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London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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talentiert.
    Schoss ein unbeschreibliches Tor aus dem Mittelfeld heraus.
    Neben mir sagte ein Mann:
    »Den haben sie entdeckt.«
    »Wie bitte?«
    »Den Jungen, der geht nächste Saison nach Middlesborough.«
    Aus vollster Überzeugung sagte ich:
    »Der hat großes Talent.«
    »Ja, Fußball ist sein Leben, wenn Sie dem den Ball wegnehmen, hört der auf zu existieren.«
    Danach flaute das Spiel ab. Ich wartete. Endlich gingen die Zuschauer. Nur Beckham nicht. Er spielte weiter, dribbelte, sprintete, völlig vertieft in seinen Fußballtraum. Der schwarze Junge wartete, Langeweile breitete sich aus.
    Und los.
    Ich stand auf, streckte mich, sah mich um. Kein Mensch mehr da. Lässig näherte ich mich dem Möchtegern-Beckham. Er sah mich nicht mal kommen. Ich zog die Glock und schoss ihm von hinten in beide Knie.
    Vier Mal.
    Dann direkt rüber zu dem schwarzen Jungen, dem buchstäblich die Kinnlade heruntergeklappt war, und steckte ihm den Lauf in den Mund, sagte:
    »Diesmal nicht, aber bald.«
    Dann ging ich. Nahm den 3er-Bus hinten am Kennington Park und war zwei Minuten später auf der anderen Seite der Lambeth Bridge.
    Als sich der Bus dem Embankment näherte, oben in Westminster, ging mir der Hendrix-Song durch den Kopf, ich war am ganzen Körper schweißgebadet.
    »Hey Joe.«
    Ich kam nach Hause. Adrenalin bis unter die Haarspitzen. Schwankte zwischen einem absoluten High und Kälteschauern. Dachte immer wieder: »Also gut, wenn du jemanden umbringen willst, zielst du einfach höher.«
    Gott. Der Rausch, als ich mir die Schüsse auf Beckham noch mal vergegenwärtigte. So verflucht einfach.
    Schwierig war es nur, nach vier Schüssen aufzuhören. Ich hatte doch gerade erst angefangen. Mann, allmählich verstand ich, was an Waffen so verführerisch war.
    Ich sah auf die Uhr, zwei Stunden bis zum Treffen mit Gant. Musste mich in den Griff kriegen, abregen. Ich drehte einen Joint, einen großen, nuschelte: »So groß wie ne Schultüte.« Machte ein Bier auf und kam langsam runter.
    Ein paar tiefe Züge, und ich entspannte mich.
    Stellte mich unter die Dusche und drehte sie so kalt, wie’s ging, schrie:
    »Scheiße ... ich werde tiefgefroren!«
    Erinnerte mich an die erste Woche im Knast, als sie den »Zug« mit mir machten. Acht oder neun Kerle, die’s mir besorgt haben, überall war Blut und ich dachte ... »ich werd’s lernen«.
    Und das tat ich.
    Kam aus der Dusche, schüttelte das Wasser und die Erinnerungen ab.
    Eindruck schinden. Genau.
    Ich zog eine von den Gap-Khakis an, einen blauen Pulli von Boss und den Blazer.
    Dachte: »Phil Collins lebt.«
    Ich war startklar, wollte nur noch den Joint zu Ende rauchen, als das Telefon klingelte. Ich nahm ab, sagte:
    »Ja?«
    »Mitch, hier ist Briony.«
    »Hallo, Schwesterherz.«
    »Geht’s dir gut?«
    »Was?«
    »Du klingst komisch.«
    Scheiße, wenn man den Tag damit verbringt, auf junge Fußballtalente zu schießen, klingt man schon mal komisch. Ich sagte:
    »War was?«
    Ich konnte meine Gereiztheit nicht verbergen.
    »Ich bin verknallt, Mitch.«
    »Schön für dich.«
    »Du klingst sauer, Mitch.«
    »Ich freu mich für dich, Bri, okay?«
    »Drei Orgasmen hatte ich mit ihm.«
    Was dreimal mehr war, als ich wissen wollte. Ich sagte:
    »Ach.«
    »Bist du sauer, Mitch? Sauer wegen der Rassenschande?«
    »Was?«
    »Ein Kaukasier wäre mir lieber gewesen, aber es ist Karma.«
    Mir fielen tausend gemeine Bemerkungen ein, aber ich sagte:
    »Freu dich, Bri.«
    »Unseren ersten Jungen werden wir nach dir benennen.«
    »Danke, Bri.«
    »Hab dich lieb.«
    »Ich dich auch.«
    Und sie legte auf.
    Mal ganz im Ernst, wie kann man nach so einem Anruf glauben, dass das Leben einen Sinn hat?
    Kam kurz vor acht in Covent Garden an. Vor dem Browns stand ein Türsteher. Bevor er sein Nazispiel mit mir abziehen konnte, sagte ich:
    »Mr. Gant erwartet mich.«
    »Treten Sie bitte ein, Sir.«
    Die Einrichtung war gediegen und im Regency-Stil gehalten. Am Empfang brachte ich erneut meinen Gant-Spruch und wurde gebeten, ins Speisezimmer durchzugehen.
    Nur wenige Gäste und an einem Fenstertisch der Mann höchstpersönlich.
    Er stand auf, um mich zu begrüßen. Er trug einen grauen Anzug, sah nach Erfolg aus. Schüttelte mir herzlich die Hand, sagte:
    »Ich freue mich, dass Sie es einrichten konnten. Es gibt zwei Browns in Covent Garden, sagen Sie mir, woher Sie wussten welches?«
    »Vor dem anderen steht kein Türsteher.«
    Er lachte leise, fragte:
    »Ein Aperitif vor dem Essen?«
    A Drink before

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