Lohse, Eckart
einfach mit Ja beantwortet.«
Das sind bemerkenswerte Sätze, die
in der medialen Öffentlichkeit unterschiedliche Reaktionen auslösen. Den einen
missfallen sie, weil sie ihnen als zu pathetisch erscheinen, zu dick
aufgetragen angesichts der besonderen politischen Kultur Deutschlands, das
sich gerade bei allem Militärischen größte Zurückhaltung auferlegt hat. Den
anderen aber gelten sie als Zeichen echter Anteilnahme des Ministers, mehr noch
als ein Signal dafür, dass mit dem Tod deutscher Soldaten in Zukunft anders
umgegangen werden soll als bisher, ehrlicher und öffentlich. Klar ist: Einen
ähnlichen Satz hätte Guttenbergs Vorgänger Franz Josef Jung niemals gesagt.
Die Bekanntgabe des Todes von
Soldaten, die Ankunft von Zinksärgen in der Heimat, die Trauerfeiern mit den
Angehörigen der Gefallenen - all das waren bis dahin Momente, die ein
Politiker in führender Position, allen voran der Verteidigungsminister,
besonders fürchten musste. Glänzen oder beeindrucken konnten Politiker in
solchen Augenblicken nicht, allenfalls die einigermaßen richtigen Worte finden.
Öffentliche Auftritte auf solchen Trauerfeiern galten als gefährliches
Terrain. Und so waren sie in der Vor-Guttenberg-Zeit oft abgeschottete
Veranstaltungen in einem Hangar auf dem Militärflughafen Köln-Wahn.
Mit Guttenbergs Amtsantritt ändert
sich das. Der neue Verteidigungsminister macht aus dem Gedenken an die in Afghanistan
gefallenen Soldaten öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen. In der Kirche in
Selsingen sind die Särge vor großen Schwarzweißfotos der Gefallenen
aufgebahrt. Die Trauerfeier wird im Fernsehen live übertragen, die Zeitungen
berichten ausführlich darüber. Denn nicht nur der Verteidigungsminister ist
gekommen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bisher solche Veranstaltungen
gemieden hat, ist in Selsingen dabei. Sie bricht, nach einiger Kritik an ihrem
vermeintlichen Fernbleiben in der »Bild«-Zeitung, sogar ihren Osterurlaub auf
Gomera ab, um zur Trauerfeier zu kommen. Und hält ebenfalls eine Rede. Sie spricht
nüchterner als Guttenberg, aber dass sie redet, zeigt, dass sie sich dem
unpopulären Thema nicht länger verweigern kann oder will.
Beherrscht freilich wird die Szene
nicht von der Bundeskanzlerin, sondern von Guttenberg. Er steht im Mittelpunkt
des Medieninteresses, er sagt die Worte, die überall wahrgenommen, gesendet
und aufgeschrieben werden. Zwar wird auch von ihm in Berlin berichtet, er habe
an jenem Karfreitag seinen Familienurlaub in Südafrika nicht abbrechen wollen,
sei erst in mehreren Telefonaten vom Kanzleramt dazu überredet worden. Doch
das ist selbstverständlich kein Thema bei der Trauerfeier in der kleinen Kirche
in Selsingen.
Zynisch sei es gewesen, dass die
Aufständischen in Afghanistan ausgerechnet am Karfreitag die Bundeswehrsoldaten
getötet hätten, sagt Guttenberg. Sie wollten damit eine fremde Kultur
verhöhnen, doch verhöhnten sie in Wirklichkeit ihre eigene. Die Getöteten seien
»treue Soldaten und echte Patrioten« gewesen, die »im Namen ihres Landes, also
auch für uns, tapfer und mutig ihren Dienst geleistet« hätten. Was in Kundus
geschehe, so sagt es der Minister in der Kirche, »bezeichnen die meisten
Soldaten verständlicherweise als Krieg - ich auch«.
So kann und will die
Bundeskanzlerin nicht sprechen. Ihre Rede ist nüchterner, bürokratischer, wie
manche finden, aber auch politischer. Doch in der Kriegsfrage folgt sie ihrem
Verteidigungsminister auf halbem Weg. »Im Völkerrecht nennt man das, was in
Afghanistan in weiten Teilen herrscht, einen nichtinternationalen bewaffneten
Konflikt. Die meisten Soldaten nennen es Bürgerkrieg oder einfach nur Krieg.
Ich verstehe das gut«, sagt Angela Merkel. Und auch sie spricht davon, dass
die Soldaten ihr Leben für die Freiheit und Sicherheit Deutschlands gegeben
hätten. »Ich verneige mich vor ihnen. Deutschland verneigt sich vor ihnen«,
sagt die Kanzlerin, die seit ihrem Amtsantritt 2005 erst an
einer einzigen Trauerfeier für gefallene Soldaten teilgenommen hatte - damals
war ein ehemaliger Leibwächter von ihr in Afghanistan ums Leben gekommen. Nun
nennen die Kanzlerin und der Verteidigungsminister mehrfach und demonstrativ
die Namen der drei Toten.
Dass in diesem Frühjahr eine neue
Ära im Umgang der Bundesrepublik mit ihren gefallenen Soldaten begonnen hat,
wird auch zwei Wochen später bei einer Trauerfeier im bayerischen Ingolstadt
klar. Wieder sind vier Bundeswehrsoldaten in Afghanistan
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