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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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Nathan tauschten bereits viel sagende Blicke miteinander, als Frances » Margret Randall « sagte.
    » Nach allem, was du mir vorhin erz ä hlt hast, glaube ich nicht, dass du ausgerechnet dort ü bernachten m ö chtest « , sagte Henri und best ä tigte damit einige der Dinge, die Frances ü ber Madam Margrets Haus bisher nur vermutet hatte. Er richtete den Sitz seines Justaucorps, straffte die Schultern, und als ob ihn das zu einem anderen Menschen gemacht h ä tte, ver ä nderte sich auch der Ton seiner Stimme. » Wie dem auch sei, Mademoiselle. Sie sollten sich bis morgen gr ü ndlich ü berlegen, ob Sie bei der Dame logieren m ö chten. Bis dahin w ä re es mir eine Ehre, Ihnen Unterkunft zu gew ä hren. Denn ich habe in der Tat das Gef ü hl, Ihnen einen Gefallen schuldig zu sein. «
    Ein L ä cheln blitzte in seinem Mundwinkel auf. Er ignorierte Nathans kritischen Gesichtsausdruck und stolzierte, ohne seinem Bekannten weitere Beachtung zu schenken oder gar auf diesen und Frances zu warten, in die Nacht hinein. Der Silberknauf seines Spazierstockes sandte wie ein Leuchtfeuer kleine Lichtblitze in die Dunkelheit.
    Neben Frances seufzte der Constable. Dann machte er eine auffordernde Handbewegung zu ihr hin. Er ahmte perfekt Henris gek ü nstelten Tonfall nach, als er sagte: » Nach Ihnen, Mademoiselle. «

Kapitel 5

    E s kostete ihn Kraft, seine Fassade aufrechtzuerhalten, bis sie den Coral Court erreichten. Henrys Rippen protestierten gegen jeden Schritt, den er machte, und sein Kopf wurde von einer Schicht dumpfer Benommenheit ausgef ü llt.
    Nathan hatte wiederholt versucht, mehr aus ihm herauszubekommen, als die wenigen Worte, die er bisher ü ber den Vorfall verloren hatte. Aber was sollte er mehr dar ü ber sagen? Dass er nun schon so heruntergekommen war, dass er seinen Lebensunterhalt nicht nur in billigen Tavernen verdienen, sondern auch direkt an einen Feind aus der Vergangenheit abtreten musste? Er war nicht stolz darauf, die wenigen Shillinge, die in seiner Rocktasche klimperten, nicht an Ross ’ Schl ä ger verloren zu haben. Sie waren das dreckigste Geld, das er seit Langem verdient hatte.
    » Und du kannst die Kerle nicht beschreiben? « , hakte Nathan erneut nach.
    » Nein. Sie waren zuf ä llig am selben Ort wie ich « , wiegelte Henry ab. » Ich muss wohl den Eindruck erweckt haben, es lohne sich, mir aufzulauern. « Er ging jeden Abend perfekt gekleidet aus dem Haus; aus wohlhabenden Tagen hatte er einige gute Anz ü ge retten k ö nnen. Zum Gl ü ck nahm Nathan ihm seine Geschichte ab.
    Allzu viel wusste Nathan ohnehin nicht ü ber ihn. Sie hatten sich vor wenigen Wochen an einem besonders schlechten Abend in Tom King ’s Kaffeehaus auf der Piazza kennen gelernt, als Henry in einem Anflug von Wahnsinn, nach einem Tag ohne Kundschaft, sein letztes Bargeld beim Farospiel verprasst hatte. In der Spelunke hatten sie bei unz ä hligen, von Nathan bezahlten Runden Gin die Schlechtigkeit der Welt beklagt und schlie ß lich festgestellt, dass Henry schon f ü r den Handelskontor von Nathans Onkel, der ein reicher Tee- und Kolonialwarenh ä ndler war, am Hafen gegen einen Hungerlohn Kisten geschleppt hatte.
    Seitdem waren sie sich immer wieder ü ber den Weg gelaufen, ganz so als verfolgte das Schicksal damit einen unausweichlichen Plan. Nat ü rlich wusste Nathan, womit Henry ü blich sein Geld verdiente. Auch wenn er es sich selbst hatte zusammenreimen m ü ssen, denn freiwillig hatte es ihm Henry nicht verraten. Der Constable war ihm in der letzten Zeit so etwas wie ein guter Freund geworden, und Henry konnte sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt so einen gehabt hatte. Es war besser, f ü r Nathan Henri zu bleiben: unnahbar, adrett gekleidet und von hunderten dunkler Geheimnisse umgeben.
    Er bem ü hte sich, einen Schritt vor Nathan und dem M ä dchen zu gehen und aufrecht Fu ß vor Fu ß zu setzen. Aber seine Faust ballte sich um die M ü nzen in seiner Tasche, und er fragte sich, ob es mit den Dem ü tigungen nach Ross ’ Auftritt – seinen letzten beiden Kunden, den Kerlen, die ihn verdroschen hatten und seiner Errettung durch die Kleine – f ü r heute erledigt war. Seine Muskeln mussten sich gegen ihn verschworen haben, sie setzten alles daran, ihn nach unten zu ziehen, aber er w ü rde den Teufel tun und sich wieder an das M ä dchen klammern. Henri Nicolas tat so etwas nicht.
    Es war peinlich genug, dass sie ihm ü berhaupt hatte helfen m ü ssen. Ihr ein Quartier in seiner

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