Lokalderby
wieder auf.«
»Wie erbärmlich.«
»So sind sie nun mal, Kati. Damit musst du dich abfinden. Habe ich ja schließlich auch.«
Paul wurde auf das Blinken des Anrufbeantworters aufmerksam und drückte den Wiedergabeknopf. Es ertönte die blecherne Stimme einer ihm unbekannten Person. Eine Frau, die sich als Assistentin der Club-Verwaltung meldete: »Guten Tag. Ich rufe im Auftrag von Herrn Bronski, unserem Vorstand, an. Herrn Bronski ist zugetragen worden, dass Sie, Herr Flemming, unautorisiert Fotos im Sanitätsbereich des Stadions gemacht haben. Ohne Fotoerlaubnis unserer Pressestelle ist dies nicht zulässig. Wir bitten Sie deshalb, uns Ihre Aufnahmen auszuhändigen, und Kopien, falls vorhanden, zu löschen. Keinesfalls können wir eine Weitergabe der Fotos an Dritte tolerieren. Wir weisen Sie daraufhin, dass Herr Bronski über das Hausrecht im Stadion verfugt und wir gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten bereit sind. Daher bitten wir Sie, sich unverzüglich mit uns in Verbindung zu setzen, um die Sache zu bereinigen.«
Der Text, den die Frau völlig betonungslos aufsagte, klang wie abgelesen. Als der Anrufbeantworter verstummte, sah Paul Katinka fragend an: »Was, bitte sehr, sollte das denn sein? Haben die beim Club keine anderen Sorgen, als harmlosen Handyfotos hinterherzujagen? Haben die überhaupt das Recht, die Fotos von mir zu verlangen?«
Katinka zog die Stirn kraus. »Seltsam, in der Tat. Aber um deine Frage zu beantworten: Ja, sie haben das Recht. Du darfst nicht einfach überall herumknipsen, ohne dir eine Erlaubnis zu holen.«
»Vielleicht hat dich einer der Anwesenden beobachtet«, spekulierte Katinka und schlug vor: »Werf mal deinen Rechner an und zeig mir noch mal die Aufnahmen. Womöglich löst sich das Rätsel dann.«
Paul tat, wie ihm geheißen. Wenige Minuten später konnten sie die Fotos auf dem Bildschirm seines Laptops anschauen. Paul schenkte zuerst dem Patienten und dann den Personen im Hintergrund seine Aufmerksamkeit, ohne dass ihm etwas Ungewöhnliches auffiel, während Katinka zielgerichtet vorging und bei der dritten Aufnahme fündig wurde: »Da! Das ist er!« Sie drückte ihren Zeigefinger auf den Monitor, deutete auf die Brust eines stattlichen Mannes mit feistem Gesicht und grauen Stoppelhaaren.
»Wer ist das? Etwa Bronski?« Paul sah genauer hin. »Ich kenne den ja nur aus der Zeitung, und da ist er meistens guter Dinge.«
»Auf deinem Foto aber nicht. Eher im Gegenteil. Er starrt ziemlich grimmig in deine Richtung«, erkannte Katinka.
Paul blickte von dem Bildschirm zu seiner Frau auf. »Er hat es also auf mich abgesehen. Was soll ich tun? Ihm die Bilder geben? Dann habe ich wenigstens meine Ruhe.«
Er rechnete damit, dass Katinka diesen Vorschlag begrüßen würde. Denn auch ihren Interessen würde es unter normalen Umständen entgegenkommen, wenn Paul so bald wie möglich aus dem Fall raus wäre. Doch wider Erwarten reagierte sie anders: »Nein, Paul. Diesen Gefallen tun wir Bronski nicht. Erstens lasse ich weder mir noch dir gern drohen. Und zweitens kann ich diesen selbstgefälligen Langzeitvorstand nicht ausstehen. Wir tun erst mal gar nichts und warten ab, ob er den Mumm und die Ausdauer hat, sich noch einmal zu rühren.«
»Verstehe ich dich richtig?«, hinterfragte Paul sehr überrascht. »Wir tun nichts?«
Katinka machte Anstalten zu nicken, verharrte jedoch in der Bewegung: »Nein, Paul. Ich habe es mir anders überlegt: Lass uns ein wenig Staub aufwirbeln! Solange weder die Kripo noch die Gerichtsmedizin erkennbare Fortschritte machen, könntest du ein bisschen Detektiv spielen.«
Paul sah seine Frau bass erstaunt an. »Was meinst du? Ich soll Nachforschungen anstellen? Sonst sagst du immer, dass ich mich raushalten soll. Warum der Meinungswechsel?«
Katinka lächelte ihn zuversichtlich an: »Weil du mir in der Vergangenheit oft genug geholfen hast und ich mittlerweile einsehe, dass an dir ein begabter Kriminaler verloren gegangen ist.«
»Echt? Findest du?« Paul fühlte sich geschmeichelt.
»Und – um dir nichts vorzumachen – ich halte die Geschichte mit Busfahrer Buggi für nicht allzu komplex und außerdem für ungefährlich. Am Ende wird sich wahrscheinlich heraussteilen, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist und all der Wirbel umsonst war. Darum gönne ich dir den Spaß.«
Pauls Freude wich Ernüchterung. »Ach so. Na dann. . .« Sie ließ ihn seinem Spieltrieb frönen, mehr nicht.
»Wo beginnst du mit deinen Recherchen?«,
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