Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
Betrieb auf Long Tunnel übernimmt. Durchaus möglich, daß sich für sie kaum etwas verschlechtert hat.«
»Ja.« Sie blickte dankbar auf, Zuversicht zeigte sich auf ihrem Gesicht. »Ja, das stimmt, so könnte es sein.« Es klang hoffnungsvoll. »Vielleicht ist den anderen wirklich nichts passiert.«
»Wie viele Leute arbeiteten für Coldstripe, die nicht zum Sicherheitsdienst gehörten?«
Sie dachte einen Moment lang nach. »Etwa sechzig, die Verwaltung eingeschlossen.«
»Das sind eine Menge Geiseln. Mit so vielen Geiseln kann man gut feilschen. Sechzig Leichen nutzen überhaupt nichts.«
»Und du willst nicht mal zwanzig Jahre alt sein?« unkte sie und schaute ihn bewundernd an. »Wann hast du denn je über den Handel mit Geiseln und Angriffstaktiken nachdenken müssen?«
»Ich mußte ziemlich schnell erwachsen werden. Irgendwie bedaure ich das jetzt. Ich erlebte nicht das, was man eine normale Kindheit nennt; aber das ist durchaus der Situation angemessen, da ich ja auch nicht normal bin. Aber ich bedaure es trotzdem.«
Eine weitere heftige Explosion hallte durch das Höhlensystem. Scrap rührte sich auf Claritys Schulter. Die seelische Belastung der vergangenen Stunden hatte von dem jungen Minidrach ihren Tribut gefordert. Er flog jetzt nur noch selten und zog es vor, sich an Claritys Schulter und Haarsträhne zu klammern.
Flinx war überrascht. »Ich dachte, das wäre jetzt vorbei, und es muß außerdem recht nahe passiert sein, da wir es ziemlich deutlich hören konnten.« Zehn Minuten später fand eine zweite Explosion statt.
»Irgend etwas stimmt da nicht. Das Zerstörungswerk müßte längst beendet sein. Es sei denn, es gibt in eurer Anlage einen Bereich, den ich noch gar nicht zu Gesicht bekommen habe.«
Clarity schüttelte den Kopf. »Du hast alles gesehen.«
Er kaute auf der Unterlippe. »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, was noch übrig ist, das sich zu sprengen lohnt, außer sie drehen jetzt vollkommen durch und vernichten die Vorräte.« Er kam auf die Füße und hob eine Leuchtröhre hoch. »Ich werde mal nachschauen. Du kannst hier solange warten.«
»Ganz bestimmt nicht.« Sie erhob sich nervös. »Lieber liege ich wieder halbtot an jenem Ufer auf Alaspin als hier allein zurückzubleiben.«
»Na schön. Aber wenn wir nahe herankommen, dann müssen wir das Licht der Röhren verdecken. Dazu könnten wir ja unsere Hemden nehmen.«
»Ich tue, was immer du sagst, aber ich bleibe nicht allein zurück.«
Sie kamen nicht weit genug, um genau zu erkennen, was passiert war. Als sie die Hälfte des Rückwegs zurückgelegt hatten, bemerkte Flinx, daß der schwache Schein ferner Bioröhren, den er durch die Sprühplastikwände hindurch hätte erkennen müssen, völlig fehlte. Das Donnern weiterer Explosionen drang ihnen ständig schwächer werdend, an die Ohren.
»Irgendwo müssen wir falsch abgebogen sein.«
»Nein, dies ist der richtige Weg. Es muß der richtige Weg sein.« Sie streichelte einen seltsam geformten Stalagmiten. »Ich habe versucht, mir bestimmte Merkmale einzuprägen, mir ausgefallene Formen zu merken. Das ist in etwa das erste, was sie einem einbleuen, wenn man herkommmt - was man nämlich tun muß, falls man von einem erleuchteten Gang abkommt.«
»Dann sind wir eben noch nicht nahe genug dran.«
Er glaubte, die erforderliche Entfernung zurückgelegt zu haben, als sie plötzlich vor einer soliden Felswand standen. Flinx leuchtete sie mit seiner Röhre ab, während Pip und Scrap neugierig umherflatterten. Das Echo einer weiteren Explosion, nun sehr weit entfernt, drang zu ihnen. Das war seltsam, denn es hätte eigentlich viel lauter sein müssen.
Er bückte sich, um eine Stelle zu untersuchen, wo geborstenes Gestein sich um einen funkelnden braunen und weißen Stalagmiten gesammelt hatte. Clarity kniete bereits und schob Gesteinstrümmer beiseite.
»Das hier sieht aus wie die Hörner von Einhörnern. Es gibt keine frischen Ablagerungen, und die Stalaktiten sind noch an den Stellen feucht, wo sie von der Decke abgebrochen sind.« Ihr Blick wanderte zu der soliden Wand vor ihnen. »Sie sind offensichtlich dabei, die hinteren Ausgänge und Wege zu zerstören.«
»Es reicht ihnen also nicht, eure Arbeit zu vernichten.« Flinx stand mit ernster Miene auf. »Sie versuchen sie sogar unzugänglich zu machen, indem sie die Korridore und die ausgebauten Räume vernichten.«
Ein leichtes Beben schlich sich in ihre Stimme. »Wenn sie auf ihrem Weg nach draußen sämtliche
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