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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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angespannten Bauch Medizinbälle fallen ließ.
    Seinen Namen verriet er mir nicht. Zu persönlich, sagte er. Er wollte keine Kumpelhaftigkeit und gab   – und bekam   – keine. Der einzige Name, bei dem er mich rief, war ein Schimpfwort, das ich vor meiner Mutter nie in den Mund genommen hätte.
    Ich hielt meine Wut im Zaum, als er mich unter Beschimpfungen durch den Schlamm jagte, mich anschrie, als ich mir beim Kriechen über Wellblechplatten die Knie und Ellbogen aufschürfte. Ich zuckte nicht mit der Wimper, als ich mir die Beine auf Brombeergestrüpp und Glasscherben zerschnitt und mir den Rücken zerfetzte, als ich unter Stacheldrahtzäunen durchkroch. Und ich klagte nicht, als er mir einen mit Steinen gefüllten Rucksack aufsetzte und befahl, noch ein zweites Mal ums Gelände zu laufen, diesmal doppelt so schnell.
    Wieder rannte ich los, seine Stimme wie ein ständiges Tosen in den Ohren. Tatsächlich fühlte ich mich umso stärker, je mehr er schrie und herumbrüllte. Der Schmerz löste sich in dem Maße auf, in dem sich mein Wille verfestigte, ja nicht vor ihm einzuknicken. Ich warf mich über Gräben und auf Seilwände, die Steine gruben sich in meinen Rücken und ließen mich aufschreien vor wütender Entschlossenheit. Meine Hände brannten bis aufs rohe Fleisch, als ich mich an einem Tau über einen Graben schwang, der mit Einkaufswagen, Scheiße und Altöl zugemüllt war. Am anderen Ende knallte ich mit dem Gesichtin eine Wand und holte mir Nasenbluten und eine dicke Augenbraue.
    Als ich es wieder an den Start geschafft hatte   – in doppelter Geschwindigkeit   –, kratzte mir der Atem heiß in der ausgedörrten Kehle, und an meinem Gesicht rannen Blut, Schweiß und Sabber herab. Er nannte mich eine Pfeife, die es nicht wert sei, ihm die Stiefel zu lecken, geschweige denn sein Arschloch, und da tickte ich aus.
    Ich ließ den Rucksack fallen und warf mich auf ihn. Ich schickte einen Faustschlag los, der ihm hoffentlich den Rest der Nase übers Gesicht verteilen würde. Doch er fing meine Faust mit seiner Riesenpranke ab und wich tänzelnd meinem Schlag aus, drehte mich ein, brachte mich aus dem Gleichgewicht und schmiss mich rücklings in den Matsch. Ich sprang sofort wieder hoch und ging erneut auf ihn los, sah aber diesmal seine Reaktion voraus, landete meine Rechte voll auf seinem Mund und spaltete ihm die Lippe. Das schien ihn etwas zu wurmen und auf einmal war ich es, der eine rechte Rückhand abbekam; eine, die mich voll am Hals erwischte. Es war, als hätte er mir mit einem Baumstamm eins übergezogen, und wieder ging ich zu Boden. Doch gleich war ich wieder auf den Beinen und griff ihn mit beiden Fäusten an, als ich sein Gesicht sah. Durch das Blut, das aus seiner gesprungenen Lippe sickerte, grinste er über das ganze Gesicht.
    Nicht höhnisch, sondern warm und freundlich.
    »Gut gemacht, mein Sohn«, sagte er. »Du hast Eier aus Stahl.« Er hob abwehrend die Hände, um meine nächsten Schläge abzufangen, aber das Feuer in mir war erloschen. Ich ließ die Fäuste auf die Knie sinken, keuchte schwer undmusste halb lachen, halb weinen vor Schmerz, Erschöpfung und Erleichterung, dass es endlich vorbei war. Er klopfte mir auf die Schultern und ich spuckte aus trockenem Mund in den Schlamm. In der Spucke schwamm Blut. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ian Baylis auf uns zukam. Sein Kumpel Oliver war auch dabei.
    »Wie macht er sich, Jim?«, fragte Baylis.
    »So langsam hat er den Dreh raus!«, sagte Jim mit einem Grinsen. Und dann, ganz ernst: »Der ist hart wie Granit. Ich glaube, der hätte mich umgebracht, wenn ich ihm nur den Hauch einer Chance gelassen hätte.«
    Oliver sah auf seine Stoppuhr und zeigte sie Baylis mit erhobenen Augenbrauen.
    »Ein solches Tempo bei der zweiten Runde hab ich überhaupt noch nie erlebt«, sagte Baylis und gestattete sich den Anflug eines Lächelns. »Gut gemacht, Eddie. Jetzt erst mal eine heiße Dusche und Abendessen. Wir machen schon noch einen Mann aus dir.«

Neun
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, waren meine Gelenke steif vor Schmerz. Jeder Muskel, jede Sehne meines Körpers schien um Hilfe zu schreien. Ich versuchte, mich umzudrehen und es mir auf der klumpigen Matratze bequem zu machen, aber egal wie ich mich legte, irgendetwas tat immer weh. Die Sonne drang durch die fadenscheinigen Vorhänge und ich wusste, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war. Ich schwang meine Beine aus dem Bett und setzte die Füße auf den kalten Fußboden. Wo ich

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