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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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    Also, die Miranda-Zwillinge hatten jahrelang im selben Bett geschlafen, und Donald Scott, der größte Dummkopf der Schule, hatte es mit Hazel Smith in der Garage seines Onkels gemacht, und Kenneth Knight-der Klügste - hatte sich entblößt, wo und wann immer sich eine Gelegenheit bot, und ...
    «Jetzt zu Camp Q», sagte ich. Und prompt erfuhr ich die ganze Geschichte.
    Barbara Burke, eine stämmige Blondine, zwei Jahre älter als Lo und bei weitem die beste Schwimmerin des Camps, hatte ein ganz besonderes Kanu, das sie mit Lo teilte, «weil ich das einzige Mädchen außer ihr war, das die Weideninsel schaffte» (irgendein Schwimmtest, denke ich mir). Den ganzen Juli hindurch, jeden Morgen - beachten Sie, Leser, jeden verdammten Morgen -hatte der dreizehnjährige Charlie Holmes, Sohn der Camp-Leiterin und einziges männliches Wesen auf Meilen im Umkreis (abgesehen von einem zahmen, stocktauben alten Hilfsarbeiter und einem Farmer in einem alten Ford, der, wie Farmer so sind, den Kindern im Camp Eier verkaufte), den beiden Mädchen, Barbara und Lo, das Boot zum Onyx oder Eryx (zwei kleine Waldseen) tragen helfen; jeden Morgen, o Leser, schlugen die drei Kinder eine Abkürzung ein, quer durch das schöne, unschuldige Dickicht voll von all den Emblemen der Jugend, Tau, Vogelsang, und an einer bestimmten Stelle im üppig wuchernden Unterholz wurde Lo als Wache zurückgelassen, während Barbara und der Junge hinter einem Busch kopulierten.
    Zuerst hatte Lo sich geweigert, «es mal auszuprobieren» , aber Neugier und Kameraderie überwogen, und bald trieben sie und Barbara es abwechselnd mit dem grobschlächtigen, griesgrämigen, aber unermüdlichen Charlie, der ebensoviel Sexappeal hatte wie eine rohe Mohrrübe, aber eine faszinierende Sammlung von Verhütungsmitteln vorweisen konnte, die er aus einem dritten nahe gelegenen See herausfischte, einem erheblich größeren und besuchteren, Lake Climax genannt, nach der prosperierenden jungen Fabrikstadt gleichen Namens. Obwohl sie zugab, daß es «irgendwie ganz witzig» und «gut für den Teint» gewesen war, hegte Lolita erfreulicherweise die größte Verachtung für Charlies Mentalität und Manieren. Auch war ihr Temperament durch diesen schmutzigen Satan nicht geweckt worden. Ich glaube im Gegenteil, daß er es, der «Witzigkeit» zum Trotz, eher gedämpft hatte.
    Mittlerweile war es fast zehn. Mit dem Abebben der Lust überkroch mich ein aschiges Gefühl des Entsetzens, dem die realistische Trübnis eines grauen, neuralgischen Tages Vorschub leistete, und summte in meinen Schläfen. Lo, braun, nackt, zerbrechlich, stand, die Arme in die Seiten gestemmt, ihren schmalen weißen Hintern mir, ihr brummiges Gesicht einem Türspiegel zugewandt, die Füße (in neuen Pantoffeln mit Miezekatzaufsätzen) weit gespreizt, und schnitt ihrem Spiegelbild unter einer überhängenden Locke hervor eine banale Fratze. Vom Korridor her drangen die gurrenden Stimmen der farbigen Zimmermädchen, die bei der Hausarbeit waren, und gleich darauf wurde ein zaghafter Versuch gemacht, unsere Tür zu öffnen. Ich schickte Lo ins Badezimmer, um eine dringend notwendige Seifendusche zu nehmen. Das Bett war ein grauenvolles Durcheinander mit Obertönen von Kartoffelchips. Sie probierte ein zweiteiliges, marineblaues Wollkleid an, dann eine ärmellose Bluse mit einem wirbelnden gittergemusterten Rock, aber das eine war zu eng und das andere zu weit, und als ich sie zur Eile drängte (die Situation fing an, mir aiigst zu machen), schleuderte Lo meine netten Geschenke gemeinerweise in eine Ecke und zog das Kleid von gestern an. Als sie endlich fertig war, schenkte ich ihr ein wunderhübsches neues Geldtäschchen aus imitiertem Kalbsleder (in das ich eine Menge Kupfergeld und zwei münzfrische Zehner hineingesteckt hatte) und sagte ihr, sie solle sich in der Halle eine Illustrierte kaufen.
    «Ich komme auch gleich runter», sagte ich. «Und wenn ich du wäre, mein Liebes, dann würde ich nicht mit Fremden sprechen.»
    Außer meinen armen ldeinen Gaben war nicht viel zu packen; ich sah mich aber gezwungen, eine gefährliche Menge Zeit (stellte sie unten etwas an?) damit zu verbringen, das Bett so herzurichten, daß es nach dem verlassenen Nest eines ruhelosen Vaters und seines Wildfangs von einem Töchterlein aussah und nicht nach den Saturnalien eines entsprungenen Zuchthäuslers mit zwei fetten alten Huren. Dann zog ich mich fertig an und klingelte, damit der altersgraue Hausknecht das Gepäck

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