London
nicht die Mühe, an die Tür zu klopfen, sondern trat geradewegs ein. Zwei Gehilfen blieben direkt vor der Tür stehen, während zwei Soldaten beim Boot warteten.
»Ich habe ihn den Eid leisten lassen«, begann Thomas, doch Cromwell schnitt ihm das Wort ab.
»Rowland Bull«, fragte er, »akzeptiert Ihr die Oberhoheit des Königs in allen weltlichen und geistlichen Angelegenheiten?«
Rowland war sehr bleich. »Ja«, erwiderte er zögernd. »Insoweit das Wort Gottes es erlaubt.«
»Kümmert Euch nicht um das Wort Gottes, Master Bull. Erkennt Ihr König Heinrich ohne jede Einschränkung als Oberhoheit in geistlichen Dingen an oder nicht? Ja oder nein?«
Eine qualvolle Pause folgte. »Ich kann nicht.«
»Wie ich mir dachte. Hochverrat. Ein ganz klarer Fall. Verabschiedet Euch von Eurer Frau.« Seinen Helfern vor der Tür rief Cromwell zu: »Bringt die Wachen.«
Dann wandte er sich an Thomas. »Narr«, murmelte er. »Dachtet Ihr, Ihr könntet ihn mit einem Hintertürchen retten und dem König dann sagen, er habe den Eid geleistet?« Thomas war zu erschrocken, um etwas zu antworten. »Ist Euch nicht klar«, knurrte Cromwell, »daß der König keinerlei Interesse an diesem Burschen hatte? Euch wollte er auf die Probe stellen. Er wollte noch jemand anderen schicken, der ihn danach den Eid ablegen lassen sollte, um Euch zu überprüfen. Ich habe Euch gerade das Leben gerettet.« Er nickte Susan kurz zu. »Ihr könnt Eurem Gatten ein wenig Kleidung mitgeben. Er kommt jetzt mit uns in den Tower.«
Pater Peter Meredith empfing an diesem Tag zwei Besucher im Charterhouse. Er war nicht ganz wohlauf, daher blieb er in seiner Zelle, während der alte Will sie zu ihm brachte. Zuerst kam Susan. Er meinte, in ihrer Stimme nicht nur Verzweiflung, sondern auch den Anflug eines Vorwurfs zu hören. Ihre Bitte war einfach. Sie wollte, daß er Rowland überreden solle, den Eid abzulegen. »Ist es nicht ohnehin schon zu spät?« fragte Peter.
»Es muß immer noch eine offizielle Verhandlung mit Geschworenen abgehalten werden. Wenn er sich nun unterwirft, würde der König das vielleicht akzeptieren. Es ist unsere einzige Chance.«
»Und du glaubst, meine Stimme könnte etwas bewirken?«
»Du bist der Mann, den er respektiert. Und er ist deiner Meinung gefolgt, als er den Eid verweigert hat.«
»Ich glaube, er ist seinem Gewissen gefolgt.«
»Du verstehst nicht, was wirklich der Grund ist«, erwiderte Susan. Und sie berichtete ihm von ihrer Begegnung mit dem König im Garten und wie Thomas ihn zufällig am selben Ort getroffen hatte. »Begreifst du«, fuhr sie fort, »diese zufälligen Begegnungen; und die Tatsache, daß du Mönch im Charterhouse bist – in gewisser Weise haben du und ich Rowland in diese Lage gebracht. Es war überhaupt nie beabsichtigt, ihn den Eid schwören zu lassen.«
Peter seufzte. »Ich werde zu ihm gehen. Aber ich kann ihm nicht zureden, sein Gewissen zu verleugnen.«
Sie war nicht getröstet, und ihre Abschiedsworte schmerzten ihn. »Weißt du, was sie mit ihm machen werden?« Sie warf ihm einen bitteren Blick zu. »Für dich ist es leichter.« Dann ging sie.
Leichter? Er bezweifelte es. Es ging das Gerücht, daß die drei Prioren in ein paar Tagen hingerichtet werden sollten, und zwar nicht mit einer gnädigen Enthauptung.
Abends kam Thomas.
Zunächst konnte sich Peter eines zornigen Gefühls nicht erwehren. Sicher, Thomas sah äußerst besorgt aus, doch wie groß auch sein Kummer um Rowland sein mochte, er war immer noch ein Mann Cromwells.
»Zweifellos kommst du mit demselben Auftrag zu mir wie unsere Schwester. Ein Bruder im Charterhouse und dann noch der Gatte deiner Schwester, der den Eid verweigert – alles deiner Laufbahn sicherlich nicht förderlich.«
Thomas schüttelte den Kopf. »Ich komme gerade vom Hof«, sagte er.
»Selbst wenn Rowland jetzt den Eid leistet, wird der König es nicht akzeptieren. Das Verdikt Hochverrat ist gefallen. Er wird ihn vernichten.« Er setzte sich und vergrub das Gesicht in den Händen. »Und es ist alles meine Schuld. Ich habe ihn an den Hof gebracht. Ich habe ihm diesen Posten vermittelt.«
»Er ist für seinen Glauben eingetreten.«
»Ja«, stimmte Thomas zu. »Aber nur, weil der König aus einer Laune heraus beschlossen hat, meine Treue auf die Probe zu stellen – nicht seine.«
»Wenn er stirbt, wird er dennoch ein Märtyrer sein«, erklärte Peter.
Doch nicht einmal hierin konnte Thomas ihm beipflichten. »Für dich und Rowland ist es eine
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