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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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meinst du, Opa?
    »Was stellst du dir denn so vor?« fragte sie gespielt schüchtern.
     
    Der Schwarze in den schwarzen Jeans, der schwarzen Lederjacke, den schwarzen Stiefeln und der schwarzen Mütze tauchte vor ihnen auf wie ein rächender Todesengel. Alle drei hätten fast auf seine Stiefel gepinkelt, so dicht stand er vor ihnen.
    »Was sagt ihr denn dazu?« fragte er rhetorisch.
    »Pinkeln in den Rinnstein«, sagte Richard der Zweite.
    »Ich sage Mißachtung der Nachbarschaft dazu«, sagte der Schwarze. »Dafür steht das P auf eurer Brust? Für Pissen?«
    »Mach doch mit, warum nicht?« schlug Richard der Dritte vor.
    »Ich heiße Richard«, sagte Richard der Erste, zog den Reißverschluß hoch und reichte dem Schwarzen die Hand.
    »Ich auch«, sagte Richard der Zweite. »Ich auch«, sagte Richard der Dritte. »Zufällig«, sagte der Schwarze, »heiße ich auch Richard.«
    Womit sie zu viert waren.
    Bis zu dem grausamen Mord waren es nur noch eine Stunde und sechzehn Minuten.
     
    Abdul Sikhar wohnte mit fünf anderen Pakistani in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Calm’s Point. Sie hatten sich schon in ihrer Heimatstadt Rawalpindi gekannt, und sie waren innerhalb der letzten drei Jahre zu unterschiedlichen Zeiten in die Vereinigten Staaten gekommen. Zwei der Männer hatten zu Hause Frauen zurückgelassen. Ein dritter eine Freundin. Vier der Männer arbeiteten als Taxifahrer und standen den ganzen Tag per CB-Funk in Verbindung miteinander. Wenn sie auf Urdu miteinander plapperten, dachten die Fahrgäste, sie würden Zeuge der Planung eines terroristischen Anschlags oder einer Entführung. Die vier Taxifahrer brausten wie der Wind in einer Kamelmähne. Keiner von ihnen wußte, daß es in dieser Stadt gegen das Gesetz verstieß, ohne Grund auf die Hupe zu drücken. Sie hätten trotzdem draufgedrückt. Keiner von ihnen konnte es abwarten, wieder aus dieser verdammten Stadt in diesen verdammten Vereinigten Staaten von Amerika wegzuzukommen. Abdul Sikhar dachte genauso, wenngleich er nicht wie der Wind fuhr. Er war Tankwart und Autowäscher bei der Bridge Texaco.
    Als er um 5 Uhr 50 an diesem Morgen die Tür öffnete, trug er eine lange wollene Unterhose und ein langärmeliges Unterhemd, ebenfalls aus Wolle. Er sah so aus, als müßte er sich mal rasieren, aber in Wirklichkeit versuchte er nur, sich einen Bart wachsen zu lassen. Er war so um die zwanzig Jahre alt, noch ein dürrer Junge, der dieses Land haßte und des Nachts noch ins Bett gemacht hätte, hätte er nicht mit anderen Jungs darin geschlafen. Die Detectives wiesen sich aus. Sikhar nickte, trat auf den Gang, schloß die Tür hinter sich und flüsterte, er wolle seine »Kumpels« nicht stören, wie er sie nannte, ein archaischer Ausdruck aus jener Zeit, als die Engländer, diese Arschlöcher, noch seine Heimat beherrschten. Als sie ihm gesagt hatten, worum es ging, entschuldigte er sich und kehrte kurz in die Wohnung zurück. Als er dann wieder herauskam, trug er einen langen schwarzen Mantel über seinen langen Unterhosen und nicht zugeschnürte schwarze Schuhe an den Füßen. Sie traten neben ein schmutziges Fenster des Hausflurs, durch das das flackernde Gelb eines Neonschildes fiel, das irgendwo draußen angebracht war. Sikhar zündete sich eine Zigarette an. Weder Carella noch Hawes rauchten. Beide hätten ihn am liebsten verhaftet.
    »Was ist nun mit diesem Revolver?« fragte er. »Jeder will was über diesen Revolver wissen.«
    »Und über die Federn«, sagte Carella.
    »Und über die Vogelscheiße«, sagte Hawes.
    »So eine elende Sauerei«, pflichtete Sikhar ihnen bei, nickte und paffte an der Zigarette, die er hielt wie Peter Lorre in Der Malteser Falke. Er selbst sah auch ziemlich elend aus, was aber vielleicht an seinem zögerlichen Bartwuchs lag, der wie ein Schmierfilm auf seinem Gesicht aussah.
    »Wissen Sie vielleicht, was das für Federn waren?« fragte Hawes.
    »Taubenfedern, würde ich sagen.«
    »Warum würden Sie das sagen?«
    »Bei der Brücke wimmelt es vor Tauben.«
    »Und Sie glauben, ein paar davon sind irgendwie in den Wagen reingekommen?«
    »Ich glaube schon, ja. Und in Panik geraten. Deshalb haben sie auch alles vollgeschissen.«
    »Das war wohl ‘ne ziemliche Schweinerei, was?« sagte Carella.
    »O ja.«
    »Und was glauben Sie, wie sie wieder rausgekommen sind?« fragte Hawes.
    »Tauben haben so ihre Tricks«, sagte Sikhar.
    Er bedachte die Detectives mit einem fragenden Blick.
    Sie erwiderten den Blick genauso fragend.
    »Was

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