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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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man. »Und wir sollten ein Vetorecht gegen die Minister des Königs haben.« Und: »Keine Bischöfe mehr.« Im November sammelte Gideon Unterschriften für eine weitere Petition.
    »Ich war heute mit einigen der besonneneren Parlamentsmitglieder zusammen«, erzählte Henry Julius eines Abends. »Sie wollen den König kontrollieren, aber sie befürchten, daß Pym sie zur Herrschaft des Pöbels führt.« Am Ende des Monats, als Pym und seine Anhänger dem Parlament ihre sogenannte Grand Remonstrance, die eine parlamentarische Kontrolle von Kirche und Staat forderte, vorlegten, brachten sie diesen Einspruch gerade noch durch, eine starke Minderheit stimmte dagegen. »Pym ist zu weit gegangen«, meinte Henry.
    Viele der Aldermen und der reicheren Londoner Familien begannen ähnliche Zweifel zu hegen. »Die Stadtbezirke haben einen neuen Gemeinsamen Rat aus Unruhestiftern und Radikalen gewählt.« Als wollten sie alle ihre Befürchtungen bestätigen, rottete sich ein paar Tage nach Weihnachten ein großer Haufen von Lehrlingen in Westminster zusammen, der von Truppen auseinandergetrieben werden mußte. Damals hörte Julius zum erstenmal das Wort, das er bald fürchten lernen sollte. »Weißt du, wie die Truppen die Lehrlinge genannt haben, die sie an Whitehall vorbeigetrieben haben?« fragte Henry ihn. »Sie haben gesehen, daß die meisten dieser jungen Leute kurzgeschnittenes Haar hatten, daher nannten sie sie Rundköpfe.«
    Innerhalb von ein paar Tagen boten fünfhundert junge Gentlemen aus den Inns of Court König Karl ihre Dienste an, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, und selbst der neue Common Council stimmte zu, die bewaffneten Männer der Stadt zusammenzurufen, um den Frieden zu bewahren.
    Doch gerade als verschiedenste einflußreiche Leute an der Gegnerschaft zum Monarchen Zweifel zu hegen begannen, sah Julius, der in seinem Arbeitszimmer in dem großen Haus hinter Mary-le-Bow über seinen Abrechnungen saß, wie sein Bruder die schwere Eichentür aufriß und ausrief: »Der König ist verrückt geworden!«
    König Karls Handeln in der ersten Januarwoche 1642 zeigte nicht, daß er verrückt war, sondern nur, daß er nicht das mindeste von englischer Politik verstand. Am 3. Januar schickte er einen Ordnungsbeamten, fünf Mitglieder des Unterhauses zu verhaften. Die Commons verweigerten ihm den Eintritt. Am nächsten Tag tauchte der König selbst gegen alle Etikette dort auf und stellte fest, daß die fünf, darunter König Pym und der Puritaner Pennington, fort waren.
    Könige durften keine Parlamentsmitglieder verhaften, nur weil sie im House of Parliament offen ihre Meinung darlegten. Das war ein Bruch der Privilegien des Parlaments. Von diesem Tag an bis heute wird dem Repräsentanten des Königs, wenn er kommt, um die Commons zur jährlichen Eröffnungszeremonie zu beordern, symbolisch die Tür vor der Nase zugeschlagen. Als Karl I. am nächsten Tag in die Guildhall ging, konnten ihm nicht einmal der Mayor und die Aldermen, die nichts für die Radikalen übrig hatten, helfen. »Das Privileg des Parlaments«, erinnerten sie ihn.
    Fünf Tage später zog sich König Karl I. in die Sicherheit von Hampton Court zurück. König Pym blieb in London.
    Während des Frühlings erhielt das Parlament zumindest den Anschein von Königstreue aufrecht. Es berief Truppen ein, doch im Namen des Königs, und erklärte, man brauche sie für Irland. Es war klar, daß das Parlament es weit besser verstand, die Unterstützung der Stadt zu erlangen, als König Karl I. Eine enorme Anleihe der Stadt, zuvor verweigert, wurde nun unverzüglich bewilligt – als Gegenleistung für weitere zweieinhalb Millionen Acres in Irland.
    Bis April stellte man eine Truppe von sechs Regimentern auf, natürlich »für die Verteidigung des Königs«. Eines Tages sah Julius Gideon, der feierlich eine Hellebarde trug und einen kleinen Trupp Lehrlinge anführte, die die Cheapside hinuntermarschierten. »Wird der König keinen Kompromiß suchen?« fragte Julius, als Henry, der zusammen mit dem König die Stadt verlassen hatte, zurückkam. Doch Henry schüttelte den Kopf. »Er kann nicht. Pym hat ihn zu weit getrieben. Dem Parlament muß eine Lektion erteilt werden. Die Königin ist mit den Kronjuwelen nach Frankreich gereist. Sie will sie dort verpfänden, um das Geld aufzubringen.«
    Nach nur drei Tagen brach er wieder auf, und als er zwei Monate später für kurze Zeit zurückkam, teilte er Julius mit: »Der König ist in York. Er ruft alle königstreuen

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