Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
Vom Netzwerk:
dem Absatz an meinem Schienbein herunter, was mich vor Schmerz laut aufheulen ließ, während er auf meine Rippen eintrommelte und mich auspowerte, dann mit seinem Körper den Blick verstellte und unter die Gürtellinie zielte.
    Ich schmeckte Blut und Niederlage in meinem Mund und in meinen malträtierten Eiern. Ich schob ihn von mir, blinzelte mir Wundsaft und Schweiß aus den Augen und schickte ein paar schwächliche Jabs auf den Weg, um ihn von mir fernzuhalten. Aber immer noch drängte er vorwärts. Mit der Rechten schickte er einen Querschlag, aber durch mein geschwollenes Lid sah ich ihn nicht kommen, und mit Gewalt rammte sich sein rechter Daumen in mein unversehrtes Auge. Der Schmerz war unerträglich. Einen Moment lang war ich blind, und ungebremst drosch er weiter auf meinen Schädel ein.
    Der Lärm aus dem Publikum versank im Hintergrund, genau wie die Schreie von Gary Cribb, der mich beschwor, in Deckung zu gehen und die verbleibenden sechzig Sekunden einfach nur zu überleben. Ich hielt mich, so gut ich konnte, schirmte meinen Kopf mit meinen Handschuhen ab, lehnte mich an den Eckpfosten, während er meinen Schädel als Zielscheibe benutzte. Entkräftet glitt ich in einer Blutpfütze aus und hing auf einmal zwischen den Seilen.
    Der Schiedsrichter begann anzuzählen, erkannte dann aber, dass es nur ein Ausrutscher gewesen war, und wartete, bis ich wieder auf die Füße kam. Ich konnte die Besorgnisin seinen Augen lesen, als er mein geschundenes, blutiges Gesicht untersuchte und mir Finger zum Zählen vor die Nase hielt. Ich sah nur drei. Irgendwo in der Ferne hörte ich seine Stimme, die mich fragte, ob ich fähig sei, weiterzumachen. Rein animalischer Instinkt ließ mich nicken. Ich war entschlossen, nicht zu fallen. Entschlossen, lieber auf den Füßen zu sterben, als auf den Knien zu überleben, hier, vor all diesen Leuten.
    Ich war bereit zu verlieren, aber stolz genug, es wenigstens im Stehen zu tun.
    Der Schiedsrichter winkte, wir sollten weitermachen. Jason drang wieder auf mich ein, stocherte mit seiner Linken herum, ließ die Rechte schweben, darauf lauernd, mir den Todesstoß zu versetzen. Meine Arme zitterten vor Erschöpfung, aber ich hielt die Fäuste hoch, um wenigstens den Anschein von Abwehr aufrechtzuerhalten. Wir kreisten umeinander, während er nach einer Schwachstelle suchte. In einer Ecke sah ich Gary Cribb, bereit, einzuspringen und das Handtuch zu werfen, um meiner Folter ein Ende zu setzen. Neben ihm bemerkte ich eine tränenüberströmte Sophie, wie sie mir etwas zurief.
    »Los, Eddie!«
    Sie war außerhalb von Jasons Gesichtsfeld, aber als er sah, wie ich kurz Richtung Ecke schielte, deutete er das als Fluchtwunsch und trat ganz nah an mich heran.
    »Hast du genug?«, rotzte er durch seinen Mundschutz. Er keuchte heftig, nicht weniger am Ende als ich. Die Hände baumelten auf Hüfthöhe. »Du kämpfst wie ein Mädchen.« Dann fuhr er seine Linke aus, schwächlich und langsam vor Erschöpfung, und traf daneben.
    Und plötzlich, aus dem Nirgendwo, fand meine eigene linke Hand direkt ins Ziel. Eine Welle des Zorns durchflutete mich wie eine Energiespritze und rammte meine linke Faust hoch in Jason Kellys schlaffen Kiefer. Eine Millisekunde lang stand ihm der Schock ins Gesicht geschrieben: eine Millisekunde, in der ich zurücktrat und eine Rechte folgen ließ, die von ganz unten her kam. Jason plumpste schwer auf den Boden. Seine Beine hatten versagt.
    Ich stand über ihm, während der Schiedsrichter anzählte. Jasons Betreuer warteten schon im Ring, genau wie meiner. Dann, bei acht, markierte der Gong das Ende der letzten Runde. Das Gebrüll in der Halle war ohrenbetäubend und im Ring war auf einmal die Hölle los. Der Favorit war besiegt, aber durch den Gong gerettet worden.
    Während Gary Cribb meinen Arm in die Luft reckte, wurde der Wettkampf   – der sich außerhalb des üblichen Regelwerks abspielte, wo die »Gerettet-vom-Gong-Regel« schon vor Jahren verschrottet worden war   – für unentschieden erklärt.
    Wäre der Kampf im Fernsehen übertragen worden, hätte es jetzt einen Aufschrei gegeben, aber hier herrschten die Regeln der Unterwelt und ein paar Scheinchen in den entsprechenden Hosentaschen konnten so mancher Entscheidung auf die Sprünge helfen. Donnie behielt mich im Auge, während Gary mir aus dem Ring half. Die Ehre   – wenn man das so nennen durfte   – der Familie Kelly war gewahrt, aber ich um meinen Sieg betrogen.
     
    Wieder lag ich im

Weitere Kostenlose Bücher