London Road - Geheime Leidenschaft
die Stirn. Ich war davon ausgegangen, dass es mit Cam anders war. Dass er mich verstand. Sekunden zuvor hatte ich mich noch so wohl gefühlt, und auf einmal war ich wieder die Person, die ich nicht mehr sein wollte, weil ich sie wirklich satthatte.
»Was ist?« Er übte sanften Druck auf meine Hüfte aus, um mich zum Näherrücken zu bewegen. »Wo kommen die auf einmal her?« Seine Finger fuhren die Falten auf meiner Stirn nach.
»Es ist nichts.«
»Das ist nicht nichts.« Mit einiger Anstrengung schaffte er es, mich zu ihm herumzudrehen. »Du bist total verkrampft. Wieso?«
Einerseits wollte ich, dass nichts zwischen uns stand. Dass wir offen zueinander waren. Ehrlich. Andererseits befürchtete ich, er könnte auf die Idee kommen, dass ich bereits in diesem frühen Stadium an ihm zweifelte. Ich wollte nicht wütend auf ihn sein, wenn ich ging, und er sollte auch nicht wütend auf mich sein.
Ich nagte an meiner Lippe und brauchte viel zu lange, um die ganze Sache in meinem Kopf hin und her zu wälzen.
»Mein Gott, Johanna.« Er löste sich von mir, ehe ich Gelegenheit hatte, etwas zu sagen. Seine Stimme klang hörbar frustriert. »Ich bin nicht so wie die anderen, verdammt noch mal.« Er schlug die Decke zurück und machte Anstalten aufzustehen.
Ach, verflucht! »Ich mache mir doch bloß Sorgen«, stieß ich hastig hervor und spürte meine Wangen beim Gedanken an das kommende Geständnis brennen.
Cam hielt inne und sah mich über die Schulter hinweg an. »Red weiter.«
Ich quittierte seinen Befehlston mit einer mürrischen Grimasse. Dann setzte ich mich auf und zog in dem Bedürfnis, mich zu schützen, die Knie an die Brust. »Ich mache mir Sorgen, dass du irgendwann die Nase voll davon hast, dass ich dir nicht … immer gerecht werden kann. Weil ich Cole habe und …« Ich wappnete mich. Wie würde er auf die brutale Wahrheit reagieren? »… und er für mich immer an erster Stelle stehen wird.«
Sekunden später lag ich flach auf dem Rücken, und Cam schaute auf mich herab. Seine Augen waren wieder ganz sanft, voller Verständnis. »Deswegen musst du dir wirklich keine Gedanken machen. Ich verstehe das. Ehrlich. Cole kommt zuerst, das ist doch völlig klar. Er ist ein Kind, und er braucht dich. Ich werde mich nicht mit dir langweilen oder die Nase voll von dir haben. Und ganz ehrlich, falls doch, solltest du mich sofort in den Wind schießen.«
Etwas regte sich in meiner Brust, etwas Großes, Überwältigendes und Beängstigendes. Dieses Etwas waren meine Gefühle für Cam. Sie hatten ihren endgültigen Platz in mir gefunden und wurden von einem unbeweglichen Anker festgehalten. »Gibt es dich wirklich?«, fragte ich mit einem zaghaften Lächeln, das verbergen sollte, wie aufgewühlt ich war.
Cam erwiderte mein Lächeln und gab mir einen zärtlichen Kuss. »Ich bin zu hundert Prozent real, Baby. Aber wenn du einen Beweis brauchst …« Er drängte ein Knie zwischen meine Schenkel und schob sie auseinander. Sein schmutziges Grinsen sagte mir, dass ich so schnell nirgendwohin gehen würde.
Nach allem, was Cole und ich durchgemacht hatten, fiel es mir unglaublich schwer, mein Glück anzunehmen. Ich war high, und meine Droge hieß Cameron MacCabe, und obwohl der Großteil von mir diesen Zustand genoss, war da noch ein winziger Rest, der die Vergangenheit nicht ruhen lassen konnte und panische Angst hatte. Zum Glück für uns beide hatte ich hautnah miterlebt, wie Joss um ein Haar ihre Beziehung zu Braden wegen desselben Problems an die Wand gefahren hätte, und ich verspürte kein Bedürfnis, es ihr nachzumachen. Die Sache mit Cam und mir war erst zwei Tage alt, und es wäre schon ein kleines Wunder nötig gewesen, mich dazu zu bringen, meinen Tattoo-Typen zu verlassen.
Was ihn dazu veranlassen konnte, mich zu verlassen, stand auf einem ganz anderen Blatt, allerdings hatte ich mir diese Art negativer Gedanken strikt verboten. Außerdem war ich fest entschlossen, nicht die Pferde scheu zu machen. Als Malcolm mir daher am Montagmorgen während der Arbeit eine SMS schrieb, erwähnte ich dies Cam gegenüber mit keinem Wort.
Natürlich verriet ich ihm auch nicht, dass ich Malcolm geantwortet hatte.
Malcolm war ein anständiger Kerl. Ein Gentleman. Ein Freund. Es spielte keine Rolle, dass er Trost bei Becca gesucht hatte. Er war während unserer gemeinsamen Zeit immer nett zu mir gewesen, und das war alles, was zählte. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn ganz aus den Augen verlieren wollte, und als er sich
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