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Long Dark Night

Long Dark Night

Titel: Long Dark Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ed McBain
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interessierte sie eigentlich gar nicht, wer ihn erschießen wollte, Gott sei dank ist er weg, wie Carellas Mutter zu sagen pflegte. Eigentlich wollten sie nur wissen, ob Jamal den Gefrierbeutel über Yolandes Kopf gezogen hatte. Um das herauszubekommen, würden sie ihn stundenlang über all seine tatsächlichen oder eingebildeten Feinde reden lassen, damit er sich entspannte, ihn mit Zigaretten und Kaffee versorgen und darauf warten, daß er durch ein Wort oder eine Geste verriet, daß er bereits wußte, warum er von zwei Detectives verhört wurde, was ihm noch keiner gesagt hatte, und weshalb er auch noch nicht danach gefragt hatte. Was vielleicht etwas zu bedeuten hatte, vielleicht aber auch nicht. Bei erfahrenen Straftätern konnte man das nur schwer sagen.
    Jamal zog an seiner Zigarette.
    Meyer und Kling beobachteten ihn.
    Ihre Anwesenheit machte ihn ein wenig nervös. Allmählich fragte er sich, ob das Cops aus dem Präsidium oder so waren. Was hatte das zu bedeuten, zwei Cops aus dem Präsidium zur Beobachtung oder so hier? Aber er kannte sich aus, er würde nicht fragen, warum er hier war. Auf diese Weise hatte man die Kacke viel zu schnell am Dampfen. Also paffte er an seiner Zigarette, nippte an seinem Kaffee und erzählte ihnen alles über diesen kolumbianischen Crack-Dealer, der glaubte, er, der liebe Jamal, hätte ihm Shit gestohlen, was er nicht hatte. Trotzdem ließ der Kolumbianer verkünden, daß er nach ihm suchte und ihn umbringen lassen würde. Als er also hörte, wie jemand um acht Uhr morgens an die Tür klopfte, die Sonne war noch nicht mal aufgegangen, dachte er, er sollte lieber den ersten Zug tun, weil es vielleicht keinen zweiten geben würde. Deshalb hatte er vier Kugeln durch die Tür gejagt. Als er dann draußen nichts gehört hatte, hatte er gedacht, er hätte die Typen, die geklopft hatten, umgelegt, und die Tür geöffnet und damit gerechnet, daß Manuel Diaz blutend im Flur lag…
    »So heißt er, Manual Diaz. Ich hab Ihnen grad was rübergeschoben.«
    Als ob sie nicht schon die Namen aller Dealer in den meisten Revieren hier oben kannten.
    »Aber statt dessen hätte ich fast Sie erschossen, übrigens, bevor Sie >Polizei< riefen.« Jamal zuckte mit den Achseln. »So sieht es also aus.«
    »So sieht es aus«, pflichtete Hawes ihm bei.
    Jamal wußte, daß er noch immer nicht fragen durfte, was diese Sache zu bedeuten hatte. Der dicke Glatzkopf und der große Blondschopf schauten jetzt sehr streng drein, als hätte er vor einer Minute etwas Falsches gesagt. Er fragte sich, was das gewesen war. Leckt mich doch, dachte er. Ich habe genauso viel Sitzfleisch wie ihr. Er steckte sich die nächste Zigarette an. Meyer nickte. Kling ebenfalls. Jamal fragte sich, warum sie nickten. Diese beiden Burschen machten ihn sehr nervös. Er war erleichtert, als Carella die nächste Frage stellte.
    »Wer war das Mädchen bei Ihnen?«
    »‘ne Freundin von mir«, sagte Jamal.
    Carlyle Yancy war eins der beiden Pferdchen in seinem Stall. In Wirklichkeit hieß sie Sarah Rowland, aber das hatte er geändert, als er sie auf die Straße schickte. Jamal würde weder über ihren noch über seinen Beruf sprechen. »Freundin von mir« deckte alles mögliche ab.
    »Wie alt ist sie?« fragte Hawes. Das war ebenfalls sehr weit gefaßt. Cops fragen immer, wie alt ein Mädchen ist. Wenn es minderjährig war, ist man natürlich in den Arsch gekniffen.
    »Zwanzig«, sagte Jamal. »Ohne Scherz.«
    »Was macht sie so?«
    »Was soll das heißen, was macht sie so?«
    »Ist sie eine Prostituierte?«
    »Ha, jetzt hören Sie aber auf. Was für ‘ne Frage ist’n das?«
    »Tja, Jamal, wenn ich mir so Ihre Vorstrafen betrachte …«
    So waren sie also auf ihn gekommen. Aber warum? Und einen mit dem Vornamen anzusprechen, das war ein alter Bullentrick, den Jamal ziemlich gut kannte, vielen Dank.
    »In der Branche arbeite ich schon lange nicht mehr«, sagte er.
    Meyer runzelte die Stirn. Er fragte sich, wie ein Zuhälter von sich behaupten konnte, tatsächlich zu arbeiten. Kling fragte sich das auch. Carella ebenfalls. Und Hawes. Jamal betrachtete ihre Gesichter und kam zum Schluß, daß er es mit Zynikern zu tun hatte.
    »Wie wäre es denn mit Mord?« fragte Carella. »Haben Sie in letzter Zeit in dieser Branche gearbeitet?«
    »Ich habe meine Schuld an die Gesellschaft beglichen«, sagte Jamal würdevoll.
    »Das wissen wir. Im vergangenen April entlassen, nicht wahr?«
    »Genau. Ich habe eine saubere Weste.« Noch immer

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