Long Dark Night
kannte, obwohl sie sich ja ziemlich ähnlich waren. Sie drehten sich um, um dem Rausschmeißer, der ihnen erzählt hatte, die Bar sei schon geschlossen, und sie dann höflich, aber nachdrücklich zur Tür hinausgeschoben hatte, ein letztes »Arschloch!« und »Leck mich am Arsch!« zuzurufen, torkelten dann auf den Bürgersteig, standen unsicher auf den Beinen, zogen die Reißverschlüsse ihrer Parkas hoch und setzten die Kapuzen auf, banden sich die blauweißen Schals hoch und versuchten, Zigaretten anzuzünden, rülpsten, furzten und kicherten und umarmten sich dann wie vor dem Anstoß eines Footballspiels.
»Wißt ihr, was wir jetzt brauchen?« sagte Richard der Erste. »Ein paar geile Fotzen.«
»Gute Idee«, sagte Richard der Dritte. »Wo finden wir ‘n paar Mädchen?«
»In der Innenstadt?« schlug Richard der Erste vor.
»Fahren wir in die Innenstadt«, pflichtete Richard der Zweite ihm bei.
Sie lösten sich aus der Umarmung.
In der Innenstadt stieg Yolande in ein anderes Auto.
Die drei Richards hielten ein Taxi an.
Jimmy Jacksons Kinder wußten, daß es einen schwarzen Weihnachtsmann gab, denn sie hatten einen gesehen, der neben einem falschen Kamin stand und eine Glocke läutete, und zwar vor dem Kaufhaus an der Hall Avenue, in das ihre Mutter sie mitgenommen hatte, damit sie sich da auf den Schoß eines weißen Weihnachtsmanns setzten. Der weiße Weihnachtsmann hatte anscheinend gar nicht so genau zugehört, denn James jr. hatte das Fahrrad, das er sich gewünscht hatte, nicht bekommen, und Millie hatte die Puppe nicht bekommen, die dieses Jahr so in war, und Terrence hatte seine heiße Warrior-Figur nicht bekommen. Als es also um Viertel vor fünf an diesem Sonntag morgen klingelte, liefen sie ins Schlafzimmer, um ihren Vater aufzuwecken, weil sie glaubten, das könnte der schwarze Weihnachtsmann mit der Glocke sein, der wiedergutmachen wollte, was der weiße Weihnachtsmann in dem Kaufhaus nicht mitbekommen hatte.
Jimmy Jackson war nur leicht verärgert, von seinen Kindern so früh am Morgen eines sonntags geweckt zu werden, an dem seine Schwiegermutter zu Besuch kommen wollte, ganz zu schweigen von seiner Schwester Naydelle und deren beiden kreischenden Bälgern. Wütend wurde er allerdings, als er die Tür öffnete und feststellte, daß es sich nicht um einen Scherz handelte, sondern tatsächlich um zwei weißärschige Cops, genau, wie sie es durch das Holz gesagt hatten. Sie standen da mit goldenen und blauen Dienstmarken in den Händen. Und das auch noch an einem Sonntagmorgen. Kannten die Dreckschweine denn gar keine Rücksichtnahme?
Die Kinder fragten, ob er Pfannkuchen backen würde, da ja sowieso schon alle wach seien.
Jackson sagte ihnen, sie sollten ihre Mutter darum bitten.
»Also, was gibt’s?« sagte er zu den Cops. »Mr. Jackson«, sagte Carella, »wir wissen, daß es früh am Morgen ist…«
»Ja, ja, was gibt’s?«
»Aber wir ermitteln in einem Mordfall…« Jackson sah sie an.
»Und versuchen, etwas über die Mordwaffe herauszufinden.« Jackson sah sie an.
Er war ein großer, langgliedriger, sehr dunkler Mann, trug einen Bademantel über seinem Schlafanzug. Seine Augen waren noch verschlafen, sein Mund war zu einer dünnen, wütenden Linie verzogen. Man hatte das Recht darauf, daß das eigene Heim an einem Sonntagmorgen heilig war, dachte er, aber diese Arschlöcher platzen hier einfach so rein. Mordwaffe, gottverdammte Scheiße, dachte er.
»Geht es wieder um diesen verdammten Revolver?« fragte er.
Irgendwo in der Wohnung fragte eine Frau: »Wer ist da, James?«
»Die Po-li-zei!« rief eins der Kinder fröhlich. »Kann Daddy jetzt Pfannkuchen backen?«
»Die Polizei?« sagte sie. »James?«
»Ja, ja«, sagte er.
»Ja, es geht wieder um die Waffe«, sagte Hawes.
»Ich hab Pratt gesagt, daß ich keine verdammte Waffe in seinem Wagen gesehen hab. Niemand hat diese verdammte Waffe gesehen. Wenn Sie meine Meinung hören wollen, diese Waffe ist ein Produkt von Pratts Phantasie.«
Niemand hatte sie in die Wohnung gebeten. Mrs. Jackson kam nun in einem Bademantel und Pantoffeln den Korridor entlang. Auf ihrem Gesicht lag ein fragendes Stirnrunzeln. Sie war eine großgewachsene Frau mit der Haltung eines Massai-Kriegers, und ihre hellen, gelben Augen hätten auch die eines Panthers sein können. Ihr gefiel ganz und gar nicht, daß Cops ihren Kindern Angst einjagten, und war auch bereit, es ihnen klipp und klar zu sagen.
»Was soll das«, fauchte sie, »um fünf Uhr
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