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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Zentimeter groß, unter verdrecktem Glas gerahmt. Danny beäugte es eingehend und hielt es dann mir hin. Nach viel sah es nicht aus. Nur ein bisschen beigefarbenes Papier mit einem Busfahrschein und ein paar Ziffern, die aus einer Zeitung herausgeschnitten waren. In einer Ecke standen die Initialen
KS ’47
. Ich drehte es um. Auf der Rückseite stand auf dem verblichenen braunen Klebeband, welches das Bild in seinem Rahmen hielt, etwas dünn mit Bleistift geschrieben. Was auch immer das sein sollte, es schien schon lange in diesem Rahmen zu stecken.
    »Was meinst du?«, fragte mich Danny. Ich zuckte mit den Schultern. Mir sagte es gar nichts.
    »Kurt Schwitters«, sagte Barney. Ich nahm an, er rede in einer Fremdsprache, und sah ihn ausdruckslos an. »Kurt Schwitters«, wiederholte er. »Der Dada-Künstler. Ist vor den Nazis hierher geflohen. Hat viele Jahre lang im Lake District gearbeitet, bis zu seinem Tod in den Fünfzigerjahren. Einige seiner Arbeiten hat er verschenkt.«
    »Und das hier ist von ihm?«, fragte ich, noch immer um nichts schlauer über Mr Schwitzer und seinen Dad oder wen auch immer.
    Barneys Lachen klang wie eine Art Gurgeln, das dann in Husten überging. »Nein, Junge, nicht von ihm. Hat dir Danny gar nichts erzählt? Von mir ist es.«
    »Aber ist es nicht ziemlich alt?«, hakte ich nach.
    »Erst letzte Woche fertig geworden«, schmunzelte Barney. »Das Papier stammt aus einem Stoß, den ich von einem alten Büroausstatter in der City gekauft habe. Dem Wasserzeichen nach ist’s irgendwann aus den Vierzigerjahren. Die Busfahrkarte ist original 1947, die Zeitung ebenso. Passt alles zusammen, wenn’s einer unter die Lupe nimmt   – samt Rahmen, Glas und Klebeband. Wie in den 1940ern gemacht.«
    »Genial«, sagte Tony. Er hatte bisher die Klappe gehalten, wahrscheinlich, um sich keine Blöße zu geben. Jetzt hielt er sich das Bild direkt vor die Augen. »Ich seh’s noch immer nicht«, sagte er. »Für mich wirkt das wie ein paar alte Papierfetzen.«
    »Das ist ja das Tolle an Schwitters’ Arbeiten«, sagte Danny. »Man muss ein wenig Bescheid wissen, um sie zu erkennen. Das ist nichts für leichtgläubige Goldgräber.Nicht wie irgendein nachgemachtes Staffordshire-Porzellanteil aus China oder eine falsche Picasso-Radierung. Bei so einem Stück wird jeder aufmerksam, der nur ein bisschen Ahnung hat   – weil er weiß, dass so was tatsächlich noch auf dem Markt zu finden ist.«
    »Was wäre so was denn wert?«, fragte ich.
    »Na ja, auf der Auktion könnte der Schätzwert für so eine Collage zwischen fünfundzwanzig und fünfundsiebzig Riesen liegen«, erklärte mir Danny.
    Scheiße, dachte ich. Richtig fett Kohle.
    »Die frühen, die er noch in den Zwanzigern in Deutschland gemacht hat, bringen bis zu zweihundertfünfzigtausend«, betonte Barney. »Aber wir müssen uns auf die englische Periode konzentrieren, damit die Geschichte funktioniert.«
    »Eins von Barneys Werken hat vor ein paar Jahren ein Echtheitszertifikat von Christie’s bekommen«, erzählte Danny. »Fünfundsechzig Riesen hat’s uns gebracht, war nicht übel.«
    »Nicht für eine Woche Arbeit«, ergänzte Barney. Seine Eulenaugen zwinkerten hinter den dicken Brillengläsern und er zupfte sich einen Klumpen Ölfarbe aus dem Bart.
    »Also, wie läuft es ab, wenn wir das hier nehmen?«, fragte Tony. Er wirkte merklich unsicher. Schließlich machte er hier Geschäfte mit einem Fälscher.
    »Okay«, sagte Danny. »Folgendermaßen. Wir geben Barney ein paar Pfund als Anzahlung. Dann bietest du das Bild an deinem Stand an, so lange, bis es den Mindestpreis erzielt, auf den wir uns einigen. Sagen wir zweihundert, hoffentlich aber mehr. Und dann machen wir halbehalbe.«
    »Warum wollt ihr nur zweihundert dafür?«, fragte ich. »Du hast gesagt, es könnte fünfundsechzig Riesen bringen.«
    »Wir können nicht so bald schon wieder eins einliefern«, erklärte Danny. »Außerdem will Tony eine Art Köder für deinen Stand, also müssen wir’s passend auspreisen. Ein Lockvogelangebot   – wir hauen das hier billig raus und schauen, was dann passiert.«
    »Ein Köder?«, fragte ich zweifelnd.
    »Mit Speck fängt man Mäuse«, sagte Tony. »Von Kunst hab ich keinen blassen Schimmer, aber anscheinend fahren die Leute auf genau solches Zeug ab. Wir stellen’s mal hin und sehen, wer anbeißt.«

Dreißig
    Sophie war richtig sauer auf mich. Sie sagte, ich sei bescheuert, im letzten Jahr die Schule zu schmeißen.
    Ich erzählte ihr, mir

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