Long Reach
Gewehr pantomimisch dar und stampfte für das Tack-tack-tack mit dem Fuß auf. So beschwingt hatte ich ihn den ganzen Nachmittag nicht erlebt.
Hinter uns hüstelte es.
»Freut mich, dass ihr es so lustig habt, Leute«, sagte Sandy Napier.
Hamish wirbelte herum.
»Commander Napier«, schluckte er und sein Mund klappte auf und zu wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. »Ja, äh, ich zeige Eddie nur gerade etwas von unserer Überwachungstechnik.«
Napier grinste und klopfte auf das Glas seiner Taucheruhr.
»Nun, dann kommen Sie zum Ende, Mann, uns läuft die Zeit davon. Wir müssen Eddie noch fertig ausstaffieren und ich brauche unbedingt einen Drink. Du bist später natürlich dabei, oder, Eddie?«
»Klar, ich meine, ja, Sir.« Ich hatte keine Ahnung, wie ich ihn anreden sollte. Von allen, die ich bisher kennengelernt hatte, jagte mir Napier die größte Angst ein.
»Danke«, fügte ich hinzu und Napier verschwand.
»Sag im Zweifelsfall immer Sir zu ihm«, riet mir Campbell hilfsbereit. Er legte den Aktenkoffer auf die Bank und öffnete ihn. Der Zauberkasten enthielt eine gewöhnlich aussehende Digital-Armbanduhr, die bis zu acht Stunden lang Gespräche aufzeichnen konnte, die in einem Radius von fünf Metern stattfanden. Sie hatte einen Knopf, mit dem die Stoppuhr bedient wurde und der auch das Aufnahmegerät steuerte. Dann gab es noch einige Magnetanhänger, die in den Tankdeckel oder unter den Auspuff eines Autos passten, damit man es auf dem Handy oder dem Notebook peilen konnte. Er zeigte mir ein paar kleine magnetische Mikrofone, mit denen ich Räume verwanzen konnte. Er meinte, die würde ich so ziemlich von Anfang an brauchen.
Ich nickte beeindruckt.
Campbell ließ den Koffer zuschnappen. »Jungsspielzeug«, sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Nase. »Aber ich glaube, du bist jetzt mit einer Dame verabredet.«
Zehn
»Bin zu spät, Eddie, tut mir leid.« Ihr schwarzes, glänzendes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden und sie war weniger stark geschminkt als bei unserem letzten Treffen. Sie trug Jeans und eine strahlend weiße, taillierte Bluse über einem Top.
Sie sah unglaublich aus.
»Anna«, sagte sie und streckte mir ihre Hand entgegen. An ihren festen Händedruck erinnerte ich mich noch gut und auch daran, wie sie einem dabei direkt in die Augen sah. An ihr Grübchen beim Lächeln.
»Ich weiß noch«, sagte ich. »Von der Modellagentur.«
Sie lächelte und hob eine Augenbraue, als sei sie nicht sicher, ob das ein Witz sein sollte.
»Dich haben sie ja ganz schön in die Mangel genommen.« Mit der größten Selbstverständlichkeit berührte sie meine Wange. Ich zuckte instinktiv zurück und sie zog die Hand weg. Innerlich verfluchte ich mich. Ich wünschte, sie würde ihre Hand wieder hinlegen und mein Gesicht noch einmal anfassen. Anfassen, was immer sie wollte.
»An meine Woche Basisausbildung erinnere ich michnoch genau«, sagte sie. »Ich glaube, dieser verdammte Sadist Jim Owen hat’s bei mir noch mehr genossen als ohnehin, der perverse Sack.«
»Du meinst …« Langsam begann der Groschen zu fallen. »Du arbeitest als …«
»Ja, ich auch. Du hast nicht im Ernst geglaubt, dass ich bei dieser armseligen Agenturgeschichte arbeite, oder?«
»Na ja, ich …«, suchte ich nach Verteidigungsstrategien.
»Sugacubes Modellagentur«, trällerte Anna im Empfangsdamen-Singsang, wie Barbie am Telefon. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Sie sah mich fragend an.
»Nein, natürlich nicht«, log ich. »War mir klar, dass das eine Fassade ist.«
Anna beließ es dabei, zum Glück. »Kannst du mir mal die Sachen mit reinbringen?«
Ich ging zur Bürotür und half ihr, ein halbes Dutzend Einkaufstüten und eine Kleiderstange voller Hosen, Hemden und Anzüge zu schleppen.
»Das hat mich einen ganzen Tag, zwei Strafzettel und eine Beinahe-Verhaftung gekostet.«
»Wie bist du der Verhaftung entgangen?«
Anna stemmte eine Hand in die Hüfte und sah mich an. »Was glaubst du?«
»Weiblicher Charme?«, versuchte ich.
»Ja, klar.« Sie grinste. »In Wirklichkeit habe ich dem Polizisten den Hals gebrochen, einhändig.« Sie lachte und versetzte mir einen spielerischen Karateschlag auf den Hals, bevor sie anfing, die Taschen auszuräumen. Sie zog T-Shirts , Socken, Hosen und Pullis hervor und stapelte sie auf dem Tisch.
»Sollen die alle für mich sein?«, fragte ich ungläubig, als der Turm in die Höhe wuchs.
»Wir schauen, was an dir richtig aussieht, und
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