Long Dark Night
Leben auf den Straßen. Auch an einem Sonntag wurde in dieser Stadt gearbeitet,»und die ersten Frühaufsteher trotteten schwerfällig zu den U-Bahnen und Bushaltestellen und begegneten dabei Vergnügungssüchtigen und Raubtieren, die gerade erst nach Hause und zu Bett gingen. Die Obdachlosen, die die Dämmerung nahen spürten, erwarteten die Sicherheit, die mit dem Tageslicht kommen würde, und krochen bereits in ihre Kartonbehausungen zurück.
Vor einem Süß Warengeschäft an der Ecke von Santiagos Block schleppte ein Mann ein Bündel Zeitungen. Er trug noch seinen langen Mantel und Ohrenschützer. Auf dem Rand der eingerollten grünen Markise über der Fassade des Ladens stand: HERNANDEZ - ZEITUNGEN - LOTTO - KAFFEE. Sie vermuteten, daß es sich bei ihm um Hernandez persönlich handelte, denn ihn umgab die Aura eines geschäftigen Ladenbesitzers. Hinter ihm lockten warm die Lichter des kleinen Geschäfts. Und Kaffee schien im Augenblick eine hervorragende Idee zu sein.
»Cops, stimmt’s?« sagte Hernandez in dem Augenblick, in dem sie den Laden betraten.
»Genau«, sagte Hawes.
»Woher ich das bloß weiß, was?«
Keine Spur eines Akzents. Hawes hielt ihn für einen Puertoricaner in dritter Generation, wahrscheinlich war der Großvater mit der ersten Immigrantenwelle auf der Marine Tiger von der Insel rübergekommen. Seine Kinder besuchten bestimmt das College.
»Woher wissen Sie es?« fragte er.
Hernandez zuckte mit den Achseln, als wolle er andeuten, er könne keine wertvolle Zeit damit verschwenden, eine so lächerliche Frage zu beantworten. Den Mantel und die Ohrenschützer hatte er noch immer nicht ausgezogen. Im Laden war es kalt. An diesem Morgen war es im gesamten Universum kalt. Er ignorierte sie und trennte die Kordel durch, von der das Bündel Zeitungen zusammengehalten wurde. Die Schlagzeile der Morgenausgabe lautete:
PIANISTIN ERMORDET
Bei der sogenannten besseren Zeitung galten die großen Schlagzeilen Kriegsschauplätzen oder Naturkatastrophen. Aber die kleinere Schlagzeile über einem Artikel in einem Kasten in der rechten Ecke der Titelseite lautete:
VIRTUOSIN ERMORDET
SVETLANA DYALOVICH WURDE ERSCHOSSEN
Wie gewonnen, so zerronnen.
»Schenken Sie schon Kaffee aus?« fragte Carella.
»Müßte in ein paar Minuten fertig sein.«
»Kennen Sie einen gewissen Jose Santiago?« fragte Hawes.
Verdammt noch mal, sie hatten bereits alle anderen in der Gegend gefragt. Er sah Carella um Zustimmung heischend an. Carella schaute zu der Heizplatte auf einem schmalen Regal hinter der Theke. Heißer Kaffee tropfte gleichmäßig in die Kanne. Das Aroma war so verlockend, daß sie es kaum noch abwarten konnten.
»Warum, was hat er getan?« fragte Hernandez.
»Nichts. Wir wollen nur mit ihm sprechen.«
Hernandez zuckte erneut mit den Achseln. Die Geste besagte, daß auch diese Regung zu lächerlich war, um auch nur zur Kenntnis genommen zu werden.
»Kennen Sie ihn?« wiederholte Hawes beharrlich.
»Er schaut gelegentlich mal rein«, gestand Hernandez freimütig ein.
»Wissen Sie, wo er zur Zeit ist?«
»Nein, wo?«
Kleiner Scherz. Hihi.
»Wissen Sie es, oder wissen Sie es nicht?« fragte Hawes. Allmählich rochen sie außer Kaffee noch etwas anderes. »Warum? Was hat er angestellt?«
»Nichts.«
Hernandez sah sie an. »Wirklich«, sagte Hawes.
»Dann versuchen Sie es mal auf dem Dach dieses Gebäudes. Er hält Brieftauben.«
Richard, der schwarze Richard, ist schon gekommen - und zwar mitten auf ihr Gesicht, was sie gar nicht so toll fand, aber er hat die Party ja schließlich arrangiert. Jetzt sitzt er in einer Ecke, eine Decke um sich geschlungen, und sieht fern. Daher weiß sie genau, daß nicht er diese Sache aus dem Ruder gleiten ließ. Diesmal kann man dem Schwarzen die Schuld nicht in die Schuhe schieben.
Sie glaubt auch nicht, daß es der Richard mit dem roten Haar ist, denn der gibt sich zufrieden damit, ununterbrochen an ihrer rechten Titte zu nuckeln. Sie muß übrigens eingestehen, daß sie tolle Möpse hat, das haben sie sogar damals in Cleveland gesagt. Der Richard mit dem dunklen Haar steckt ihr gerade ein paar Finger rein und sucht nach ihrem Kitzler, viel Glück, Mister, in dem Zustand, in dem Sie sind. Er ist ganz hart. Sie hat seinen Schwanz in der Hand und wichst ihn ziemlich kräftig, weil sie hofft, daß sie ihn so zum Abspritzen, diese Sache hinter sich bringen und dann endlich ins Bett kriechen kann. Doch dann spreizt er ihr die Beine und
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