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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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hörte die Jubelrufe, als er hinaustrat. Inzwischen pumpte mein Herz wie wild und meine Eingeweide schienen sich verflüssigt zu haben. Und dabei lagen noch drei Kämpfe zwischen mir und meiner Tracht Prügel.
    Gary begann, mir die Hände abzutapen, bis sie steinhart waren, zog mir dann meine Handschuhe über und schnürte sie zu. Klassische Acht-Unzer aus kirschrotem Leder, mit Schnürbändern statt Klettverschluss. Sie waren mit Rosshaar ausgestopft und fühlten sich hart an. Wie Nägel. Mein Gegner würde die gleichen tragen.
    Ich streckte mich auf der Bank aus und Gary massierte mir Schultern und Beine, um den Blutkreislauf anzuregen.Er bearbeitete meinen Rücken mit den Handkanten und ich spürte, wie mein Körper zu vibrieren begann, wie jeder Muskel, jede Sehne anfing zu singen.
    Auf dem Rücken liegend und in Handtücher gewickelt, entspannte ich mich und schloss die Augen, während der Lärm in den Hintergrund rückte. Fast war ich schon an einen angenehmeren Ort weggenickt, als ich lautes Grölen hörte und Gary Cribbs stählerne Finger meine Schulter schüttelten.
    »Du bist dran, mein Sohn. Und los geht’s.«

Siebenundvierzig
    Der Scheinwerfer fand mich, sobald ich die Halle betrat. Das Gebrüll brach los und die Titelmusik von
Rocky
schallte aus der Anlage. Ich musste fast lächeln, weil es so pseudo- und fernsehmäßig war, aber mein Adrenalinspiegel jagte noch mehr in die Höhe.
    Ich joggte auf den Ring zu, der hell und strahlend in der Mitte der Halle stand, und konzentrierte mich auf Garys Schultern vor meiner Nase.
    Gary sprang hinauf und zerrte die Seile auseinander, während ich mich hindurchduckte. Der Ringsprecher stand in der Mitte und kommentierte meine Ankunft: »In der blauen Ecke, aus New Cross, South London, mit einem Kampfgewicht von siebenundsechzig Kilogramm, Ed…diiiiiie Savage!«
    Gary zog mir schnell das Handtuch vom Hals und ich reckte meine Hände in die Luft. Nicht aus Siegessicherheit, sondern damit sie sehen konnten, wer ich war. Eine Mischung aus spärlichem Applaus und Buhrufen erhob sich. Ich sah auf die Menschenmenge, aber die Lichter blendeten derart, dass alles jenseits der ersten drei Reihen nur eineschwarze Masse war. Ich entdeckte den Jungen, für den das alles hier veranstaltet wurde. Er saß in einem Rollstuhl an der Seite des Rings, eine Baseballkappe über den zerstörten Kopf gezogen. Er klatschte mit ruckartigen, spastischen Bewegungen.
    Ich erhaschte einen Blick auf Sophie, die mit ihrer Mum und ihrem Dad in der zweiten Reihe saß und mir eine Kusshand zuwarf. Bevor ich darauf reagieren konnte, dröhnte die Stimme des Ringsprechers wieder durch die Halle und ein gewaltiger Jubel brandete auf. Die Musik aus
Rocky
war durch einen alten Hip-Hop-Track ersetzt worden, und jedes einzelne Wummern der Bässe, das sich durch den Beifall sprengte, fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube. Jason hatte sich die Begleitmusik für seinen Einmarsch selbst ausgesucht und sie verfehlte nicht ihre Wirkung:
    »Pack it up, pack it in,
    Let me begin,
    I came to win.
    Battle me that’s a sin,
    I won’t tear the sack up,
    Punk you’d better back up   …«
    Der Name der Band fiel mir ein: House of Pain. Sicherer Griff, das musste man ihm lassen.
    Der Jubel toste weiter, während Jason in den Ring stieg. »Ladies und Gentlemen   … in der roten Ecke, aus Bexley, mit einem Kampfgewicht von fünfundsiebzig Kilogramm   … Ja…son Kelleeeey!«
    Entweder war er wahnsinnig beliebt oder die Zuschauerkrochen seinem Alten samt und sonders in den Arsch. Er trug einen Bademantel aus weißer Seide, auf dessen Rücken »Kelly« und der grüne Umriss eines irischen Kleeblatts eingestickt waren. Donnie ließ ihm den Mantel von den Schultern gleiten und Jason winkte der Menge zu. Sein Körper war dunkel und glatt, nicht übermäßig muskulös und mit japanischen und keltischen Tattoos übersät. Gary hatte mir erzählt, dass zu viel Muskelmasse beim Boxen hinderlich war; machte einen unbeweglich. Jason zog einen geschmeidigen Schattenboxkampf ab, schlug in die Luft und joggte umher, während Dave in der Ecke stand und ihn hochpushte. Donnie kam rüber in unsere Ecke.
    »Alles klar, Cribby?«, sagte er zu Gary. »Alles klar, Söhnchen?«
    Ich nickte. Während Gary mir den Hals rubbelte und den Mundschutz einsetzte, beugte sich Donnie an mein Ohr. Seine riesige Pranke tätschelte mir die Wange, als ob er mir Glück wünschte. »Versuch, nicht zu gewinnen«, knurrte er. »Wenn du

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