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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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er aus.
    »Du hast mir gesagt, er wäre gesprungen«, sagte ich. »Ich weiß   – du weißt   –, dass er umgebracht wurde.«
    »Das war die offizielle Sprachregelung«, sagte er. »Es sollte sich nicht rumsprechen, dass wir wussten, dass es Mord war. Das hätte es für dich und deine Mutter nur noch schwerer gemacht. Und sie hätten das Gefühl gekriegt, siehätten ihre Botschaft rübergebracht. Sie haben ihn da liegen gelassen, damit wir ihn finden.«
    »Süchtig war er auch, oder?« Mir fiel wieder ein, wie Steve manchmal zu Mum heimgekommen war und den ganzen Tag geschlafen hatte, Entschuldigungen nuschelnd von einer Nachtschicht als Security in irgendwelchen Tanzbars. Der Geruch nach Kippen und Schnaps fiel mir ein, den er beim Heimkommen verströmte, und die Reste des Take-away-Currys, die er mir zum Aufessen rüberreichte. Manche Leute erinnerten sich an den Sonntagsbraten ihrer Mutter oder den Geruch des Lagerfeuers, das ihr Vater zu veranstalten pflegte. Curry zum Mitnehmen erinnerte mich immer an Steve und ich liebte ihn dafür.
    Tony riss mich in die Wirklichkeit zurück. »Rauschgift war Teil des Problems. Steve hat sich mit Drogen schon immer ausgekannt«, gab er zu. »Darum war er auch so nützlich. Er wusste, wie man sie macht, wer sie verkauft und an wen. Solche Informationen kriegst du nicht für Geld. Aber er stand unter irrsinnigem Druck, und ich glaube, am Schluss ist er drunter zusammengebrochen.«
    So fühlte ich mich selbst gerade. »Und du hast gedacht, jetzt wäre der Moment gekommen, mir seinen Obduktionsbericht zu schicken, damit ich endlich zwei und zwei zusammenzähle?«
    Tonys Blick war ausdruckslos. »Ich hab dir nichts geschickt«, sagte er rundheraus. »Aber ich wüsste gern, wer’s war. Ich geh dem mal nach.«
    Die Postkarte aus Kroatien fiel mir ein und plötzlich wusste ich, wer da versuchte, mir die Augen zu öffnen. Wer mich wieder auf die richtige Spur zurücklenken wollte.
    »Ich hab gedacht, mittlerweile hättest du durchgeblickt, Kumpel«, sagte Tony. »Ich dachte, du hättest zwei und zwei schon längst zusammengezählt.«
    Das hatte ich nicht. Wahrscheinlich, weil ich nicht gewollt hatte.
    »Wie ist er überhaupt an Special K geraten?«, fragte ich.
    »Die irische Connection hat ihn über den Harp Club an Kelly weitergereicht«, erklärte Tony. »Der Harp Club gehört Tommy Kelly. Er benutzt ihn zum Geldwaschen und ein Teil der Kohle fließt in die alte Heimat zurück. An die Real IRA und all diese Mörder, mit denen er sich für verwandt hält. Mit Katholiken und Protestanten hat das nichts mehr zu tun, das ist einfach Teil eines größeren Spiels von organisiertem Verbrechen. Wie schon gesagt, es hängt alles zusammen.«
    »Was hat er für sie gemacht?«
    »Steve hat ihnen in Dartford ihre erste eigene Ecstasyfabrik aufgezogen«, sagte Tony.
    »Und das habt ihr ihm erlaubt?«
    »Wir wollten den Daumen draufhaben, den Stoff verfolgen können. Den Dingern das Kleeblatt reinzustanzen war Steves Idee.« Tony rieb sich das Gesicht. »Und wir wollten, dass Tommy Kelly drüberstolpert und sich der Länge nach auf die Fresse legt.«
    »Und was ist passiert?«, fragte ich.
    »Die Wahrheit? Wie wir’s auch anstellten, Kelly hat uns jedes Mal an der Nase rumgeführt. Den laufenden Betrieb hat er Steve und den Iren überlassen. Verteilt wurde das Zeug über Fitnessstudios, Kurierfirmen und Subunternehmen, profimäßig. Wir sind einfach nicht hinterhergekommenund Kelly war uns immer fünf Schritte voraus. Aber Steve wurde langsam unzuverlässig. Er hat angefangen, Fehler zu machen, und wir konnten nichts für ihn tun. Eine Panne zu viel und sie sind ihm draufgekommen.«
    »Wer?«, wollte ich wissen. »Wer war’s? Ich bring ihn um.« Ich war eigentlich ziemlich sicher, wer es war. Und um ihn fertigzumachen, würde ich eine Atombombe brauchen.
    Tony schüttelte den Kopf. »Wer es war, ist gleichgültig«, sagte er. »Es war nichts Persönliches. Sobald Tommy Kelly kapiert hatte, dass er einen Kuckuck im Nest sitzen hat, war das Spiel für Steve aus.«
    Tony stieß mich mit der Nase auf das Detail, das ich am liebsten verleugnen wollte. Dass der Mann, der das letzte Jahr über mein zweiter Mentor gewesen war, der mir das süße Leben gezeigt und mir seine Tochter anvertraut hatte, sein kostbarstes Gut, dass dieser Mann meinen Bruder getötet hatte.
    Und noch eine unbequeme Wahrheit: Mein Bruder, mein Held aus Kindheitstagen, hatte auch nur auf einem wackligen Sockel gestanden. Er

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