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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Harris
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Aufmerksamkeit der Leute auf sich.«
    Sie schaute ihn merkwürdig an und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Belsey ging zur Gegensprechanlage neben der Haustür. Der Bildschirm zeigte einen eleganten jungen Mann mit randloser Brille, der einen teuren Mantel trug und sich eine Zeitung über den Kopf hielt. Hinter ihm auf der Straße stand ein Audi-Cabrio mit eingeschalteter Warnblinkanlage. Der Mann schaute immer wieder nervös zur Straße. Der Re gen prasselte auf die Gläser seiner randlosen Brille. Er sah nicht so aus, als stünde er rein zufällig vor dem Haus.
    Belsey griff nach Devereux’ Brieftasche und nahm den arabischen Zeitungsausschnitt heraus. Er betrachtete den blonden Mann links auf dem Foto. Dann schaute er wieder auf den Bildschirm der Gegensprechanlage. Schwer zu sagen, aber das könnte der Mann sein, dachte Belsey. Belsey ging ins Wohnzimmer und wartete. Schließlich hörte er, wie der Motor des Audi angelassen wurde. Als er wieder auf den Bildschirm schaute, war der Mann verschwunden.
    Belsey ging in Devereux’ Arbeitszimmer und hielt den Zeitungsausschnitt unter das Licht der Schreibtischlampe. Die beiden Männer grinsten ihn an. Das Bild war oben abgeschnitten, aber im Hintergrund konnte man blauen Himmel, Gebäudespitzen, Bürohäuser, Kirchtürme sehen. Sie waren also nicht im Nahen Osten. Sah aus wie London. Am Bildrand war Mauerwerk zu sehen, als stünden sie im Eingang einer Kirche, von der man einen Blick über die Stadt hatte.
    Belsey lehnte sich zurück. Es sah so aus, als würden sich die Besitztümer des Toten zusammentun, um ihm etwas zu sagen. Die Kunstwerke, die Werbepost und die nackten Zweige, die gegen die Fenster klatschten, schienen ihm etwas mitteilen zu wollen, eine dringende Botschaft, die er aber nicht entziffern konnte.
    Belsey ging wieder ins Schlafzimmer und sah im Dunkeln das silberne Weiß in Charlottes Augen.
    »Wer war das?«, fragte sie.
    »Niemand«, sagte Belsey. Sie zog die Bettdecke höher. Er machte behutsam die Tür zu, ging wieder nach unten und legte sich auf den Boden. Er spürte, wie ihm seine und Devereux’ Lügen immer näher zu Leibe rückten.

19
    Belsey wachte früh auf. Durch den Spalt zwischen den Vorhängen konnte er sehen, dass es noch dunkel war, noch vor sechs. Der Morgen nach einem One-Night-Stand und die stromstoßartige Erinnerung daran. Er ging nach oben ins Schlafzimmer. Charlotte schlief noch. Ein nacktes Bein lag auf der Bettdecke. Er ging wieder nach unten in die Küche, setzte Kaffee auf und versuchte, nicht an seine Träume zu denken. Dennoch tauchten Bilder vor seinem geistigen Auge auf: von Gower, von Northwood, von einem Wald. Sie tru gen keine Uniform, sondern Freizeitkleidung. Sie trugen Spaten und steuerten ein Ziel an. Träumte Northwood jemals von ihm, fragte sich Belsey. Wie erschien er in Northwoods Träumen? Wie erschien er ihm, wenn er erst mal geflohen war? Seltsam, dachte er, dieser Teil unserer Existenz, der sich in den Träumen anderer Menschen abspielte.
    In der Küche kannte Belsey sich inzwischen aus. Er hatte sich eingelebt. Er hatte Sex in dem Haus gehabt. Er hatte nicht nur einfach Sex hier gehabt, er hatte es als Köder benutzt. Wenn das keine Bestätigung seines Hausrechts war, was dann? Heute musste er mit dem Verkauf von Gegenständen aus Devereux’ Besitz sechstausend Pfund einnehmen, um die finanzielle Infrastruktur für die Abräumung der Konten des Toten zu schaffen. Er hatte so ein unbestimmtes Gefühl, dass er nicht mehr lange in dem Haus bleiben konnte. Im Idealfall war das Vereinigte Königreich für ihn bei Sonnenuntergang Vergangenheit, wahrscheinli cher war jedoch, dass er sich noch bis zum nächsten Morgen versteckt halten musste. Belsey ging in die Eingangshalle und sah Charlotte die geschwungene Treppe herunterkommen. Sie trug einen von Devereux’ Morgenmänteln und lächelte verschlafen.
    »Ich liebe diese Treppe«, sagte sie. »Was für eine Art, den Tag zu beginnen.«
    »Manchmal rutsche ich auf dem Geländer nach unten«, sagte Belsey. »Es ist noch früh.«
    »Wie viel Uhr ist es?«
    »Kurz nach sechs. Warum schläfst du nicht noch ein bisschen?«
    »Ich bin wach. Schätze, ich gehe nach Hause und ziehe mich vor der Arbeit noch um.«
    »Wie wär’s vorher mit einer Tasse Kaffee?«
    Sie ging auf ihn zu. Er wusste nicht, was sie vorhatte. Sie küsste ihn auf die Wange. Dann setzte sie sich auf einen Hocker an der Frühstückstheke und trank ihren Kaffee. Draußen war es noch dunkel, die

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