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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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erzählen, aber das wär alles Quatsch.«
    Tony lächelte in sich hinein. Wie viel davon wusste er bereits?
    »Ihre Zeitplanung ist beschissen.«
    »Beschissen, oder macht sie einfach einen auf schwer zu kriegen?«, fragte er.
    »Beides vielleicht. Sie hat auch eine ganz warme, mitfühlende Seite. Sie macht sich keine Gedanken darüber, was sie isst, was ziemlich gesund ist, finde ich. Ich finde es schrecklich, wenn Mädchen dauernd mit ihren Diäten rumjammern.«
    »Vielleicht hat sie einen schnellen Stoffwechsel«, sagte Tony. »Sie ist gut in Form.«
    Ich nickte. »Und sie ist eigentlich ziemlich witzig, wenn man sie mal aus diesem Hexenzirkel rausbekommen hat, der dauernd um sie herum Spalier steht.«
    »Hervorragend«, sagte Tony. »Ich würde sagen, du hast ziemlich viel über unsere Miss Kelly herausgekriegt. Du hast sie beobachtet und ihr zugehört und ein paar vernünftige Schlüsse daraus gezogen. Sie hat mit dir sogar über ihren alten Herrn gesprochen. Gutes Zeichen. Zeigt, dass sie dir vertraut.«
    »Meinst du?«
    »Mein ich«, sagte er. »Mach in dem Tempo weiter. Lass ein paar Tage vergehen und frag sie dann, ob sie wieder was mit dir machen will. Sieht so aus, als hättest du euer erstes Treffen nicht komplett an die Wand gefahren, also sollte das laufen.«
    »Besten Dank.« Ich grinste.
    »Noch was?« Tony legte seinen Kopf zurück. Sah mich unter gesenkten Lidern an. »Verschweigst du mir was?«
    Tony musste eine Art Gedankenleser sein. Konnte er spüren, dass mein Interesse an Sophie schon jetzt über das rein Professionelle hinausging? Aber das war es nicht. In meinem Kopf kreiste das, was ich auf Steves Einsatzbesprechung gehört hatte. Die Angst fraß mich innerlich auf. Immer noch ruhte Tonys Blick auf mir.
    »Dieser US B-Stick «, bekannte ich endlich. »Steves Stimme. Das hat mich ziemlich fertiggemacht.«
    »Hm.« Tony dachte einen Moment nach. »Ich hab mich schon gefragt, ob das passieren könnte. Ich wollte, dass du’s dir anhörst, damit du weißt, worum es bei der Arbeit geht. Vielleicht solltest du damit aufhören.«
    »Das ist es ja, Tony«, sagte ich. »Kann ich nicht.«
    Tony hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Seit meiner ersten Nacht in der Wohnung hatte ich die Audioclips wieder und wieder abgespielt, jeden Abend. Zunächst nur, um die Stimme meines Bruders zu hören, aber nach und nach war ich ganz besessen geworden von seinem Bericht, wie er immer tiefer eingedrungen und die Gefahr immer größer geworden war. Wie er aus Irland nach London zurückgekommen war, einige von Pauls Verbindungsmännern kontaktiert und sie in Südlondoner Spelunken und Clubs getroffen hatte. Und sie dann verwanzt hatte. War es das, worauf ich mich einließ?
    »Sie machen mir Angst, Tony«, sagte ich. »Aber ich muss sie einfach immer wieder abspielen.«
    »Willst du, dass ich sie dir wegnehme?«
    »Nein, ich wollte wissen, was Steve getrieben hat. Aber jetzt werde ich sie mir nicht mehr anhören.«
    »Natürlich sind sie ein zweischneidiges Schwert, aber ichwollte, dass du über die Risiken Bescheid weißt«, sagte Tony. »Aber du hast recht, dass du dir nicht in die Hose machen solltest. Das führt zu nichts. Räum sie beiseite an irgendeinen sicheren Ort.«
    »Warum war Steve überhaupt in Irland?«, fragte ich. Ganz konnte ich das Thema noch nicht loslassen. »Habt ihr nicht für so was die Armee dort?«
    »Schon«, bestätigte Tony. »Aber die militärischen Geheimdienste sind aufgefallen wie ein bunter Hund. Die IRA kannte alles und jeden. Wir brauchten jemanden von draußen, einen Einzelkämpfer mit besserer Tarnung. Aus einer ganz anderen Richtung.«
    »Wie einen älteren Studenten?«
    »Genau«, sagte Tony. »Die Chemiefakultäten sind immer gut, um potenzielle Terroristen kennenzulernen und ausländische Studenten zu treffen. Toller Ort, um was über Bombenbau zu lernen. Und Steve hatte Ahnung von Sprengstoffen.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Ging’s bei dem ganzen Ärger nicht um was Religiöses   … Katholiken und Protestanten?«
    »Ursprünglich schon, aber in letzter Zeit haben sie sich dort weniger für Religion interessiert, sondern sind eher Handlanger des organisierten Verbrechens geworden: Drogen, Waffenschmuggel, Schutzgeld. Das volle Programm. Und Steve mittendrin.«
    »Und da kommt ihr ins Spiel.«
    »Genau«, sagte Tony. »Nicht so sehr, weil wir uns für die politischen Fragen interessieren   – auch wenn das mit ein Grund ist   –, sondern weil Kriminalität, wenn sie

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