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Lohse, Eckart

Lohse, Eckart

Titel: Lohse, Eckart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guttenberg Biographie
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den
USA und der EU«.
    Wie schleppend und wohl auch
quälend langsam die Niederschrift voranging, hat Guttenberg selbst im Vorwort
der Arbeit beschrieben, das in der überambitionierten Sprache verfasst ist, die
er auch als Politiker noch gepflegt hat. Das Vorwort, in dem der humanistisch
gebildete Autor immer wieder um den griechischen Begriff »Kairos«, also den
günstigen Zeitpunkt, der nicht verpasst werden darf, kreist, sei hier
wenigstens teilweise zitiert: »Wie oft wurde der Kairos der Fertigstellung
durch freiberufliche wie später parlamentarische >Ablenkung< versäumt,
bevor die Erkenntnis dieses traurigen Faktums einer bemerkenswerten Mischung
aus eherner professoraler Geduld (wie Liebenswürdigkeit), sanftem, aber
unerbittlichem familiärem Druck und wohl auch ein wenig der beklagenswerten
Eitelkeit weichen durfte. Allzu viele mussten meine verwegene Charakter- und
Lebensmelange ertragen, und ich bin allen überaus dankbar für unbeugsame
Gelassenheit. Gleichwohl: Wirkliche Besserung ist kaum absehbar.« Dass der
Begriff »Kairos« den aufstrebenden Politiker Guttenberg im Jahre 2007 so sehr
beschäftigt, ist bezeichnend. Für seine steile Karriere in den kommenden drei
Jahren hat nicht zuletzt auch das Gespür eine entscheidende Rolle gespielt, den
richtigen Moment für die eine oder andere Entscheidung nicht zu verpassen.
    Guttenberg gibt in der Biographie
auf seiner Internet-Seite an, dass er ab 1994, also mit 22 Jahren, in
der familieneigenen Beteiligungsgesellschaft Guttenberg GmbH in München tätig
war; sie betreibt Anlageberatung für den Besitz der Familie Guttenberg. Später
war er gar geschäftsführender Gesellschafter. Doch hatte die Guttenberg GmbH
nach Angaben von »Creditreform« im Jahr 2000 einen
Umsatz von nur »25 000 Euro geschätzt« und hatte »ca.
drei Beschäftigte«. Guttenberg bestreitet diese Einschätzung, die in der
Sendung »Panorama« verbreitet wurde, nicht. Doch die Guttenberg GmbH sei nur
das Dach einer Unternehmensgruppe - das eigentliche Geschäft finde in den
Tochterunternehmen statt. Er sei damals ziemlich stark in die Arbeit des
Familienunternehmens involviert gewesen. Wie sehr das der Fall war, ist
allerdings schwer auszumachen. Guttenbergs Tätigkeit als Aufsichtsrat der
Rhön-Klinikum AG, die er von 1996 bis 2002 sieben
Jahre lang ausübte und die später als Beleg für seine Qualifikation in
wirtschaftlichen Belangen angeführt wurde, stand nach Einschätzung von
Bekannten allerdings nur auf dem Papier.
    Zweifelsohne übertrieben ist eine
andere Tätigkeit: Guttenberg führt auf seiner Website »Freier Journalist bei
der Tageszeitung >Die Welt< (bis 2002)« an. Das
klingt nach jahrelanger freier Mitarbeit. Tatsächlich handelt es sich um ein
Praktikum im Jahr 2001 im Politikressort der Tageszeitung
aus dem Springer-Konzern. Acht Artikel über sechs Monate verzeichnet das
Archiv für die Zeit vom Mai bis zum Oktober 2001 unter
seiner Autorschaft, vier davon wurden zusammen mit anderen Autoren geschrieben
- nicht gerade viel dafür, dass er nach Aussagen der Autorin Anna von Bayern
angeblich »ein gutes Jahr zunächst Praktikant und dann freier Mitarbeiter« der
Zeitung gewesen sein soll. Von seinen außenpolitischen Interessen
ist in seinen Artikeln wenig zu spüren, auch ein ausgefeilter oder brillanter
Stil ist nicht zu entdecken. Es sind kleine Beiträge, mehrere zum Thema
Zuwanderung; zu diesem Thema hat der Praktikant auch ein Interview mit Jörg
Schönbohm, dem konservativen CDU-Politiker, geführt. Aufgefallen ist Guttenberg
in seinem Praktikum vor allem dadurch, dass er nicht auffiel, schreibt ein
»Welt«-Redakteur später über ihn. Zurückhaltend, ohne scheu zu sein, so sei
Guttenberg gewesen. Der damalige Chefredakteur der »Welt« Wolfram Weimer
erinnert sich daran, dass der Praktikant Guttenberg in »Berlin-untypischen
knickerbockerähnlichen Beinkleidern« auftaucht und alle durch seine
unnachahmliche Höflichkeit beeindruckt. Freitags habe Guttenberg immer
formvollendet um »Dispens« gebeten, da er sich um seinen heimischen
mittelständischen Betrieb kümmern müsse.
    Insgesamt entsteht der Eindruck,
dass Karl-Theodor zu Guttenberg die Zeit bis zum Beginn seiner
bundespolitischen Karriere etwas aufgeblasen hat, um den Eindruck pausenloser
zielgerichteter Geschäftigkeit zu erzeugen. In Wirklichkeit war es wohl eher
so, dass er noch nach dem Weg suchte, den er einschlagen wollte. Dass
Guttenberg nichts werden wollte, was jeder andere auch

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