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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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dem Durchfall nicht besser wird. Ich hatte vorhin einen Anruf, da hat nur jemand Ah gesagt und aufgelegt. Gestern auch.
    Veronika schweigt einen Moment. Das warst du nicht, oder?
    Hanns kommt sich auf einmal fürchterlich albern vor. Wie er hier sitzt mit runtergelassener Hose in dieser stinkenden Kabine und mit seiner Frau spricht.
    Ich würde dich nie anrufen und nur Ah am Telefon sagen. Und gestern hatte ich kein Telefon dabei. Was soll der Quatsch?
    Veronika schweigt. Ich weiß nicht. Es war nur seltsam, und ich dachte, du machst einen Scherz mit mir. Aber das ist Unsinn. Jetzt, wo ich es sage. Wir haben ja schon ewig keine Scherze miteinander gemacht.
    Da sei Gott vor, denkt Hanns und versucht, sich mit einer Hand die Hose hochzuziehen. Jetzt führen wir ein Beziehungsgespräch, und an allem ist der Durchfall schuld. Er klemmt sich das Handy zwischen Schulter und Ohr und zieht den Reißverschluss hoch.
    Vroni, ich weiß nicht, was los ist, aber ich mach mich |65| jetzt erst mal auf den Weg, kaufe Wein und komme dann nach Hause. Bleib einfach da und warte auf mich. Und nimm das Telefon nicht ab, wenn dich die Ah-Sager stören.
    Veronika schweigt, und Hanns legt auf. Er wäscht sich im Vorraum die Hände und sieht im Spiegel, dass im rechten Augenwinkel noch ein Rest Eyeliner zu sehen ist. Ein winziger schwarzer Strich, der sich in einer Falte versteckt hat. Er rubbelt mit dem rechten Zeigefinger, aber das Zeug ist hartnäckig. Also lässt er es und geht raus. Auf dem Gang trifft er die Sekretärin. Sie lächelt ein wenig unsicher. Warum ist der Kerl noch da? Hanns lächelt zurück und sagt: Ich finde Rammstein auch ziemlich gut. War letztes Jahr beim Konzert.
    Das Gesicht der Sekretärin wird jünger und heller. Da hätten wir uns ja vielleicht schon kennenlernen können.
    Ja, das wäre doch nett gewesen. Wenn wir uns hier in Ihrem Sekretariat wiedererkannt hätten. Zwei Rammstein-Fans. Hanns winkt und lächelt und dreht sich noch einmal um, als die Schritte der Frau hinter seinem Rücken verhallen.
Sie wird sich nicht an mich verschwenden, ich weiß
, singt er leise vor sich hin und fühlt sich schon viel besser. Der Darm scheint Ruhe zu geben. Das ist gut. Dann kann er jetzt Weißwein kaufen und zu Veronika gehen. Und vielleicht vermessen sie ja heute Abend ihre wichtigsten Körperteile, wie er es früher manchmal genannt hat. Als die Zeiten noch richtig gut waren, für ihn und Veronika. Als sie noch leicht und locker über Sex reden konnten und ihre kleinen Codes hatten für dieses und jenes Spiel. Wenn sie nur will, flüstert Hanns, überlebe ich auch Frankenburg. Sie muss es nur wollen. Und dann erinnert er sich an das Heizkissen. Verdammt. Sie blutet. Wenn sie mich nicht belogen hat gestern Abend, dann blutet sie. Das kommt ihm in diesem Moment wie |66| der schlimmste Verrat aller Zeiten vor. Er steht unten vor dem Redaktionsgebäude und ist wütend. Drecksfotze, flüstert er und weicht erschrocken vor seiner Wut zurück. Dass er so dämlich sein kann. Und sich freut auf einen Abend, der nicht stattfinden wird. Die führen mich alle an der Nase rum. Die sind alle gegen mich. Denen werde ich noch zeigen, wo es langgeht. Denen zeige ich die Instrumente, blase ich den Marsch, mache ich einen Einlauf, die mache ich fertig, die sind bald reif für die Insel, die tun wie Graf Koks von der Gasanstalt.
    Hanns läuft los und lässt es krachen. Zumindest verbal. Ihm fallen so viele dumme Sprüche ein, dass es für den ganzen Weg bis zu einem Weinladen reicht. Dann ist er ausgelaugt und fertig. Greift nach der erstbesten Flasche, nimmt eine zweite dazu, zahlt und geht. Von der Bahnfahrt bleibt ihm kaum etwas in Erinnerung. Nur, dass ihn mindestens zehn Bettler und Schnorrer um ein bisschen Kleingeld angehauen haben. Ein paar haben Musik gemacht, grauenvolle Musik meist. Bis auf einen, der versuchte, Dylan zu imitieren. Gar nicht schlecht. War der Einzige, dem er einen Euro in den Becher schmiss. Die anderen hätte er lieber alle erwürgt.
    Hanns steigt eine Station eher aus der S-Bahn und läuft den ganzen Weg nach Hause, sechs Stationen mit der Tram wären es gewesen. Aber er läuft und trampelt sich die Wut aus dem Bauch. Da kann Veronika nichts dafür, denkt er, sie sucht sich das nicht aus mit diesen beschissenen Blutungen. Das stört die genauso wie mich. Vielleicht blutet sie ja noch immer so schlimm, weil wir mit dem Kind nicht durch sind. Das ist es. Hanns bleibt stehen und guckt in das winzige Schaufenster

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