London
Königin hatte eine Fehlgeburt und man hat ein anderes Kind als Ersatz genommen. Meredith denkt das auch.« Fast ganz England glaubte das. Mittlerweile hat die Medizingeschichte eingeräumt, daß der Knabe wahrscheinlich legitim war, doch als sich das protestantische England 1688 an Wilhelm von Oranien wandte, wurde weithin behauptet, der katholische Säugling habe kein Recht auf die Erbfolge. In einer Wärmflasche habe man ihn hineingeschmuggelt, lautete die Geschichte schließlich.
Der vorsichtige Wilhelm ließ sich Zeit. Am 5. November landete er im West Country. Jakob zog nach Salisbury. Teile des Nordens erklärten sich für Wilhelm; Jakob zögerte. Jakobs bester General, der mutige John Churchill, lief zu Wilhelm über, der langsam auf London zumarschierte, und Jakob floh. Im Januar trat das Parlament zusammen, entschied, daß Jakob, da er abwesend war, abgedankt haben mußte, und bot die Krone Wilhelm und Maria an. Diese Abfolge ganz unheroischer Ereignisse wurde dann Glorreiche Revolution genannt.
Auf jeden Fall war es ein entscheidender Wendepunkt. Mit dieser Regelung der Thronfolge fanden die religiösen und politischen Kämpfe, die England mehr als ein Jahrhundert lang aufwühlten, eine dauerhafte Lösung. Letztendlicher Verlierer war die katholische Kirche. Sollten Wilhelm und Maria kinderlos bleiben, würde Marias protestantische Schwester Anna auf den Thron folgen. Die katholischen Nachkommen Jakobs wurden gänzlich von der Erbfolge ausgeschlossen. In Zukunft konnte niemand, der katholisch war oder auch nur einen Katholiken heiratete, je Englands Thron besteigen. Einfache Katholiken mußten Sondersteuern zahlen und waren von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Auch Puritaner waren von den meisten öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, konnten ihre Religion jedoch frei ausüben.
Bedeutsam war der politische Aspekt der Regelung. Das Parlament mußte in regelmäßigen Abständen einberufen werden – das wurde gesetzlich vorgeschrieben. Ohne seine Zustimmung konnte kein Heer aufgestellt werden. Redefreiheit war gesichert. Und von nun an würde das Parlament sicherstellen, daß der König knapp an Geldmitteln und daher dem Parlament Untertan war. Der Versuch der Stuarts, England zu einer absoluten Monarchie nach dem Vorbild Frankreichs zu machen, war gescheitert.
In Westminster beobachteten manche zudem eine kleine politische Veränderung – der alte Earl of St. James, der immer ein Tory gewesen war, stimmte von nun an mit den Whigs. Zum allgemeinen Erstaunen erklärte er, er denke nun, Könige sollten dem Parlament untergeben sein. Julius war der Meinung, den Verrat Karls II. solle man am besten als Geheimnis vergraben. Da man nun Jakob II. und seine katholischen Erben vertrieben hatte, war auch O Be Joyful nicht erpicht darauf, die Sache weiter zu verfolgen. Die landesverräterische Abmachung zwischen dem englischen Stuart-König und dem König von Frankreich sollte noch hundert Jahre lang ein Geheimnis bleiben.
Eines war nun klar: Es gab nicht mehr die geringste Chance, daß ein englischer Monarch mit den katholischen Mächten Europas ein bedrohliches Bündnis schloß. England und Holland hatten nun einen gemeinsamen calvinistischprotestantischen König, dessen größter Feind Ludwig XIV. von Frankreich war. Hugenotten wie Penny konnten sicher sein, daß sie auf der Insel ein Refugium gefunden hatten. Für die Engländer waren die Holländer zwar immer noch Handelskonkurrenten, aber nun auch Verbündete; wenn König Wilhelm seinen englischen Untertanen erklärte, ihre holländischen Vettern seien durch das papistische Frankreich in Gefahr, waren sie bereit, die protestantische Sache zu verteidigen.
Der Earl of St. James erreichte ein hohes Alter. 1693 wurde er neunzig, und obwohl er nur noch mit Mühe gehen konnte, blieb sein Geist scharf. Er war auch nie einsam, denn abgesehen von seinen Kindern und Enkeln kam ein Strom von Besuchern, um mit dem Mann zu sprechen, der zu einer Zeit geboren war, als Elisabeth noch Königin von England war. »Alles hat er miterlebt«, sagte man. »Von der PulverVerschwörung bis zur Glorreichen Revolution.« 1694, im letzten Jahr seines Lebens, durfte er noch etwas miterleben.
In diesem Jahr gründete die Stadt London eine Aktienbank, finanziert von einer Gruppe prominenter Londoner Kaufleute. Sie sollte langfristige Staatsschulden finanzieren, indem sie Obligationen ausgab, die verzinst wurden. Die Bank von London. »Ich habe König Karl I. schon diese
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