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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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wärmten sich drei Schwarze die Hände an einem Feuer, das in einem aufgesägten Ölfaß brannte, ohne die drei Schüler in ihren blauen Parkas mit Kapuze zu beachten. Das Licht einer Imbißbude auf der anderen Straßenseite, die die ganze Nacht über geöffnet hatte, warf warme gelbe Rechtecke auf den Bürgersteig. Die Sonne würde noch eine Stunde und fünfundvierzig Minuten auf sich warten lassen.
    Die drei Jungs faßten den Entschluß, in den Rinnstein zu urinieren.
    Das war vielleicht ein Fehler.
    Sie standen da mit ihren Schwänzen in den Händen - verdammt noch mal, es war halb sechs am Morgen, die Straßen waren leer bis auf die drei Scheißer, die um das Olfaß herum standen - und sahen in ihren Parkas aus wie drei Mönche, wollten bestimmt niemanden vor den Kopf stoßen, reagierten sozusagen in einer dunklen und sturmlosen Nacht nur auf ein natürliches Bedürfnis. Nicht ganz so sah es anscheinend der Schwarze, der wie ein Wächter des öffentlichen Anstands aus der Nacht kam, das einzige Mitglied der Pissen-in-der-Öffentlichkeit-Patrouille, ebenso schwarz gekleidet wie die Nacht, schwarze Jeans, schwarze Stiefel, schwarze Lederjacke, eine schwarze O.J.Simpson-Mütze, die er bis über die Ohren hinabgezogen hatte.
    Er kam in genau dem Augenblick auf sie zu, in dem Yolande zwei Kilometer entfernt in Richtung Innenstadt in ein Taxi stieg.
     
    »An dieser Friedhofsschicht kann ich nicht ausstehen«, schimpfte Hawes, »daß man sich kaum an sie gewöhnt hat und dann schon wieder mit der Tagschicht weitermachen muß.«
    Carella wählte seine Privatnummer.
    Die Friedhofsschicht war die sogenannte Morgenschicht, die einen die ganze Nacht über auf Trab hielt.
    Fanny hob nach dem dritten Klingeln ab.
    »Wie geht es ihm?« fragte Carella.
    »Besser. Das Fieber ist runtergegangen, er schläft wie ein Engel.« Sie hielt ganz kurz inne. »Was ich auch gern täte«, sagte sie.
    »Tut mir leid«, sagte Carella. »Ich rufe nicht mehr an. In ein paar Stunden bin ich zu Hause.«
    Glaubte er.
    »Sind Sie im horizontalen Gewerbe tätig?« fragte der Taxifahrer.
    »Sind Sie ein Cop?« sagte Yolande. »Klar, ein Cop«, sagte er. »Dann scheren Sie sich um Ihren eigenen Kram.«
    »Ich hab mich nur gefragt, ob Sie wissen, wohin Sie fahren.«
    »Ich weiß, wohin ich fahre.«
    »Ein weißes Mädchen, das nach Diamondback fährt…«
    »Ich hab gesagt, ich …«
    »… mitten in der Nacht.«
    »Ich weiß, wohin ich fahre. Und wir haben schon Morgen.«
    »Für mich ist es Nacht, bis die Sonne aufgeht.«
    Yolande zuckte mit den Achseln. Es war eine ziemlich gute Nacht für sie gewesen, und sie war müde.
    »Warum fahren Sie nach Diamondback?« fragte der Taxifahrer. Der Name auf der plastiküberzogenen Zulassung auf dem Armaturenbrett rechts vom Taxameter lautete MAX R. LIEBOWITZ. Ein Jude, dachte Yolande. Der letzte einer aussterbenden Spezies von Taxifahrern in der Großstadt. Heutzutage kamen die meisten von ihnen aus Indien oder dem Nahen Osten. Einige sprachen kein Englisch. Keiner von ihnen wußte, wo die Duckworth Avenue war. Yolande wußte, wo sie war. Auf der Duckworth Avenue in Calm’s Point hatte sie einem kolumbianischen Drogenhändler einen geblasen. Er hatte ihr ein Trinkgeld von fünfhundert Dollar gegeben. Sie würde die Duckworth Avenue nie in ihrem Leben vergessen. Sie fragte sich, ob Max Liebowitz wußte, wo die Duckworth Avenue war. Sie fragte sich, ob Max Liebowitz wußte, daß auch sie eine Jüdin war.
    »Ich habe Ihre Antwort nicht gehört, Miss«, sagte er.
    »Ich wohne da oben«, sagte sie.
    »Sie wohnen in Diamondback?« sagte er und warf ihr im Rückspiegel einen Blick zu. »Ja.«
    Eigentlich wohnte Jamal in Diamondback. Sie wohnte nur bei Jamal. Jamal Stone, nicht verwandt mit Sharon, die ihre Karriere damit begründet hatte, ihr Fötzchen zu zeigen. Yolande zeigte ihr Fötzchen tausendmal am Tag. Zu schade, daß sie nicht schauspielern konnte. Andererseits konnten eine Menge Mädchen, die gut darin waren, ihr Fötzchen zu zeigen, nicht schauspielern.
    »Wieso wohnen Sie da oben?« fragte Liebowitz.
    »Weil ich nicht scharf darauf bin, ‘ne hohe Miete zu zahlen.«
    Das entsprach auch nicht ganz der Wahrheit. Jamal zahlte die Miete. Aber er nahm ihr auch jeden Penny ab, den sie verdiente. Versorgte sie dafür aber auch mit gutem Shit. Und da sie gerade daran dachte, es wurde allmählich wieder Zeit. Sie sah auf die Uhr. Kurz nach halb sechs. War eine harte Nacht gewesen.
    »Kann für ein weißes Mädchen

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