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London NW: Roman (German Edition)

London NW: Roman (German Edition)

Titel: London NW: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zadie Smith
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gegeben hatte. Bis kurz vor dem Jetzt.
165. Regieanweisungen
    Innenraum. Nacht. Künstliche Beleuchtung.
    Hohe Wände links und rechts, ein kleines Fenster. Die Jalousien sind geschlossen.
    Vorne rechts eine angelehnte Tür. Bücherregale zu beiden Seiten.
    Ein schlichter Schreibtisch. Ein Klappstuhl. Darauf einige Bücher.
    Nat kommt durch die Tür. Schaut zum Fenster hoch. Tritt näher ans Fenster.
    Öffnet die Jalousie. Schließt die Jalousie wieder. Geht hinaus. Kommt zurück. Geht hinaus.
    Pause.
    Kommt entschlossen wieder zurück, öffnet die Jalousie. Nimmt die Bücher vom Stuhl. Setzt sich. Steht wieder auf.
    Geht zur Tür. Kehrt um. Setzt sich. Klappt den Laptop auf. Klappt ihn zu. Klappt ihn auf.
    Tippt.
    FRANK (mechanisch, von hinten): Ich geh schlafen. Kommst du? (Pause.) Kommst du?
    NAT : Ja. (tippt schneller) Nein. Ja.
166. Im Zeitraffer
    Jetzt, wo es so viel Arbeit gab – jetzt, wo im Grunde ihr ganzes Leben Arbeit geworden war, empfand Natalie Blake eine Ruhe und Zufriedenheit, wie sie sie bisher nur während der Probeklausuren an der Uni oder bei Vorverhandlungen erlebt hatte. Wenn bloß alles langsamer gehen könnte! Sie war etwa hundert Jahre lang acht gewesen. Vierunddreißig war sie sieben Minuten lang. Häufig musste sie an die Kreidezeichnung an einer Schultafel denken, vor langer Zeit, als alles noch ein normaleres Tempo hatte. Das Zifferblatt einer Uhr, das die Geschichte des Universums in zwölf Stunden darstellte. Der Urknall erfolgte am Mittag. Die Dinosaurier tauchten irgendwann im Nachmittag auf. Und alles, was den Menschen betraf, ließ sich in den fünf Minuten vor Mitternacht abhandeln.
167. Zweifel
    Spike fing mit dem Sprechen an. Am liebsten sagte er: »Das ist meine Mummy.« Die Betonung wechselte. »Das ist meine Mummy. Das ist meine Mummy. Das ist meine Mummy.«
168. Endspiel im Afrika-Laden
    Sie verspürte den neuen Drang nach etwas anderem als bloßer Fortbewegung. Sie wollte bewahren. Zu diesem Zweck begab sie sich auf die Suche nach den Speisen ihrer Kindheit. Am Samstagmorgen, gleich nach dem Besuch im riesigen britischen Supermarkt, quälte sie sich mit zwei Kindern im Doppel-Buggy und ohne jede Unterstützung die High Road hinauf bis zu dem kleinen afrikanischen Laden, um dort Yamswurzeln, Salzfisch und Kochbananen zu kaufen. Es regnete. Die Tropfen peitschten waagerecht. Beide Kinder brüllten. Konnte es ein Elend geben, das erhabener war als ihres?
    Naomi warf Sachen in den Einkaufswagen. Natalie nahm sie heraus. Naomi warf sie wieder hinein. Spike machte in die Hose. Die Leute schauten Natalie an. Sie schaute zurück. Hin und her wanderten die Blicke der Paranoia und der Geringschätzung. Es war eiskalt draußen, eiskalt drinnen. Es gelang ihnen, sich in eine Schlange einzureihen. So gerade. Es gelang ihnen so gerade.
    »Wenn du das sein lässt, Nom-Nom, dann erzähl ich dir eine Geschichte, ich erzähl dir eine Geschichte. Willst du meine Geschichte denn nicht hören?«, fragte Natalie Blake.
    »Nein«, sagte Naomi De Angelis.
    Natalie wischte sich mit dem Schal den kalten Schweiß von der Stirn und blickte auf, um zu sehen, ob sie vielleicht jemand für ihre mütterliche Gelassenheit angesichts solch unfassbarer Provokation bewunderte. Die Frau vor ihr kam ins Blickfeld. Sie leerte gerade ihr letztes Geld auf die Theke und verhandelte darüber, auf welche ihrer Einkäufe sie verzichten sollte. Ihre Kinder, vier Stück, duckten sich um ihre Beine.
    Natalie Blake hatte ganz vergessen, wie es war, arm zu sein. Das war eine Sprache, die sie nicht mehr beherrschte, nicht einmal mehr verstand.
169. Lunch mit Layla
    Ihre alte Freundin Layla Thompson hieß inzwischen Layla Dean. Sie war schon vor Jahren aus der Kirche ausgetreten. Sie arbeitete bei einem schwarzasiatischen Radiosender als Programmleiterin für den Bereich Musik. Sie war mit einem Mann verheiratet, der zwei Internetcafés plus Copyshop in Harlesden besaß und betrieb. Damien. Drei Kinder. Wann immer Natalie Blake eine Diskussion über Erziehungsmethoden führte (und solche Diskussionen führte sie ständig), zog sie ihre alte Freundin Layla als leuchtendes Beispiel für alles heran, was sie sagen wollte.
    Wenn sie Layla auf diese Weise als positives Beispiel heranzog, erwähnte sie meistens nicht, dass sie Layla seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Layla hatte ihre Kinder bereits, und Natalie hatte keine Kinder, und während dieser Phase fand Natalie es schwierig, sich mit Layla zum Lunch zu treffen,

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