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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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gelegen hatte, war das Laken mit Blut befleckt. Ich blickte runter auf meine gesplitterten Zehennägel und die Blasen an den Füßen, auf das Muster aus Kratzwunden an meinen Beinen, und auf einmal war ich stolz, bis jetzt überlebt zu haben. Irgendeine innere Kraft war mein Reservekanister gewesen. Ich kam auf die Beine und wankte rüber zum Waschbecken, fand ein paar Ibuprofen im Kulturbeutel und spülte sie mit kaltem Wasser runter. Ich spritzte mir Wasser ins Gesicht und schaute in den Spiegel. Nach den paar Tagen kam ich mir schon schlanker und fitter vor. Zwar war mein Gesicht zerkratzt und voller Schnittwunden, und ein blaues Augehatte ich auch, aber   – oder war das nur Wunschdenken?   – da lag unzweifelhaft ein Ausdruck der Entschlossenheit in meinem Blick, der vorher nicht da gewesen war.
    Hart wie Granit, hatte er gesagt. Eier aus Stahl. Was auch immer sie mir zumuteten, ich würde es packen.
     
    Der fünfte Tag verlief anders als die übrigen. Ian Baylis ließ ein bisschen locker, warf nur hin und wieder vereinzelte Fragen ein, um sicherzugehen, dass ich noch rasch reagierte. Wenn er mich Eddie nannte, sprang ich darauf an. Meinen richtigen Namen hatte ich schon fast vergessen. Beinahe träumte ich schon als Eddie, wie wenn man eine Fremdsprache im fremden Land lernt. Andere Orte, andere Träume.
    Ich bekam einen Crashkurs im Autofahren. Die Grundlagen beherrschte ich schon, weil ich ein paar Fahrstunden genommen hatte, aber die Prüfung musste ich trotzdem machen. Und war ziemlich stolz, als ich sie bestand.
    Tags darauf brachte mich Baylis in einen anderen Teil des Gebäudes. Mit nasaler Stimme erläuterte mir ein hagerer Mann namens Hamish Campbell einiges an Technik, die ich brauchen würde. Das meiste davon war ziemlich elementar: zwei Handys, ein iPhone für den persönlichen Gebrauch und ein kleines Nokia als Hotline zu Baylis und seinen Agenten. Das iPhone hatte die üblichen Apps, aber auch haufenweise Extras wie Navigationsprogramme und eine codierte Tastatur, mit der ich verschlüsselte Nachrichten senden konnte. Das war wirklich vom Feinsten, Lichtjahre entfernt von meinem Prepaid-Handy.
    Ich wurde ganz panisch, weil mir schleierhaft war, wie man das alles bediente, aber Campbell versicherte mir, ichwürde da im Laufe der Zeit schon durchsteigen. Er schärfte mir auch ein, jeden Abend die SI M-Karten herauszunehmen, um meine Ortung zu erschweren. Dann überreichte er mir ein Paar Schuhe, das für mich präpariert worden war. Wenn man die Einlegesohle herausnahm, sah man im Absatz eine kleine Ausbuchtung mit eigens zugeschnittenen Fächern für SI M-Karten und Speicherchips. Es gab sogar einen US B-Stick , der laut Campbell die Speicherkapazität von einem halben Dutzend Notebooks hatte   – falls ich mal den kompletten Inhalt einer fremden Festplatte kopieren musste. Er passte genau in den anderen Schuhabsatz und konnte leicht herausgezogen werden, ohne dass es irgendjemand merkte. Und noch einmal betonte er, wie wichtig es war, jeden Abend die SI M-Karten zu entfernen.
    Den verbleibenden Nachmittag verbrachte Campbell damit, zu erklären, wie man jemandem Spionageprogramme auf den PC installiert. Er gab mir eine Webadresse, von der ich eine Software herunterladen konnte, die alle eingehenden und ausgehenden E-Mails eines fremden Kontos überwachte. Er zeigte mir, wie ich das Programm installieren und aktivieren konnte, ohne dass der Nutzer des Rechners jemals etwas bemerken würde. Er lud mir die Spyware auf den US B-Stick , damit ich sie auch ohne Internetzugang greifbar hatte.
    Da gab es noch eine Menge anderes Zeug, das ich im Laufe der Zeit noch würde lernen müssen, erklärte er mir: Codes und Schlösser knacken, Beschattungstechniken und so weiter.
    Nachdem wir endlich mit der I T-Geschichte durch waren, hievte Campbell eine Aktentasche auf den Schreibtisch.
    »Zeit für ein bisschen was Lustiges«, sagte er. »Ich gebe zu, dass es ein wenig nach Secret Squirrel riecht, aber ein Teil davon könnte ganz nützlich sein.«
    »Secret was?«, fragte ich lachend.
    »Secret Squirrel, der geheime Eichkater?« Er lächelte. »Ich nehme an, das war vor deiner Zeit. In den Sechzigern gab es so ein Trickfilm-Eichhörnchen, das war ein Geheimagent.
Ein Ärmel mit Assen, dass die Bösen erblassen   …
« Mit seiner näselnden Stimme stimmte Campbell die Titelmelodie an. »
Kanone im Hut, kugelsich’rer Frack, ein MG im Spazierstock, das macht tack-tack-tack-tack   …
« Er stellte das

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