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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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sortieren den Rest aus.«
    Sie warf mir einen prüfenden Blick zu. »Hm, Gap ist okay«, sagte sie und befühlte den Saum des grauen Kapuzenpullis, den ich anhatte. »Nett und unpersönlich. Aber ich glaube, wir vergessen mal die Skatermarken und orientieren uns ein bisschen nach oben.«
    »Den Vans-Pulli mag ich aber«, wehrte ich ab. »Den hab ich schon seit Jahren.«
    »Sieht aus, als hättest du ihn schon seit Jahren nicht mehr abgelegt«, grinste Anna. »Los, probier mal die an.«
    Sie reichte mir ein blaues Lacoste-Polohemd und eine Jeans. Ich hielt nach irgendeinem Schlupfwinkel zum Umziehen Ausschau, aber es gab nichts zum Verstecken. Anna zuckte nicht mit der Wimper, als ich mich bis auf die Unterhosen auszog und in die Klamotten schlüpfte.
    »Besser«, sagte sie und musterte mich von oben bis unten. »Ziemlich gut.«
    Sie warf mir noch andere Hemden zu: Paul Smith, Ralph Lauren, ein paar Pullis aus weicher Wolle, dann Bootsschuhe, Nikes und Schnürschuhe aus Wildleder. Ich versuchte mich an anderen Kombinationen und langsam war es mir nicht mehr ganz so peinlich, halb nackt vor dieser heißen Frau rumzustehen.
    »Ich glaube, das geht alles, Eddie«, sagte sie. »Du kannst das wirklich tragen. Aber das Calvin-Klein-Zeug bring ich zurück, das wirkt ein bisschen schwul an dir.«
    »Besten Dank auch«, sagte ich.
    »Nein, schwul im positiven Sinn.« Sie lachte. »Ich will nur, dass du für diese Sache hier etwas härter rüberkommst, bisschen legerer. Rosa ist da eher kontraproduktiv.«
    »Also, wie seh ich jetzt aus?«, fragte ich. Ich trug eine ausgewaschene alte Levi’s, Bootsschuhe, ein kurzärmeliges kariertes Ralph-Lauren-Hemd und einen marineblauen Anorak von Aquascutum.
    »Cool«, sagte sie und reichte mir eine Aviator-Sonnenbrille. »Ja, cool und ein bisschen schnöselig. Vielleicht mit einem Schuss Indieband. Genau, wie man aussehen soll als Südlondoner Bubi, der sein ganzes Taschengeld für Klamotten rausschmeißt. Du siehst aus wie Eddie Savage.«
    »Das nehm ich mal als Kompliment.«
    »Jetzt nicht frech werden, die hab ich rausgesucht«, sagte sie. Sie hielt einen Moment inne. »Aber deine Frisur ist noch ein bisschen zweifelhaft.«
    »Zweifelhaft?« Ich griff schützend nach meiner Mähne.
    »Hab ich zweifelhaft gesagt? Entschuldigung, ich meinte komplett daneben. Das regeln wir gleich.«
    Eine Minute später drückte sie mich in einen Bürosessel, band mir ein Tuch um den Hals und fing an, mit einer kleinen Schere an meinen Haaren herumzuschnipseln. Nach zehn Minuten rollte sie den Sessel vor einen Spiegel und zerzauste mein Haar mit den Fingern.
    »Gibt Halt und Volumen.« Sie legte ihre Hände auf meine Schultern, drückte sie und bewunderte ihr Werk.
    »Gefällt’s dir?«, fragte sie.
    Ich blickte in den Spiegel, in mein zerschundenes Gesicht und die neue, kürzere Frisur. Es sah gut aus, das musste ich zugeben.
    Härter.
    »Ja, gefällt mir.«
    »Okay. Gut, dann lass uns das Zeug wieder zusammenpacken.« Erneut zwirbelte Anna an meinen Haaren. »Der Boss möchte uns auf einen Drink treffen.«
     
    Sandy Napier hatte alle in der Bibliothek um sich geschart: Ian Baylis, Oliver, Jim, Hamish, Anna und noch ein, zwei weitere Gesichter, die mir im Laufe der letzten Tage über den Weg gelaufen waren. Alle tranken Rot- oder Weißwein, bis auf Napier und Jim, den Pitbull, die Whisky soffen.
    Ich wählte weiß und bereute es schnell. Der Wein war nicht gekühlt und schmeckte nach altem Holz. Nach dem ersten Glas schwenkte ich auf den roten um, der kaum besser war, aber ich trank ihn trotzdem. Ich hielt mich an Anna und wir quatschten ein bisschen. Nicht nur, weil sie toll aussah und Humor hatte. Idiotischerweise fühlte ich mich in ihrer Gegenwart auch sicherer. Keine Ahnung, wieso, denn der mütterliche Typ war sie ja nicht gerade. Vielleicht war es nur die weibliche Ausstrahlung, auf die ich reagierte, nachdem ich eine ganze Woche in der brutalen, schwitzigen Männerwelt zugebracht hatte.
    Vielleicht aber auch, weil sie mich so unglaublich anmachte, dass ich über Glassplitter gekrochen wäre, nur um ihr Badewasser zu schlürfen.
    Natürlich versuchten es all die anderen Typen auch bei ihr. Ian Baylis klinkte sich ein und redete einen Stuss zusammen, den er wohl für intelligente Konversation hielt. Stattdessen kam er als genau der sexistische Wichser rüber, der er war. Sein Kopf wackelte ein bisschen, während er aufsie einlaberte. Pitbull Jim plusterte sich auf und schwelgte in Erinnerungen,

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