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London NW: Roman (German Edition)

London NW: Roman (German Edition)

Titel: London NW: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zadie Smith
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mich gerade so richtig für dich. Du bist der Grund, dass wir nicht weiter sind, als wir gerade sind. Eine Schande ist das. Eine Schande!
    Ja ja ja ja ja ja ja ja ja. Sagte der Junge. Das Mädchen lachte.
    Findest du das etwa witzig? Sagte die Rastafrau. Lach nur weiter, sista. Was glaubst denn du, wo das hinführt? Fragte die Rastafrau das Mädchen.
    Ich? Aber ich hab doch gar nix damit zu tun! Was hab denn ich damit zu tun?
    Nichts. Sagte Natalie. Nichts. Nichts. GAR NICHTS .
    Mummy, hör auf zu schreien! Sagte Naomi.
    Natalie wusste gar nicht, warum sie schrie. Sie fürchtete bereits, dass sie sich gerade blamierte.
    Ihr tut mir wirklich leid. Sagte ein bisher unbeteiligter Inder, der sich in den Kreis der Ankläger eingereiht hatte. Offensichtlich seid ihr sehr unglückliche, unzufriedene junge Leute.
    Ach du liebe Zeit, bloß nicht die Leier! Rief das Mädchen.
    Der junge Weiße, mit dem sie dort lümmelte, musterte die wachsende Versammlung und riss die Augen weit auf. Er fing an zu lachen.
    Ihr seid echt zum Brüllen. Sagte er.
    Wie ist das jetzt überhaupt so weit gekommen? Fragte das Mädchen lachend. Ich sitz hier nur rum und chille! Was hab ich damit zu tun. Mensch, Marcus, du bist hier das Opfer. Hier geht’s um dich. Und ich find mich plötzlich in der Jeremy-Kyle-Show wieder.
    Wieso lachen Sie? Fragte die ältere Dame, die Weiße, die jetzt auch bei den anderen am Karussell stand. Ich finde das nicht besonders witzig.
    Oh Mann, jetzt wird’s aber langsam öde. Sagte das Mädchen. Jetzt ist die auch wieder da. Mütterchen Hubbard schlägt zurück. Was für ’ne Wahnsinnsscheiße!
    So ’n Aufstand? Meinte Marcus. Wegen ’ner Kippe. Ist es das wirklich wert? Setzt euch mal alle zurück auf eure Plätze und kommt wieder runter. Kümmert euch um euren eigenen Scheiß. Setzt euch hin, Leute.
    Spinner. Sagte das Mädchen.
    Mach sie doch einfach aus, Mann. Sagte Natalie. Es war lange her, seit sie zuletzt einen Satz mit »Mann« beendet hatte.
    Ey, Marcus. Sagte das Mädchen. Mach bitte die Kippe aus, damit die Frau da endlich Ruhe gibt. Das wird langsam echt albern.
    Sie sollten sich was schämen. Sagte die ältere Dame.
    Ich wollte ja ein Gespräch mit euch führen. Sagte die Rastafrau. Ein Gespräch unter Erwachsenen, um euren Standpunkt zu verstehen. Aber bei dem Blödsinn komm ich nicht mehr mit. Schäm dich, brother . Und das Traurige ist, ich weiß ja, wo das alles hinführt.
    Mach dir um mich mal keine Sorgen. Sagte Marcus. Ich verdiene. Mir geht’s gut. Sagte Marcus.
    Marcus klappte einen imaginären Kragen hoch. Eine wenig überzeugende Geste.
    Ich verdiene. Mir geht’s gut. Wiederholte Natalie. Sie hatte den Mund höhnisch verzogen. Ich verdiene. Mir geht’s gut. Wiederholte sie. Klar, natürlich. Ich bin Anwältin, Bürschchen. Da verdient man. Da verdient man richtig.
    Die Leute sind echt krank. Sagte das Mädchen.
    Wenn sie hergekommen wär und mich nett gefragt hätte, ja? Dann hätt ich’s ja sogar gemacht. Verteidigte sich Marcus. Ich bin nämlich ’n intelligenter Typ, wisst ihr? Aber wenn einer nicht nett zu mir ist und mir blöd kommt, dann muss ich mich ja wohl wehren.
    Wenn du auch nur ein bisschen Ehrgefühl oder Selbstachtung hättest, argumentierte Natalie, dann wäre es nicht gleich ein Angriff auf dein ach so empfindliches Ego, wenn dich jemand auf einem Spielplatz bittet, die Zigarette auszumachen.
    Inzwischen hatte sich ein kleiner Auflauf aus anderen Eltern und besorgten Bürgern gebildet. Natalies letztes Argument stieß auf allgemeine Begeisterung, und sie spürte den Sieg so deutlich wie vor Gericht, wenn sie den atemlosen Geschworenen geheime Fotos präsentierte. Während sie den Triumph bereits genoss, traf ihr Blick versehentlich den von Marcus, was sie kurz ins Stocken brachte, doch dann fixierte sie einen Punkt hinter seiner rechten Schulter und richtete alle weiteren Ausführungen an diesen Fluchtpunkt. Ringsum zerfiel der Streit in mehrere kleinere Dispute. Das Mädchen stritt mit der älteren Dame. Ihr Freund stritt mit der Rastafrau. Etliche andere taten sich mit Natalie zusammen, um weiter auf den armen Marcus einzureden, der die Zigarette inzwischen ausgeraucht hatte und völlig erschöpft aussah.
174. Pfirsich, Pfingstrose
    Sie fand das Haus nicht gleich und lief mehrmals daran vorbei. Es war eine unauffällige Tür mit doppeltem Glaseinsatz, direkt zwischen Habitat und Waitrose an der Finchley Road. Ein heruntergekommener Dreißigerjahre-Bau. Sie drückte

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