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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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Erkältung im Bett gelegen, seinen Wagen zur Reparatur in irgendeiner Werkstatt gelassen habe und am 4, Juli abgereist sei. Ja, ein Mädchen namens Ann Lore habe früher hier gearbeitet, sei aber jetzt mit einem Lebensmittelhändler in Cedar City verheiratet. Während einer Mondnacht lauerte ich Mary in einer- einsamen Straße auf: einer Roboterin in weißen Krankenschwesternschuhen, die im Begriff war loszuschreien, die zu vermenschlichen mir jedoch einfach dadurch gelang, daß ich auf die Knie fiel und sie mit frommem Winseln um Hilfe anflehte, Sie habe keine Ahnung, schwor sie. Wer war dieser Gratiano Forbeson? Sie schien zu schwanken. Ich zückte einen Hundertdollarschein, Sie hob ihn in das Licht des Mondes. «Er ist Ihr Bruder», wisperte sie endlich. Ich riß ihr den Schein aus der mondkalten Hand, spuckte einen französischen Fluch aus und rannte davon. Ich lernte daraus, mich nur auf mich selber zu verlassen. Kein Detektiv konnte die Hinweise entdecken, die Trapp auf meine Art zu denken und auf mein Wesen abgestimmt hatte. Ich konnte natürlich nicht erwarten, daß er jemals seinen richtigen Namen und seine richtige Adresse hinterlassen hatte; ich erwartete jedoch, daß er auf dem Glatteis seiner Spitzfindigkeit ausglitte, indem er es wagte, einen reicheren, persönlicheren Farbton aufzutragen als unbedingt erforderlich, oder indem die qualitative Summe quantitativer Einzelheiten, die zu wenig verrieten, schließlich zu viel verriete. In einem hatte er Erfolg: Es gelang ihm, mich und meinen hämmernden Gram völlig in sein dämonisches Netz zu verstricken. Mit unendlicher Geschicklichkeit schwankte und wankte er und fand sein Gleichgewicht dann unbegreiflicherweise doch wieder und hielt so in mir die sportliche Hoffnung am Leben - wenn ich für Verrat, Wut, Verzweiflung, Grauen und Haß ein solches Wort verwenden kann -, er werde sich beim nächsten Mal denn doch verraten. Er tat es nie - obgleich er oft verdammt nahe daran war. Wir alle bewundern den Akrobaten im Paillettenkostüm, der im Puderlicht der Scheinwerfer mit klassischer Anmut und Präzision auf seinem Drahtseil balanciert; aber wie viel mehr Kunst gehört dazu, auf einem schlaffgespannten Seil in Vogelscheuchenlumpen den grotesken Betrunkenen zu mimen! Gerade ich sollte das wissen.
    Die Indizien, die er hinterließ, verrieten seine Identität nicht, warfen aber Licht auf seine Persönlichkeit -oder wenigstens auf eine gewisse homogene und auffallende Persönlichkeit; seine Art, sein Sinn für Humor -zumindest, wenn er auf der Höhe war -, die Tonart seines Geistes hatten eine gewisse Verwandtschaft mit mir. Er imitierte und persiflierte mich. Seine Anspielungen waren entschieden raffinierter Art. Er war belesen. Er konnte Französisch. Er verstand sich auf Logo-dädalie und Logomantie. Er war ein Liebhaber von Erotika. Er konnte wohl seinen Namen wechseln -doch seine eigentümlichen t's, w's und l's konnte er nicht verstellen, wie schief er sie auch machte. «Quel-quepart Island» war einer seiner beliebtesten Wohnorte. Er benutzte keinen Füllfederhalter, und wie jeder Psychoanalytiker Ihnen sagen wird, bedeutet das, daß der Patient ein verdrängter Undinist war. Die Menschenliebe gebietet uns, ihm zu wünschen, daß es im Styx Wassernymphen gibt.
    Der vorherrschende Zug seines Wesens war die Lust an der quälenden Verrätselung. Himmel, wie sehr genoß es der arme Tropf, mich zu hänseln! Er zog meine Bildung in Zweifel. Ich bin stolz genug darauf, etwas zu wissen, um bescheiden zugeben zu können, daß ich vieles nicht weiß; und ich muß gestehen, daß mir bei dieser kryptogrammatischen Schnitzeljagd gewisse Elemente entgingen. Welch ein Triumph- und Haßschauer durchzuckte mein geschwächtes Gebein, wenn mir unter den einfachen, unschuldigen Namen in den Hotelregistern der Sinn seines teuflischen Puzzles ins Gesicht ejakulierte! Sooft er spürte, daß - selbst für einen Experten wie mich - seine Rätsel zu dunkel wurden, köderte er mich wieder mit einem leichten. «Arsène Lupin» lag für einen Franzosen, der sich an die Detektivgeschichten seiner Jugend erinnert, auf der Hand; man brauchte kaum ein Coleridge-Kenner zu sein, um den banalen Witz von «A. Person, Porlock, England» zu begreifen. Schrecklich geschmacklos, aber sehr wohl Kennzeichen eines gebildeten Mannes - keines Polizisten, keines gemeinen Schwachkopfes, keines geilen Vertreters - waren angenommene Namen wie «Arthur Rainbow», offenbar der travestierte Verfasser von Le

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