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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Außenseite soll hart wie Diamanten werden, doch innen soll das Hemd flexibel bleiben.«
    Von da an wurde Alfred mindestens einmal pro Woche befohlen, länger zu bleiben, und der Meister brachte ihm alle Techniken bei, die normalerweise den älteren Lehrlingen vorbehalten waren. Oft arbeiteten sie Seite an Seite bis spät in die Nacht. Sie sprachen mit niemandem in der Werkstatt über diese Sitzungen, doch der Junge ahnte, daß der Meister Barnikel auf dem laufenden hielt.
    Die Ereignisse, die England für immer verändern sollten, wurden durch eine einzige, bedauernswerte Tatsache ermöglicht. September war der Erntemonat: Die Männer in der englischen Flotte verkündeten, daß sie heimmußten. König Harald gelang es nicht, sie aufzuhalten. Eines Morgens standen Alfred, Barnikel und Leofric am Kai in Billingsgate und sahen zu, wie die letzten Segelschiffe vertaut wurden. Von nun an war das angelsächsische Königreich ungeschützt.
    Die Invasoren schlugen beinahe sofort zu. Zwei Wochen nach der Auflösung der englischen Flotte griff der König von Norwegen die Küste Nordenglands an und nahm York ein. König Harald eilte nach Norden und schlug die Eindringlinge in die Flucht. Doch er und seine Mannen waren nun zweihundertfünfzig Meilen entfernt von der Südküste, wo prompt Wilhelm von der Normandie landete.
    Sein Heer war nicht sehr groß, aber ausgezeichnet gerüstet. Die Elite bestand aus seinen Gefolgsleuten, die von hochgestellten Adligen wie etwa Montfort angeführt wurden, doch zum Großteil kämpften an seiner Seite Söldner, landlose Ritter aus der Normandie, der Bretagne, aus Frankreich und Flandern, ja sogar aus Süditalien. Da Wilhelm die Kirche eifrig unterstützte, ritten sie unter dem päpstlichen Banner. Sie landeten in der Bucht von Pevensey nahe der kleinen Siedlung Hastings und errichteten dort eine Festung aus Holz und Lehm, von der aus sie Spähtrupps losschickten.
    Der König kehrte nach London zurück. Die Stadt bewaffnete sich. Der Staller – der Kommandant der städtischen Verteidigungsgilde – und seine Hauptmänner rekrutierten jeden fähigen Mann, den sie finden konnten. Jeden Tag stürmte Barnikel mit neuen Forderungen in die Waffenschmiede, und es wurde Tag und Nacht gearbeitet.
    Am elften Oktober – es war erst die Hälfte der Verstärkungstruppen, die er eigentlich gebraucht hätte, aus den Grafschaften eingetroffen –, marschierte König Harald von England an der Spitze von rund siebentausend Männern gegen Süden. Gleich neben dem königlichen Regiment marschierten der Staller, Barnikel und die Londoner Truppen. Barnikels Sohn war ebenfalls dabei. Leofric konnte aufgrund seines Rückenleidens nicht mitziehen. Der Däne hielt seine Doppelaxt in den Händen. Alfred merkte jedoch, daß trotz ihrer Bemühungen nicht alle aus dem Londoner Regiment gut gerüstet waren. Einer der Männer trug einen Fensterladen anstatt eines richtigen Schildes vor seiner Brust.
    Leofric zögerte. Konnte er sich dazu überwinden einzutreten?
    Es war schon Abend, und er stand in dem vornehmen Wohnbezirk auf dem Westhügel unterhalb der stillen Anlage von St. Paul's. Hinter ihm ragte das Holzdach der sächsischen Kathedrale über die strohgedeckten Häuser hinaus. Zu seiner Linken befand sich der bewachte Innenhof der Londoner Münzstätte. Vor ihm führte ein schmaler, steiler Pfad zum Fluß hinab.
    Das Haus der Silversleeves war auf zurückhaltende Weise beeindruckend. Die steinerne Halle, vor der er stand, war nicht groß, doch sehr ordentlich gebaut; eine Außentreppe führte in den Wohnbereich hinauf. Zaudernd erklomm Leofric die Treppe.
    Silversleeves und seine beiden Söhne begrüßten ihn höflich. Leofric konnte nicht umhin zu bemerken, wie elegant ihre langen normannischen Gewänder wirkten, auch wenn sein eigenes, knielanges, grünes Gewand aus bestem Tuch gefertigt war. Am hinteren Ende des Raums brannte ein großes Feuer, an der vorderen Wand gab es ein hohes Fenster, das nicht wie die Fenster in seinem Haus mit geöltem Pergament bespannt, sondern mit grünem, germanischem Glas verglast war. Auf dem Tisch standen anstatt rauchender Lampen teure Bienenwachskerzen, die einen süßen Duft verströmten.
    Es waren noch mehrere andere Leute im Raum – ein flämischer Händler, ein Goldschmied, den er flüchtig kannte, und zwei Priester von St. Paul's. Auf einer schmalen Eichenbank in einer Ecke kauerten drei ziemlich unterernährte Laienmönche und beobachteten das Geschehen.
    Silversleeves

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