Lord Camerons Versuchung
beigebracht zu haben.«
Daniel kicherte. »Gut für Sie. Was können Sie noch?«
Ainsley bereitete einen weiteren Stoß vor. »Mit einer Pistole schießen – und selbstverständlich das Ziel treffen. Karten spielen, aber nicht Whist und diese Spiele für Frauen. Ich meine Poker.«
»Oh, das würde ich gern sehen. Im Salon sind gerade einige Spiele im Gange.«
Ainsley schüttelte den Kopf. Ian, eher am Billardspiel als an der Unterhaltung interessiert, tippte wieder auf den Spieltisch und zeigte Ainsley, wohin sie zielen sollte.
»Ich möchte Isabella nicht in Verlegenheit bringen, indem ich ihre Gäste ausnehme«, sagte Ainsley gut gelaunt.
Sie hatte sich durchaus überlegt, ob sie an einem Kartenspiel teilnehmen sollte, um zu versuchen, das Geld für Phyllida zu gewinnen, aber auch wenn ihre Brüder Elliot und Steven Ainsley gelehrt hatten, eine gute Spielerin zu sein, so gab es da noch immer das Risiko, dass die anderen Spieler besser waren. Viele von Harts Gästen waren erfahrene Spieler, und man brauchte eine Menge Geld, um überhaupt am Spiel teilzunehmen. Tausende Pfund wurden binnen eines Wimpernschlags hin und her geschoben. Das konnte sie nicht riskieren.
Ainsley stieß die Kugel. Sie traf die zweite, die dort gegen die Bande stieß, wo Ians Hand gelegen hatte, und dann in die Tasche rollte.
Daniel pfiff anerkennend. »Ich wünschte, Sie würden um Geld spielen, Mrs Douglas. Wir beide könnten zusammen eine Menge gewinnen.«
»Sicher, Daniel. Wir mieten uns eine Kutsche und reisen herum, und dabei schwenken wir eine Fahne, auf der steht: ›Billard-Sensation! Spielen Sie gegen eine Lady und einen Jungen! Staunen Sie! Beweisen Sie Ihr Können und versuchen Sie Ihr Glück!‹«
»Einen Karren wie die Kesselflicker«, schlug Daniel vor. »Angelo wird akrobatische Kunststücke vorführen und Dad seine Pferde. Und Sie können auf Ziele schießen. Die Leute werden von weither kommen, um uns zu sehen.«
Ainsley lachte. Ian ignorierte jetzt sowohl sie als auch Daniel. Als ihr der nächste Stoß misslang, holte Daniel die Bälle aus den Taschen und legte sie für sich zurecht. Ian verließ den Tisch, ging zu Ainsley und stellte sich vor sie hin.
Sein Blick wanderte über ihr Gesicht und richtete sich dann auf ihre linke Wange. Auch wenn er ihr nicht in die Augen sah, war sein Blick ebenso intensiv wie der jedes anderen MacKenzies.
Ian hatte den größten Teil seiner Kindheit und Jugend in einer Irrenanstalt verbracht, obwohl er niemals dorthingehört hätte. Ainsley wusste, dass er anders als andere Männer war. Er verfügte über eine Intelligenz, die sich in überraschenden Handlungen und Bemerkungen äußerte, und Ainsley hatte immer das Gefühl, dass sich hinter seiner Aura des Geheimnisvoll-Ungewöhnlichen ein Mann verbarg, der das Innerste anderer Menschen vielleicht besser verstand als diese selbst.
»Sie hat Cameron gehasst«, sagte er. »Sie hat alles getan, um ihn zu verletzen. Und das hat ihn zu einem harten und unglücklichen Mann gemacht.«
Ainsley stockte der Atem. Ihr war klar, von wem Ian sprach. »Wie schrecklich von ihr.«
»Oh ja«, sagte Daniel munter vom Billardtisch her. »Meine Mum war eine richtige Hexe. Und eine Hure.«
Ainsleys korrekte Erwiderung hätte sein müssen, Daniel zu ermahnen, nicht so gehässig über seine tote Mutter zu sprechen.
Du lieber Himmel, Daniel, dass kann nicht wahr sein.
Aber nach allem, was Ainsley über Lady Elizabeth gehört hatte, hatte Daniel vermutlich nur die Wahrheit gesagt.
»Ich habe sie nicht gekannt«, fuhr Daniel fort. »Aber die Leute haben mir von ihr erzählt. In der Schule habe ich die Jungs verprügelt, wenn sie gesagt haben, dass meine Mutter mit jedem Aristokraten Europas geschlafen habe. Aber meistens stimmte es, also habe ich es sein lassen.«
Der sachliche Ton Daniels tat Ainsley im Herzen weh. Lady Elizabeths Ruf war schlecht gewesen, aber die Fakten so unverblümt aus dem Mund ihres Sohnes zu hören war herzzerreißend.
»Daniel, das tut mir alles so leid.«
Daniel zuckte die Schultern. »Mum hat Dad gehasst, weil er nicht wollte, dass sie sich nach der Heirat weiter mit ihren Liebhabern herumtrieb. Sie hatte gedacht, sie könnte so weitermachen wie vorher, verstehen Sie, vor allem mit Dads Geld im Rücken. Außerdem konnte sie damit rechnen, Duchesse zu werden, wenn Hart eines Tages starb. Als Vergeltung dafür, dass Dad sie nicht hat machen lassen, was sie wollte, hat sie ihm einzureden versucht, dass ich nicht sein
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