einwandfreies Hochdeutsch, doch die
Sprachmelodie erinnert nicht an die fränkische Heimat, sondern an die
oberbayerische Wahlheimat.
     
    Ein
Vagabundenleben
     
    Und so ist das Leben des jungen
Guttenberg eine ewige Pendelei zwischen Neubeuern und Guttenberg, unterbrochen
von Aufenthalten in Frankfurt und Eltville, den Städten, in denen Mutter
Christiane wohnt, oder auch bei den Verwandten, etwa bei Tante Michaela
Heereman in Meerbusch. Dass die Eltern oft nicht da sind, hat der junge
Karl-Theodor wohl von Anfang an als normal empfunden - es war eben so. »Mein
Vater war ständig unterwegs«, erinnert er sich. Es sind nicht nur Konzertreisen
mit dem Neubeurer Chor, sondern allerhand andere Verpflichtungen. So hat Enoch
zu Guttenberg 1980 noch den Cäcilienchor in Frankfurt
am Main übernommen, den er bis 1988 leitet.
Das bedeutet ständige Reisen in die hessische Großstadt.
    Die Tätigkeit des Vaters bringt
den Söhnen allerdings auch ungewöhnliche Erlebnisse. Er nimmt sie dann und wann
mit auf Tourneen seines Chors und seiner Orchester, etwa als die
Chorgemeinschaft Neubeuern auf Südamerikareise geht. Damals habe man im Teatro
Colon in Buenos Aires in der Pause Schwarzer Peter gespielt, erinnert sich
Enoch zu Guttenberg. So sieht Karl-Theodor früh andere Städte und Länder. »Meine
Kindheit war ein wunderbares Künstler-Vagabundenleben. Wir nahmen als Kinder an
zahlreichen Tourneen meines Vaters rund um die Welt teil«, sagt Guttenberg im
Herbst 2010 bei einer Rede. Das reine Vergnügen
sind diese Konzertreisen indes für die Jungen nicht. »Der Klang unzähliger
>Matthäuspassionen< schwirrt mir immer noch im Kopf herum. Manchmal
traumatisiert es mich, aber es ist doch ein Stück Heimat«, erinnert er sich.
    Ein Familienleben mit den traditionellen
Vater- und Sohn-Rollen ist der Guttenberg'sche Haushalt nicht. »Wir haben eher
wie Brüder zusammengelebt«, sagt Enoch zu Guttenberg. »Wir waren ein tolles
Trio. Ich kann mich an keine einzige Auseinandersetzung erinnern.« Seine Söhne
hätten schon früh ein wahnsinniges Pflichtbewusstsein gehabt. »Wenn ich abends
wegmusste und gesagt habe, ihr seid um neun im Bett und das Licht ist aus, dann
war das so.« Einen Generationenkonflikt habe man nie gehabt. »Wir waren
unzertrennlich«, sagt Enoch zu Guttenberg.
    Das freilich ist, gelinde gesagt,
eine die Vergangenheit glorifizierende Erinnerung. Denn der Dirigent ist so
oft unterwegs, dass zum alltäglichen Streit wenig Gelegenheit ist. Enoch zu
Guttenberg hat die Söhne ernst genommen. Aber er wollte auch »eisern und
kompromisslos das durchziehen, was ich für richtig hielt«, ihnen das
vermitteln, was er selbst vom Vater vermittelt bekommen hatte. Leitlinie seines
Lebens, so sagt Enoch zu Guttenberg, sei neben dem christlichen Wertekatalog
der »verschränkte Ahnen- und Enkeldienst«, wie ihn Arno Schmidt beschrieben
hat. Dieser Dienst, so zitiert er den Schriftsteller, sei »die Vermittlung des
Vergangenen, um die eigene Gegenwart zu verstehen und aus dieser Einsicht
heraus die Zukunft bewältigen zu können«.
    Das bedeutet auch, dass die Söhne
Pflichten übernehmen und Dinge lernen mussten, die sich für einen Guttenberg gehören.
Wie konsequent, ja hart der Vater das einfordern konnte, zeigt auch eine mit
der Musik verbundene Episode. Einmal will sich Karl-Theodor nicht an den Flügel
setzen, um zu üben. Er klagt über Schmerzen im Arm. Doch der Vater besteht
darauf, dass er weiterübt. Später macht er sich Vorwürfe. Denn es stellte sich
heraus, dass der Sohn sich den Unterarm gebrochen hatte.
    Zu den Pflichten eines Guttenberg
gehört es auch, sich für öffentliche Belange zu engagieren und Position zu
beziehen. Damit das gelingt, gilt es, den öffentlichen Auftritt beizeiten zu
üben. Enoch zu Guttenberg zwingt seine Söhne, bei Begräbnissen von Angehörigen
des Familienbetriebes oder bei Feuerwehrfesten Reden zu halten, so wie er es
selbst als Junge schon machen musste; auch bei Sitzungen in Gremien des Familienunternehmens
ist Karl-Theodor dabei.

Weitere Kostenlose Bücher